OLG Saarbrücken 5 U 11/22
Vorgehen gegen Teilungsplan des Testamentsvollstreckers im einstweiligen Rechtsschutz

13.09.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Saarbrücken
16.11.2022
5 U 11/22
ZEV 2023, 591

Leitsatz | OLG Saarbrücken 5 U 11/22

Aus § 2204 Abs. 1 BGB folgt die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers, die Auseinandersetzung von Miterben grds. nach Maßgabe der §§ 2042 – 2057a BGB zu bewirken. Daher hat bei Grundstücken die Aufhebung der Gemeinschaft durch Zwangsversteigerung und durch Teilung des Erlöses zu erfolgen (§ 2042 Abs. 2 i.V.m. § 753 S. 1 BGB), wenn das Testament nichts anderes bestimmt und die Erben keine abweichende Vereinbarung treffen.

Der Befreiung von den Restriktionen des § 181 BGB allein kann bei mangelnden ausreichenden Anhaltspunkten im Testament und selbst unter Berücksichtigung einer nahe liegenden Vorstellung der Erblasserin, ein Grundstück solle in der Familie bleiben, nicht der Wille entnommen werden, zu Testamentsvollstreckern eingesetzte Miterben sollten zu einer von den allgemeinen Grundsätzen abweichenden Aufteilung des Nachlasses ermächtigt sein. (nichtamtliche Leitsätze)

 

Sachverhalt | OLG Saarbrücken 5 U 11/22

Die Parteien streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um die Unterlassung des Vollzugs eines Teilungsplans durch Übertragung eines Grundstücks auf die Beklagten. Die Verfügungsklägerinnen sind die Nichten der Beklagten. Die 2020 verstorbene Großmutter hatte sie und ihre beiden Söhne mit Testament von 2018 zu ihren Erben bestimmt. Die Söhne wurden zu von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Testamentsvollstreckern eingesetzt. Zum Nachlass gehört unter anderem ein Hausgrundstück, das im Alleineigentum der E stand und für das ein von den Beklagten eingeholtes Gutachten einen Wert von 363.000 EUR auswies. Dieses wollten die Söhne im Rahmen des von ihnen aufgestellten Teilungsplans mit dem im Gutachten aufgestellten Wert übertragen. Die Enkelinnen legten ein Gutachten vor, das einen Wert von 450.000 Euro für das Grundstück auswies. Sie beantragten mittels einstweiliger Verfügung die Untersagung des Vollzugs des Teilungsplans. Das LG gab dem Antrag statt und ordnete überdies die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch an. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Entscheidung | OLG Saarbrücken 5 U 11/22

Das OLG Saarbrücken wies die Berufung zurück.

Ein Verfügungsanspruch ergebe sich aus § 2204 Abs. 1 BGB, der die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers normiere, die Auseinandersetzung der Miterben nach Maßgabe der §§ 2042 –2057a BGB zu bewirken. Bestimme das Testament nichts anderes und haben die Erben auch keine abweichende Vereinbarung getroffen, sei bei Grundstücken die Aufhebung der Gemeinschaft durch Zwangsversteigerung und durch Teilung des Erlöses vorzunehmen. Verstoße der Testamentsvollstrecker gegen seine Pflichten, könne der Erbe – neben der Entlassung des Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB und Schadensersatz nach § 2219 BGB – auch jederzeit vom Testamentsvollstrecker verlangen, dass er seine Befugnisse nicht überschreite und auf Pflichterfüllung klagen. Dies könne er auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß §§ 935 ff. ZPO verlangen. Die beabsichtigte Übertragung des Grundstücks widerspräche den gesetzlichen Vorgaben gemäß § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 753 S. 1 BGB, nach denen in Ermangelung abweichender Anordnungen des Erblassers oder anderweitiger Vereinbarungen der Erben die Teilung vorzunehmen sei. Auch aus der Befreiung der Söhne von den Restriktionen des § 181 BGB allein könne, mangels entsprechender ausreichender Anhaltspunkte in dem Testament, nicht der Wille entnommen werden, die Beklagten sollten zu einer von den allgemeinen Grundsätzen abweichenden Aufteilung des Nachlasses unter den am vorliegenden Rechtsstreit beteiligten Familienangehörigen ermächtigt sein.

Auch ein Verfügungsgrund bestünde. Denn das Verhaltens der Beklagten begründe die Befürchtung, dass durch eine Veränderung des bestehenden dinglichen Rechtszustandes die Verwirklichung des Auseinandersetzungsanspruchs der Kläger vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO). Denn die dinglichen Übertragungsakte seien auch bei einem unwirksamen Teilungsplan wirksam, so dass nach dem Vollzug des unwirksamen Plans nur ein Bereicherungsausgleich zwischen Nachlass und dem Leistungsempfänger stattfinde.

Praxishinweis | OLG Saarbrücken 5 U 11/22

Die Entscheidung ist zu begrüßen, betont doch das OLG Saarbrücken ausdrücklich, dass es möglich ist, einen Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung gegen einen in Aussicht gestellten und rechtswidrigen Teilungsplan zu erlangen. Zu beachten ist hierbei regelmäßig, dass auch ein unwirksamer Teilungsplan, der faktisch vollzogen wird, wirksam bleibt. Es handelt sich in dogmatischer Hinsicht um eine einseitige Willenserklärung, die bereits mit Zugang bei den Miterben wirksam wird (Roth, NJW-Spezial 2023, 488).