KG Berlin 1 W 509/22
Zum Genehmigungserfordernis nach § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB bei Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum

06.11.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG Berlin
28.02.2023
1 W 509/22
RNotZ 2023, 282

Leitsatz | KG Berlin 1 W 509/22

Im räumlichen Anwendungsbereich einer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 S. 3 BauGB ist dem Grundbuchamt vor Eintragung der Umwandlung im Grundbuch als Wohnungseigentum gebuchten Sondereigentums in Teileigentum die Genehmigung nach § 250 Abs. 5 S. 1 BauGB nachzuweisen.

Sachverhalt | KG Berlin 1 W 509/22

Die Beteiligte bewilligte am 31.08.2020 die Aufteilung eines Grundstückes in 21 Wohnungseigentums- und 3 Teileigentumsrechte. Das betroffene Grundstück befindet sich im Geltungsbereich einer Erhaltungsverordnung. Nachdem der Urkundsnotar die Anlegung der Wohnungsgrundbücher beantragt hatte, gab das Grundbuchamt der Beteiligten die Vorlage einer Genehmigung nach § 172 BauGB auf. Am 31.08.2021 reicht der Notar eine Änderung zur Teilungserklärung ein, in der falsche Bezeichnungen von Wohnungs- und Teileigentum richtiggestellt wurden.  

Im Dezember 2021 erteilte das Bezirksamt die Genehmigung nach § 172 BauGB. Der Notar übersandte dem Grundbuchamt die von dem Bezirksamt am 28.03.2022 erteilte Ergänzungsbescheinigung zur Abgeschlossenheitsbescheinigung bestimmter Wohnungen. Das Grundbuchamt legte am 28. April 2022 ein Wohnungsgrundbuch an. In dessen Bestandsverzeichnis wird das Sondereigentum als „Wohnung Nr.WE5 laut Aufteilungsplan zur Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 02.07.2021 und Ergänzungsbescheinigung vom 28.03.2022“ bezeichnet.

Im Oktober 2022 reichte der Notar eine weitere „Änderung zur Teilungserklärung“ ein und beantragte eine Grundbuchberichtigung. Im Hinblick auf die frühere Ergänzungsbescheinigung handele es sich um nicht zu Wohnzwecken dienende Räume. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung darauf hingewiesen, dass zur Eintragung der Nutzungsänderung eine Genehmigung gemäß § 172 BauGB vorzulegen sei. Hiergegen wendet sich der Notar mit seiner Beschwerde.

 

Entscheidung | KG Berlin 1 W 509/22

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das von dem Grundbuchamt im Oktober 2022 aufgeführte Eintragungshindernis besteht nicht, daher war die Zwischenverfügung nicht veranlasst, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GBO.

Die Umwandlung von Wohnungseigentum in Teileigentum setzt grundsätzlich eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis und eine Eintragung ins Grundbuch voraus. Für eine solche Eintragung ist die Einwilligung des Eigentümers des umzuwandelnden Sondereigentums ausreichend, wenn die Mitwirkung der übrigen Miteigentümer in der Teilungserklärung wirksam ausgeschlossen wurde. Dies geschah vorliegend durch die Gemeinschaftsordnung. Die Anlegung der Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher erfolgte wegen der Bewilligungen vom 31.08.2020. Allerdings fehlte eine Bewilligung hinsichtlich der weiteren Ergänzungsbescheinigung des Bezirksamts vom 28.03.2022.

Allerdings ist eine Genehmigung nach §§ 172 Abs. 1 S. 6, 22 Abs. 6 S. 1 BauGB nicht erforderlich. Grundsätzlich bedarf es einer solchen zwar bei der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum, wenn das betroffene Grundstück im Bereich einer Erhaltungssatzung i.S.d. § 172 BauGB liegt und die landesrechtliche Verordnung eine Genehmigung voraussetzt. Jedoch tritt gem. § 250 Abs. 7 S. 1 BauGB das Genehmigungserfordernis des § 172 Abs. 1 S. 4 BauGB zurück, wenn eine Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 S. 3 BauGB räumlich Anwendung findet. Seit dem 7.10.2021 ist die Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gemäß § 250 Absatz 1 Satz 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, wie dem gesamten Land Berlin, in Kraft getreten.

Die Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum bedarf gem. § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB einer Genehmigung, da sie vom Wortlaut der Norm gedeckt ist. Zudem verfolgt § 250 BauGB das Ziel, ausreichend bezahlbaren Mietraum zu erhalten, der durch eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gefährdet ist. Eine ähnliche Gefahr besteht auch bei der Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum, wenn dadurch Mietraum als gewerblicher Raum genutzt werden kann. Zwar ist eine Genehmigung nicht erforderlich, wenn ein Eintragungsantrag vor Inkrafttreten einer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 S. 3 BauGB gestellt worden ist. In diesem Fall bedürfte es einer Genehmigung nach § 172 BauGB. Vorliegend ist der Antrag auf „Berichtigung des Grundbuches“ aber nach Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung bei dem Grundbuchamt gestellt worden. Daher ist § 878 BGB nicht mehr einschlägig und § 250 Abs. 7 S. 1 BauGB kommt zum Tragen.

 

Praxishinweis | KG Berlin 1 W 509/22

Ob § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB mit der „Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum“ auch die Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum erfasst, ist bisher noch nicht entschieden worden. In der Literatur wird teilweise vertreten, dass die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum zwar vom Wortlaut des § 250 Abs. 1 BauGB erfasst ist, aber eine teleologische Reduktion geboten ist. Das KG nimmt in seiner vorliegenden Entscheidung ein Genehmigungserfordernis nach § 250 Abs. 1 S. 1 BauGB zumindest für den Fall der Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum an.