Britische Ltd. – Weiterhin ein großes Problem

Um die Jahrtausendwende haben sich zahlreiche Unternehmer von einer sehr aggressiven Werbung für die angeblich günstigere Ltd. britischen Ursprungs begeistern lassen. Sie haben daraufhin Ltd. gekauft und damit die Hoffnung verbunden, dass hier Gründungsprozess und das weitere Verwalten der Gesellschaft günstiger sei als mit einer deutschen GmbH. Schon damals war diese Annahme unzutreffend, da in der Regel für den Erwerb der Gesellschaft bereits höhere Kosten angefallen sind als für die normale Gründung einer deutschen GmbH. Häufig haben die Gründer völlig übersehen, dass für das weitere Bestehen der Ltd. enorme Verwaltungskosten von mehreren hundert Euro jedes Jahr anfallen, die bei einer deutschen GmbH nicht angefallen wären. In den Boomzeiten sollen sich angeblich über 10.000 Unternehmer dieser Rechtsform bedient haben. Mit dem Brexit haben sich die Vorzeichen völlig geändert und seit Wirksamwerden des Brexit zum 01.01.2021 stellt sich die Ausgangslage für ca. 4.000 Ltd., deren sog. Verwaltungssitz immer noch in Deutschland ist, die aber in England registriert sind, dramatisch dar: Nach ganz herrschender Auffassung haben sich diese Ltd. in Deutschland mittlerweile in eine GbR oder OHG bzw. – wenn nur ein Gesellschafter dahinter steht – in einen Einzelkaufmann gewandelt. Dies bedeutet die volle persönliche Haftung der Gesellschafter und nach überwiegender Ansicht gilt dies auch für Verbindlichkeiten aus der Zeit, als der Brexit noch nicht wirksam war. Darüber hinaus hat sich auch die Vertretungsregelung geändert. Vertretungsberechtigt sind jetzt bei einer Mehrmanngesellschaft alle Gesellschafter gemeinsam bzw., wenn ein Gewerbe betrieben wird, jeder der Gesellschafter einzeln, keinesfalls aber ein (Fremd-)Geschäftsführer. Der deutsche Gesetzgeber hatte auf die Problematik reagiert und mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes die Verschmelzung dieser Gesellschaften nach Deutschland deutlich erleichtert und auch eine Personengesellschaft als Zielgesellschaft zur Verfügung gestellt. Dennoch haben sich wohl um die 4.000 Unternehmer nicht für derartige Wege entschieden, die Gesellschaft auch nicht liquidiert oder noch rechtzeitig den Verwaltungssitz in das Vereinigte Königreich verlegt bzw. die Gesellschaft nach Deutschland verschmolzen oder ihren Sitz verlegt, und zwar Satzungs- und Verwaltungssitz aus England heraus. Nur eine Minderheit in der Literatur ist der Auffassung, dass solche, vor dem Wirksamwerden des Brexits gegründeten Ltd. Bestands- oder Vertrauensschutz genießen sollten. Das Bundesfinanzministerium, der Bundesgesetzgeber und die h. L. sind der Auffassung, dass sich diese Gesellschaften (vgl. oben) in ein einzelkaufmännisches Unternehmen oder aber in eine GbR oder eine OHG automatisch umgewandelt haben. Der Bundesgerichtshof hat mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2021 jedenfalls klargestellt, dass sich diese Ltd. nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit, die Gesellschaften aus der EU bzw. dem EWR genießen, berufen können (BGH v. 16.02.2021 – II ZB 25/17). In einer ganz aktuellen Entscheidung hat das OLG München (v. 05.08.2021 – 29 U 2411/21 Kart, GmbHR 2021, 1152) festgestellt, dass sich die Gesellschaften nicht nur nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen können, sondern auch aus dem Austrittsvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union nicht folgt, dass den Gesellschaften eine berufliche Niederlassungsfreiheit eröffnet ist. Jedenfalls, wenn sie keine substanzielle unternehmerische Tätigkeit im Vereinigten Königreich entwickeln, sind sie in Deutschland als Einzelkaufmann oder GbR/OHG zu behandeln, mit den entsprechenden Konsequenzen für die Haftungs- und Vertretungssituation. In einem aktuellen Literaturbeitrag (GWR 2022, 1) habe ich auf diese Rechtslage nochmals vertieft hingewiesen.

Welche Handlungsoptionen bestehen jetzt? Zunächst ist es für viele dieser Gesellschaften wichtig, dass sie ihre Existenz durch eine Eintragung im Handelsregister nachweisen können. Hatten sie bisher eine Zweigniederlassung eingetragen, so ist diese mit dem Wirksamwerden des Brexit automatisch erloschen, weil die Hauptniederlassung in Deutschland besteht. Wir haben schon zahlreiche Schreiben von Handelsregistern gesehen, mit denen die Löschung der Zweigniederlassung angekündigt und dann auch vollzogen wurde bzw. seitens der Unternehmer reagiert wurde. Die Unternehmer müssen sich dann im Handelsregister als Einzelkaufmann oder OHG eintragen lassen. Wünschen sie nicht, dass sie auch für die Zukunft für alle Verbindlichkeiten persönlich haften, so kommt ein Formwechsel in eine GmbH in Betracht. Wir beraten zu diesen Fragen gern!

Autor: Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar, Dresden