OLG Frankfurt 19 U 120/22
Keine Maklerprovision ohne vergütungspflichtige Tätigkeit

27.03.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Frankfurt
20.01.2023
19 U 120/22
NZM 2023, 127

Leitsatz | OLG Frankfurt 19 U 120/22

  1. Es ist Sache des Maklers, durch aktives Tun für klare Verhältnisse zu sorgen, wenn sich beim Erwerbsinteressenten aus den Umständen des Einzelfalls der Eindruck einstellen kann, der Makler sei allein Verkäufermakler.
  2. Es sind strenge Anforderungen an ein den Maklerdiensten folgendes nachträgliches bzw. selbstständiges Provisionsversprechen zu stellen. Denn in dieser Lage braucht der Erwerbsinteressent nicht mehr damit zu rechnen, von dem Makler noch auf Zahlung einer Provision in Anspruch genommen zu werden.
  3. Es fehlt an einer für eine Provision erforderlichen Kausalität zwischen einer Leistung des Maklers und dem abgeschlossen Kaufvertrag, wenn der Erwerbsinteressent bereits über eine hinreichende Kenntnis von Objekt und Erwerbsmöglichkeit sowie der Person des potentiellen Verkäufers verfügt, dem er sein Erwerbsinteresse bereits bekundet hat (Anschluss BGH, Urteil vom 27. Januar 1988 - IVa ZR 237/86). Die Bezifferung des Kaufpreises ist für die Aufnahme von Vertragsverhandlungen gerade nicht erforderlich, denn für eine Vorkenntnis des Erwerbsinteressenten ist eine Kenntnis sämtlicher essentialia negotii des später zustande gekommenen Kaufvertrags gerade nicht erforderlich. Eine in AGB enthaltene Vorkenntnisklausel (hier: „Makler-Auftrag und Nachweisbestätigung") ist unwirksam.
  4. Der Makler erbringt eine zusätzliche Leistung gegenüber Erwerbsinteressenten durch Abhalten eines Besichtigungstermins nur, wenn das Objekt den Interessenten noch nicht bekannt gewesen ist. Denn nur in einem solchen Fall kann davon auszugehen sein, dass die durch die Besichtigung vermittelten Erkenntnisse über die Immobilie den Erwerb angestoßen haben.
  5. Die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kann eine schadensersatzauslösende unerlaubte Handlung sein. Dafür ist jedoch ein Verschulden des Anzeigeerstatters Voraussetzung.

 

Sachverhalt | OLG Frankfurt 19 U 120/22

Die Beklagten lebten in unmittelbarer Nähe einer Immobilie, die einer Frau gehörte, die unter gesetzlicher Vormundschaft stand. Bevor diese Immobilie zum Kauf angeboten wurde, bekundeten die Beklagten ihr Interesse, woraufhin Verhandlungen über den Kauf aufgenommen wurden. Hieran war die Klägerin als Maklerbüro beteiligt. Ihr wurde von der Verkäuferin, vertreten durch ihre Ersatzbetreuerin, ein Makler-Alleinauftrag erteilt. Dieser sah vor, dass die Maklercourtage allein vom Käufer zu zahlen sei. Am 01.10.2020 unterzeichneten die Beklagten das Formular „Makler-Auftrag und Nachweisbestätigung“, welches die Beklagte gem. § 3 verpflichtet, unverzüglich anzuzeigen, falls das Angebot bereits bekannt ist. Nach dem Verkauf der Immobilie berechnete die Klägerin den Beklagten für ihre Leistungen 63.800,00 €. Die Beklagten bestritten das Honorar, woraufhin die Klägerin Strafanzeige wegen Betrugs erstattete. Das Gericht entschied zugunsten der Beklagten. Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt.

Entscheidung | OLG Frankfurt 19 U 120/22

Zunächst hat grundsätzlich jedermann das Recht, durch eine Strafanzeige ein gesetzlich geregeltes Verfahren in Gang zu bringen. Im Allgemeinen ist die Vermutung der Rechtmäßigkeit nur bei einem willkürlich, leichtfertig oder mit unlauteren Mitteln in Gang gebrachten Strafverfahren widerlegt. Allerdings kann die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eine schadensersatzauslösende unerlaubte Handlung sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein Verschulden des Anzeigeerstatters. Ein solches Verschulden ist vorliegend nicht ersichtlich, da weder bewusst wahrheitswidrige Angaben noch eine unvollständige Sachverhaltsschilderung abgegeben wurde. Allein eine falsche rechtliche Würdigung begründet einen Schadensersatzanspruch noch nicht.

Auch besteht kein Anspruch auf Maklerprovision i.H.v. 63.800,00 €, da ein Maklervertrag zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist. Hierfür bedarf es zwei übereinstimmender Willenserklärungen i.S.v. Angebot und Annahme. Das Verhalten des Interessenten muss dabei einen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert haben. Es reicht nicht aus, dass der Interessent lediglich Maklerleistungen entgegennimmt, wie die Vermittlung eines Besichtigungstermins oder die Aushandlung eines Vertrags und weiß oder wissen muss, dass der Makler hierfür eine Vergütung verlangen wird. Es ist vielmehr Sache des Maklers erkennen zu geben, dass die angebotenen Dienste gegen Entgelt erbracht werden. Im vorliegenden Fall hat der Makler jedoch nicht darauf hingewiesen, dass er eine Vergütung verlangt.

Auch der Vertrag zwischen der Verkäuferin und dem Makler konnte keine verbindliche Verpflichtung des Käufers zur Zahlung einer Provision begründen, da dies ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter wäre. Schließlich hat der Makler auch keine Vermittlungsleistung erbracht, da das Objekt den Käufern bereits bekannt war. Dass weitere Dokumente gesendet worden wären, die für die Entscheidung relevant gewesen wären, wurde hingegen nicht bewiesen.

 

Praxishinweis | OLG Frankfurt 19 U 120/22

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Entscheidung ist darauf hinzuweisen, dass sich gem. § 656c BGB beide Parteien in gleicher Weise verpflichten müssen, wenn der Makler sich von beiden einen Maklerlohn versprechen lässt. Macht der Makler unterschiedliche Provisionen oder nur vor einer Partei eine Provision geltend, ist der Vertrag unwirksam. Nach dem Urteil des LG München vom 30.01.2023 besteht in diesem Fall überhaupt kein Provisionsanspruch mehr.