OLG Brandenburg 7 W 118/14
Unzulässigkeit der Verschmelzung auf einen insolventen Rechtsträger auch nach ESUG

20.05.2015

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
27.01.2015
7 W 118/14
ZIP 2015, 929

Leitsatz | OLG Brandenburg 7 W 118/14

Die Verschmelzung auf einen insolventen Rechtsträger ist auch nach dem Inkrafttreten des ESUG unzulässig (§ UMWG § 3 UMWG § 3 Absatz III UmwG). (amtlicher Leitsatz).

Sachverhalt | OLG Brandenburg 7 W 118/14

Die Beteiligte zu 2) ist die 100%ige Tochter der Beteiligten zu 1). Der insolvente Mutterkonzern wollte die solvente Tochter auf sich verschmelzen. Das AG Cottbus hat erstinstanzlich der Klage gegen die Verschmelzung stattgegeben. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten.

Entscheidung | OLG Brandenburg 7 W 118/14

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nicht erfolgreich.

Das Mutterunternehmen kann als insolventer Rechtsträger keine solvente Gesellschaft aufnehmen. Es kann in der Sache dahin stehen, ob es sich um eine Abwicklungs- oder Sanierungsfusion der beiden Rechtsträger handelt. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist der Umstand, dass die insolvente Gesellschaft alleiniger Schuldner der solventen Tochter ist. Nach derzeitiger Rechtslage ist es den Parteien nicht möglich einen upstream-merger bei vorliegender Insolvenz der Mutter durchzuführen. Zwar sieht §3 Abs. 3 UmwG die Beteiligung eines insolventen Rechtsträgers in einem Umwandlungsvorgang vor, jedoch nur als übertragender Rechtsträger, nicht als übernehmender Rechtsträger. Das Oberlandesgericht sieht in diesem Fall weder einen Spielraum für eine andere Auslegung des Gesetzes, noch eine Möglichkeit der Rechtsfortbildung durch eine planwidrige Regelungslücke.

Das Gericht betont den abschließenden Charakter des §1 Abs. 2, 3 UmwG. Nicht aufgeführte Umwandlungen seien „verboten“. Die Sonderregelung des §3 Abs. 3 UmwG spräche gesetzestechnisch gegen eine erweiternde Auslegung, da dem juristischen Grundsatz „singularia non sunt extenda“ folgen sei.

Die planwidrige Regelungslücke sei auch nicht durch das ESUG entstanden. Die Regelungslücke hätte nur entstehen können, wenn der Gesetzgeber schlicht eine notwendige Änderung des Umwandlungsrechts übersehen hätte. Dafür findet das OLG keine Hinweise.

Somit wies das OLG die Beschwerde der Beteiligten ab, die Verschmelzung kann nicht durchgeführt werden.


Praxishinweis | OLG Brandenburg 7 W 118/14

Rein gesetzesdogmatisch kann dieser Entscheidung gefolgt werden, da sie sich streng an den Gesetzestext hält. Das Gericht geht zwar in seiner Entscheidung am Rande auf anderslautende Literaturmeinungen (Madaus, in ZIP 2012, 2133; Heidinger, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., §3 UmwG Rz. 19; Heckschen, in DB 1998, 1385; Stratz, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, 6. Aufl., §3 Rz. 47) ein, sieht jedoch von einer teleologischen Reduktion auf den Gesetzeszweck, den Gläubigerschutz, ab. Es ist jedoch sehr unbefriedigend, dass das Gesetz eine Verschmelzung auf die Tochter verhindert, obwohl diese nicht nur im Interesse der Unternehmen und ihrer Gesellschafter sondern sogar der Gläubiger liegt.