OLG Brandenburg 5 W 34/21
Verlust des guten Glaubens an dem Eigentum nach Eintragung einer Vormerkung

04.01.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
29.06.2021
5 W 34/21
NotBZ 2021, 338

Leitsatz | OLG Brandenburg 5 W 34/21

  1. Verliert der Erwerber eines Grundstücks vor der Eintragung als Eigentümer, aber nach der Eintragung der Vormerkung den guten Glauben an das Eigentum des Veräußerers, ist zur Eintragung des Erwerbers eine erneute Auflassungserklärung des wahren Berechtigten nicht erforderlich.
  2. Einer Bewilligung des wahren, aber nicht eingetragenen Berechtigten bedarf es nur dann, wenn die Bewilligung des Buchberechtigten deswegen nicht ausreicht, weil die Vermutung des § 891 BGB widerlegt ist und deswegen durch die Eintragung der Rechtsänderung ein gutgläubiger Erwerb zu Lasten des wahren Berechtigten droht. Dieser Grund besteht aber dann nicht, wenn die Eintragung der Rechtsänderung zu Lasten des wahren Berechtigten zur Durchsetzung eines vorgemerkten Anspruchs dient. Der wahre Berechtigte kann in einem solchen Fall die Eintragung des Vormerkungsberechtigten weder durch die Eintragung eines Widerspruchs noch eine anderweitige Verfügung über das Grundstück verhindern.

Sachverhalt | OLG Brandenburg 5 W 34/21

An einem Grundstück waren Ehegatten hälftig Miteigentümer. Im Jahr 2018 verstarb der Ehemann. Auf Grundlage des Erbscheins wurde das Grundbuch, das die Ehefrau als Alleineigentümerin auswies, berichtigt und die Ehefrau als Alleineigentümerin eingetragen. Am 13.10.2020 verkaufte die Ehefrau das Grundstück an K. Am 28.10.2020 wurde die Auflassungsvormerkung zu Gunsten des K im Grundbuch eingetragen. Am 05.02.2021 wurde der Erbschein, der die Ehefrau als Alleineigentümerin auswies, wegen Unrichtigkeit eingezogen. Am 24.02.2021 trug das Grundbuchamt einen Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs bzgl. der Alleineigentümerstellung der Ehefrau ein. Das Grundbuchamt wies den Antrag auf Eigentumsumschreibung zurück.

Entscheidung | OLG Brandenburg 5 W 34/21

Das OLG stellte fest, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und die Eigentumsumschreibung durch das Grundbuchamt sei zu vollziehen. Das Grundbuch sei bezüglich der eingetragenen Vormerkung richtig. Die Antragstellerin ist zum Zeitpunkt der Bewilligung der Vormerkung und deren Eintragung im Grundbuch wegen der Vermutung des § 891 BGB als Eigentümerin anzusehen gewesen. Es lagen keinerlei Hinweise vor, dass der Käufer positive Kenntnis i.S.d. § 892 Abs. 1 BGB hatte, dass die Verkäuferin nicht Alleineigentümerin gewesen sei. Aufgrund des § 883 Abs. 3 BGB komme es für die Frage des gutgläubigen Erwerbs auf den Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung an. Verliert der Erwerber eines Grundstücks vor seiner Eintragung, aber nach Eintragung der Vormerkung, den guten Glauben an das Eigentum des voreingetragenen Veräußerers, ist für die Eintragung des Erwerbers als neuem Eigentümer eine erneute Auflassungserklärung des wahren Berechtigten nicht erforderlich.

Praxishinweis | OLG Brandenburg 5 W 34/21

Gem. § 883 Abs. 3 BGB kommt der Vormerkung Rangwirkung zu. Daraus liest sich jedoch nur, dass die Vormerkung zeitlich den Rang für das einzutragende Recht sichert. Der Norm lässt sich nicht entnehmen ob der Vormerkung selbst ein Rang zukommt und ob dieser Rang durch Rangvereinbarung bzw. Rangvorbehalt der privatautonomen Gestaltung zugänglich ist. Aus § 879 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass sich die Reihenfolge nach der Eintragung richtet, bezüglich der Rangverhältnisse mehrerer Rechte, wenn die Rechte in derselben Abteilung des Grundbuchs eingetragen sind. Nachträgliche Rangänderungen sind gem. § 880 Abs. 1 BGB ausdrücklich zulässig.