OLG Köln 11 OH 21/18
Notarkosten bei Erstellung eines Grundstückskaufvertragsentwurfs aufgrund nichtiger Reservierungsvereinbarung

20.05.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Köln
18.03.2019
11 OH 21/18
BeckRS 2019, 17692

Leitsatz | OLG Köln 11 OH 21/18

  1. Reservierungsvereinbarungen sind formbedürftig, wenn sie wegen der Höhe des Bindungsentgelts einen Druck zum Erwerb des Grundstücks ausüben, wobei die kritische Grenze bei 10 % der üblichen Maklerprovision liegt (vgl. BGH, Urt. v. 2.7.1986, IVa ZR 102/85).
  2. Die Nichtigkeit einer Reservierungsvereinbarung erstreckt sich gemäß § 139 BGB auf die gleichzeitig erteilte Vollmacht zur Beauftragung eines Notars mit der Fertigung eines Kaufvertragsentwurfs, wenn nicht anzunehmen ist, dass eine solche Vollmacht auch ohne verbindliche Reservierung des Grundstücks erteilt worden wäre.

Sachverhalt | OLG Köln 11 OH 21/18

Der Interessent einer Immobilie in Köln unterschrieb mit einem Makler eine sog. Reservierungsvereinbarung zur Reservierung eines avisierten Kaufobjektes. Der Kaufpreis sollte 175.000 Euro betragen. Die Reservierungsgebühr betrug 2.000 Euro. Zusätzlich sah die Vereinbarung vor, dass der Makler einen notariellen Kaufvertragsentwurf erstellen lassen sollte. Die Vereinbarung konnte bis zu einem bestimmten Termin gekündigt und im Falle einer rechtzeitigen Kündigung die Reservierungsgebühr erstattet werden.

Im Anschluss an die Reservierung kam es zur Kündigung der Vereinbarung und zur Erstattung der Reservierungsgebühr durch den Makler. Da der Notar zuvor jedoch bereits vom Makler mit der Erstellung des Kaufvertragsentwurfs beauftragt wurde, verlangte der Notar die entstandenen Entwurfskosten von dem ursprünglichen Kaufinteressent unter Bezugnahme auf die Reservierungsvereinbarung. Der in Anspruch genommene behauptet, die Erstellung des Entwurfes nicht beauftragt zu haben und beantragt die Aufhebung der Kostenrechnung des Notars. Insbesondere enthalte die Reservierungsvereinbarung keine wirksame Bevollmächtigung des Maklers.

Entscheidung | OLG Köln 11 OH 21/18

Das Gericht folgte dem ursprünglichen Kaufinteressenten und hob die Kostenrechnung des Notars auf. Der Betroffene sei weder Kostenschuldner, noch habe er den Makler wirksam zur Entwurfsbeauftragung bevollmächtigt.

Eine Vollmacht des Maklers ergibt sich nicht aus der getroffenen Reservierungsvereinbarung, die aufgrund der darin enthaltenen mittelbaren Verpflichtung zum Grundstückserwerb formunwirksam und damit nichtig ist (§§ 311b, 125 BGB). Die Nichtigkeit erstreckt sich auch auf die in der Vereinbarung enthaltene Vollmachtserteilung. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Reservierungsvereinbarungen formbedürftig, wenn sie wegen der Höhe des Bindungsentgeltes Druck zum Erwerb des Grundstücks ausüben; die kritische Grenze liegt bei 10 Prozent der üblichen Maklerprovision (BGH, Urt. v. 2.7.1986, IVa ZR 102/85). In Nordrhein-Westfalen liegt die übliche Käuferprovision bei 3,57 Prozent des Kaufpreises. Das entspricht hier 6.247,50 Euro, womit die 2.000,00 Euro deutlich über den noch zulässigen 10 Prozent dieser Summe liegen.

Die Nichtigkeit der Reservierungsvereinbarung erstreckt sich gemäß § 139 BGB auch auf die gleichzeitig erteilte Vollmacht zur Entwurfsbeauftragung, weil nicht anzunehmen ist, dass die Vollmacht auch ohne Reservierung des Grundstücks erteilt worden wäre. Auf eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB kam es deswegen nicht an (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.9.2010, III ZR 21/10).

Da der Vertragsschluss des vollmachtlos handelnden Maklers auch nicht durch schlüssiges Verhalten des Betroffenen nachträglich genehmigt wurde, war die Kostennote aufzuheben. Änderungswünsche zu dem übersendeten Entwurf wurden dem Notar insofern nur durch den Makler selbst mitgeteilt. Auch hat der Kaufinteressent weder gegenüber dem Makler Änderungswünsche geäußert noch sonstiges Verhalten mit dem Erklärungswert an den Tag gelegt, den Entwurf des Notars zu billigen.

Praxishinweis | OLG Köln 11 OH 21/18

Reservierungsvereinbarungen sind häufig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen, wenn die Reservierung letztlich nicht zur Beurkundung zwischen den Beteiligten führt. Sofern solche Reservierungsvereinbarungen – wie in der Praxis üblich – nicht beurkundet werden, sind die getroffenen Vereinbarung unwirksam, wenn der vorgesehene Betrag über dem Betrag von 10 bis 15 Prozent der üblichen Maklerprovision oder einem Prozent des vorgesehenen Kaufpreises liegt. Makler sollten daher diese Grenzen unbedingt einhalten. Die Beteiligten sollten darüber hinaus insbesondere die Beauftragung des Notars, eventuelle Vollmachtserteilungen und die Kostentragung im Falle der Nichtdurchführung ausdrücklich regeln oder separate Aufträge erteilen.

Eine Übersicht über die üblichen Provisionen in den einzelnen Bundesländern und zur Berücksichtigung von Besonderheiten sogenannter Innen- und Außenprovisionen sowie weitere Entscheidungen zu diesem Thema sind zu finden in dem Aufsatz von Heckschen/Herzog, NotBZ 2019, 14 ff.