Die englische Limited

Der EuGH hat in den letzten Jahren durch seine wegweisenden Urteile (Centros, Überseering, Inspire Art) den Wettbewerb der Gesellschaftsrechtordnungen innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union eröffnet. Nach diesen Entscheidungen ist es einer Gesellschaft aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union möglich in Deutschland tätig zu werden, auch wenn sie in ihrem „Heimatstaat“ überhaupt keine Tätigkeit entfaltet. Seither wird insbesondere die Gründung einer englischen Ltd. als kostengünstige Alternative zur deutschen GmbH intensiv beworben (siehe bspw. www.limited4you.de). So werden die Gründungskosten einer Ltd. mit 500,- bis 1000,- € inkl. des Mindestkapitals von 1 ₤ (ca. 1,40 €) beziffert. Auf den ersten Blick erscheint die Ltd. damit unschlagbar kostengünstig. Bei genauerer Betrachtung relativiert sich dieser Kostenvorteil jedoch.

Die Kosten, die bei der Gründung einer GmbH oder Ltd. anfallen, teilen sich in einen Teil auf der für die Mindestkapitalausstattung und einen weiteren, der die Kosten für einzuhaltenden Formalien bei der Gründung aufgebracht werden muss. Nicht außer Betracht bleiben können auch die laufenden Kosten.

Dem Mindeststammkapital einer GmbH i. H. v. 25.000,- € steht die Mindestkapitalausstattung einer Ltd. von 1 ₤ (ca. 1,40 €) gegenüber. In der Praxis wird aber kaum eine Unternehmung mit einem Startkapital von 1,40 € auskommen, d. h. auch für eine Ltd. sind höhere Beträge erforderlich, die eigen- oder fremdfinanziert werden müssen. Diese sind bei einer Ltd. ebenfalls dem Zugriff der Gläubiger ausgesetzt. Die 25.000,- € einer GmbH stehen nach der Gründungsphase für die Unternehmung zur Verfügung, müssen also nicht auf einem Sparbuch hinterlegt werden, weshalb der Kostenbegriff für das Mindestkapital nicht ganz korrekt ist.


Die weiteren Gründungskosten einer GmbH setzen sich aus Kosten für Veröffentlichungen, Eintragung und notarielle Beurkundung zusammen. Diese Kosten müssen jedoch nicht den 25.000,- € hinzugerechnet werden, sondern können aus der Summe beglichen werden. Die Gebühren, die von diesem Betrag auf den Notar entfallen, betragen etwa 100, - €. Allerdings geht mit der Entrichtung der Gebühren für den Notar eine qualifizierte Rechtsberatung einher. Der Gesellschaftsvertrag der GmbH wird auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten, der Notar ist verpflichtet auf Haftungsrisiken hinzuweisen. Gerade die Anzeigen, die eine schnelle und kostengünstige Gründung einer Ltd. versprechen, können nur eine Standardsatzung liefern. Es ist keine Frage, dass auch bei der Ltd. Anpassungen an individuelle Bedürfnisse vorgenommen werden können. Den Rechtsrat können aber nur Anwälte geben, die Fachwissen über das englische Recht oder Partnerkanzleien in England haben. Diese Rechtsberatung kann schnell sehr teuer werden, denn die Honorarsätze sind nicht gesetzlich festgeschrieben wie die Notargebühren. Wird die Gesellschaft in Deutschland gewerblich tätig, ist die Zweigniederlassung zur Eintragung zum Handelsregister anzumelden. Sämtliche Unterlagen, die das Handelsregister für die Eintragung benötigt werden, müssen in Übersetzung vorliegen. Dies gilt freilich auch für sämtliche Änderungen, die später vorgenommen werden.

Die englische Ltd. benötigt in England ein registered office, das zumindest ein Briefkasten sein muss. Diese Officeadresse ist notwendig, um offiziellen Schriftverkehr zustellen zu können. Bei den „schnellen“ Angeboten für die Gründung einer Ltd. sind häufig die Kosten für ein registered office für ein Jahr inklusive. Die Kosten fallen jedoch wiederkehrend an.

Neben einem director benötigt die Ltd. einen secretary, der für einige wichtige Angelegenheiten, bspw. die Anmeldungen zum Companies Register zuständig ist. Die Kosten des secretary für das erste Jahr sind häufig mit in dem Bundle für die Gründung einer Ltd. enthalten. Für die Folgejahre fallen die Kosten erneut an. Die englische Ltd. muss jedes Jahr ein annual return zum englischen Register einreichen. Dieser ist vom secretary zusammen mit den directors zu erstellen. Auch diese wiederkehrenden Kosten sind in eine Betrachtung einzubeziehen.

Für die Zeit des Bestehens einer Ltd. sollen noch drei Punkte angesprochen werden. Kommt es während des Bestehens der Ltd. zu Rechtstreitigkeiten oder entstehen komplexe Rechtsfragen können hohe Kosten entstehen. Für diesen Fall ist kompetenter Rechtsrat gefragt und wohl nur bei überörtlichen Anwaltssozietäten zu erhalten. Dass dieser Rechtsrat schnell sehr teuer werden kann, ist leicht vorstellbar, insbesondere wenn Anwälte am Finanzplatz London eingeschaltet werden müssen. Die gleichen Überlegungen lassen sich für den Fall der Anteilsübertragung anstellen. Für die GmbH ist die notarielle Form vorgesehen. Den zu entrichtenden, gesetzlich festgeschriebenen, Gebühren steht eine juristische Beratung und eine beweissichere notarielle Urkunde als Gegenleistung gegenüber. Sollen diese Leistungen bei der Übertragung von Ltd.- Anteilen in Anspruch genommen werden, stehen große Anwaltssozietäten bereit, um diese Verträge aufzusetzen, allerdings nicht zu einem gesetzlich festgelegten Gebührensatz.

Schließlich sollte Berücksichtigung finden, ob der Ltd. im Rechtsverkehr nicht weniger Vertrauen entgegengebracht wird als einer GmbH. Handelt es sich bei einer GmbH um eine vertraute Rechtsform, ist die Ltd. in Deutschland noch recht unbekannt. Das Mindestgrundkapital einer Ltd. beträgt umgerechnet nur 1,40 €. Zwar steht mit dem Mindeststammkapital der GmbH auch keine große Haftungsmasse zur Verfügung, jedoch ist es naheliegend, dass bei einer Ltd. eher noch als bei einer GmbH zu vertraglichen Sicherungsmitteln gegriffen wird.

Schließlich bleibt der Rat, sich im Vorfeld über den besten Weg zum verfolgten Ziel kompetenten Rechtsrat einzuholen, um bösen Überraschungen aus dem Weg zu gehen. Eine tabellarische Gegenüberstellung von GmbH und Ltd. finden Sie hier:  (9 KB, 22.11.2004)


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