KG Berlin 22 W 55/22
Voraussetzungen für Vorliegen einer Dauertestamentsvollstreckung

25.10.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG Berlin
15.12.2022
22 W 55/22
juris

Leitsatz | KG Berlin 22 W 55/22

  1. Wird auf eine Zwischenverfügung nach § 382 Abs. 4 FamFG hin ein Fristverlängerungsantrag gestellt, kann dieser nicht in eine Beschwerdeeinlegung umgedeutet werden.
  2. Ob eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet ist, die dem Testamentsvollstrecker die Berechtigung zur Anmeldung des Ausscheidens des Erblassers und des Eintritts der Erben als Kommanditisten zum Handelsregister verleiht, ist aus den sich aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis ergebenden Angaben zu ermitteln.

 

Sachverhalt | KG Berlin 22 W 55/22

Der Kommanditist einer ins Handelsregister eingetragenen Gesellschaft verstarb am 27.03.2021. In dem gemeinschaftlichen Erbschein werden die vier Kinder als seine Erben zu verschiedenen Teilen ausgewiesen. Es wird die Testamentsvollstreckung angeordnet und als Vollstrecker B1 und B2 bestimmt. Die Testamentsvollstreckung soll mit Ablauf von 10 Jahren nach dem Erbfall und hinsichtlich jedes einzelnen Erben nicht vor Vollendung des 27. Lebensjahres des jeweiligen Miterben enden.

Durch den Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, dem Bevollmächtigten aller Kommanditisten und B1 und B2 als Testamentsvollstrecker wurde die Eintragung des Ausscheidens des verstorbenen Kommanditisten und die Eintragung seiner Erben im Wege der Sonderrechtsnachfolge beantragt. Außerdem beantragten die Testamentsvollstrecker die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks bei den Erben.

Das Gericht beanstandete zunächst, dass die Testamentsvollstrecker nicht für die im Wege der Sonderrechtsnachfolge eingetretenen Kommanditisten zur Anmeldung berechtigt seien und ein Testamentsvollstreckervermerk nicht eingetragen werden könne. Sodann hat das Registergericht mit Zwischenverfügung vom 13.4.2022 den Verfahrensbevollmächtigten unter Fristsetzung von sechs Wochen um Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses mit dem Vermerk der Dauervollstreckung oder die Anmeldung der Rechtsnachfolge durch die Erben nebst Rücknahme des Testamentsvollstreckervermerks gebeten. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten.

 

Entscheidung | KG Berlin 22 W 55/22

Die Beschwerde ist unzulässig und daher zu verwerfen, weil die Beschwerdefrist von einem Monat gemäß § 63 Abs. 1 FamFG nicht eingehalten worden ist.

Grundsätzlich muss gem. § 64 Abs. 2 S. 3 FamFG eine Beschwerde den angefochtenen Beschluss bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass sie sich gegen den bezeichneten Beschluss richtet. Dabei ist keine genaue Bezeichnung als Beschwerde erforderlich, es muss dem Schriftsatz aber zumindest ein dahingehender Wille zu entnehmen sein. Mit dem Schriftsatz vom 25.05.2022 wurde jedoch nur eine Fristverlängerung beantragt, ein Wille zur Beschwerde ergibt sich daraus nicht. Die Erklärung vom 10.6.2022, dass der Fristverlängerungsantrag als Beschwerde auszulegen sei, ist als eigenständige Beschwerde zu werten. Da die Zustellung der angefochtenen Entscheidung jedoch bereits am 25.04.2022 erfolgte und die Frist daher am 25.5.2022 endete, ist diese Beschwerde verspätet. Eine Verlängerung der Frist ist auch nicht möglich. Dem steht auch nicht entgegen, dass eventuell eine längere Zeit zur Prüfung benötigt wird, da eine gesonderte Frist zur Begründung der Beschwerde nach § 65 Abs. 2 FamFG ersucht werden kann. Schließlich sind auch keine Gründe für eine Wiedereinsetzung nach §§ 17, 18 FamFG ersichtlich.

In der Sache sind jedoch die Ausführungen des Registergerichts nicht zutreffend. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht eine Anmeldebefugnis der Testamentsvollstrecker für die durch Sondererbfolge zu Kommanditisten gewordenen Erben, wenn für den betreffenden Kommanditanteil eine Verwaltungs- oder Dauertestamentsvollstreckung gemäß § 2209 S. 1 BGB angeordnet ist. In diesem Fall ist auch eine Anmeldung ins Handelsregister möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Testamentsvollstreckung vorsieht oder alle Gesellschafter ihr zustimmen. Vorliegend ist aufgrund des festgelegten Umfangs der Testamentsvollstreckung von 10 Jahren - bezogen auf jeden einzelnen Erben jedoch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres des jeweiligen Miterben – von einer Dauertestamentsvollstreckung auszugehen. Die betroffenen Kommanditanteile sind auch von der Dauertestamentsvollstreckung umfasst. Allerdings müssten die Gesellschafter noch ihre Zustimmung zur Testamentsvollstreckung erklären, wenn der Gesellschaftsvertrag dies nicht vorsieht. Die vorgelegten Handelsregistervollmachten reichen nicht, da sie allein Verfahrensvollmachten darstellen, für die Zustimmung zur Testamentsvollstreckung jedoch materiellrechtliche Erklärungen erforderlich sind. Ist eine Dauervollstreckung angeordnet, kann auch ein entsprechender Testamentsvollstreckervermerk im Handelsregister eingetragen werden. Erforderlich ist hierfür aber eine Anmeldung der Eintragung in das Handelsregister entsprechend §§ 161 Abs. 2, § 108 HGB durch alle Gesellschafter.

 

Praxishinweis | KG Berlin 22 W 55/22

Es bleibt zu beachten, dass in Registersachen dem Beteiligten die Mittel zur Beseitigung der Eintragungshindernisse nicht aufgezeigt werden dürfen, damit das Registergericht nicht in die gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsspielräume der Beteiligten eingreift. Daraus folgt jedoch, dass die Beteiligten oft eine verhältnismäßig lange Zeit brauchen, um diese Eintragungshindernisse zu beseitigen. Es scheint daher auf Seiten der Registergerichte angebracht, eine Fristverlängerung wohlwollend zu gewähren. (siehe hierzu Holzer, FGPrax 2023, 28).