BGH NotSt (Brfg) 2/20
Notarielle Amtspflichtverletzung durch Mitwirkung an Umgehung der Genehmigungspflicht nach GrdstVG

20.08.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
20.07.2020
NotSt (Brfg) 2/20
DNotZ 2020, 953

Leitsatz | BGH NotSt (Brfg) 2/20

  1. Genehmigungsbedürftig nach § 2 GrdstVG ist unter dem Gesichtspunkt des Umgehungsgeschäfts auch der Verkauf kleinerer, die Freigrenze nicht überschreitender, Flächen, wenn Trennstücke eines die Freigrenze übersteigenden Grundstücks gleichzeitig oder nacheinander veräußert werden, die einzelnen Rechtsgeschäfte in einem inneren Zusammenhang stehen und nach einem einheitlichen Plan durchgeführt werden (Anschluss an BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 – IX ZR 43/92, NJW 1993, 648).
  2. Der Notar verletzt seine Amtspflichten nach § 14 Abs. 2 BNotO, § 4 BeurkG, wenn er an einem derartigen Umgehungsgeschäft mitwirkt, und kann sich deswegen eines Dienstvergehens schuldig machen.

Sachverhalt | BGH NotSt (Brfg) 2/20

Der klagende Notar begehrt die Aufhebung einer Disziplinarverfügung betreffend des folgenden Falles: Im Jahr 2016 übersandte der Kläger der für die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz zuständigen Behörde einen Kaufvertragsentwurf über die Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks mit einer Größe von 21.132 qm² und beantragte die entsprechende Genehmigung gem. § 2 GrdstVG. Die zuständige Behörde versagte die Genehmigung mit der Begründung, dass der Kaufinteressent kein Landwirt sei. Hierüber informierte der Kläger die Beteiligten. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde nicht gestellt.

In der Folgezeit unterteilte der Eigentümer das Flurstück in zwei neugebildete Flurstücke zu 9.411 qm² und 11.721 qm². Anschließend verkaufte der Eigentümer zu Urkunde des Klägers ein neu gebildetes Flurstück an den ursprünglichen Kaufinteressenten und das andere Flurstück an die Ehefrau des ursprünglichen Kaufinteressenten. Die Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung wurde für diese Verträge nicht beantragt. Wegen des Verdachts der unerlaubten Umgehung des Genehmigungserfordernisses wandte sich die zuständige Landwirtschaftsbehörde an die Notarkammer, die daraufhin eine Disziplinarverfahrensverfügung erließ. Die hiergegen erhobene Klage des Notars blieb beim Oberlandesgericht ohne Erfolg.

Entscheidung | BGH NotSt (Brfg) 2/20

Der Antrag auf Zulassung der Berufung blieb beim Bundesgerichtshof ebenfalls erfolglos. Die Zerlegung des Grundstücks in zwei Teile, die jeweils unter der im entsprechenden Bundesland geltenden Freigrenze (hier 20.000 qm²) liegen und die Veräußerung des einen Grundstücks an den Ehegatten des ursprünglichen Erwerbs, stelle ersichtlich ein Umgehungsgeschäft dar. Ein solches liege vor, wenn kleinere, die Freigrenze nicht überschreitende Flächen gleichzeitig oder nacheinander veräußert werden und die einzelnen Rechtsgeschäfte in einem inneren Zusammenhang stehen und nach einem einheitlichen Plan durchgeführt werden. Der enge zeitliche Zusammenhang und die eheliche Verbindung der Käufer genügten für einen entsprechenden Zusammenhang und damit einem einheitlichen Plan im Sinne der BGH-Rechtsprechung zum Umgehungsgeschäft.

Mit der Umgehung des Genehmigungserfordernisses gem. § 2 Abs. 1 S. 1 GrdstVG würden unerlaubte Zwecke i. S. d. § 14 Abs. 2 BNotO, § 4 BeurkG verfolgt. Dem stehe auch nicht der Urkundsgewähranspruch gem. § 15 Abs. 1 S. 1 BNotO entgegen, denn dieser verbiete die Verweigerung der Urkundstätigkeit nur dann, wenn kein ausreichender Grund vorläge. Ein solcher ausreichender Grund liege aber im Falle der Verfolgung unredlicher oder unerlaubter Zwecke gerade vor. Der Notar habe von dem Geschehensablauf Kenntnis gehabt, da er sowohl am ursprünglichen Kaufvertrag, als auch an den darauffolgenden Einzelkaufverträgen beteiligt war.

Praxishinweis | BGH NotSt (Brfg) 2/20

Das Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 S. 1 GrdstVG hat in der Praxis große Bedeutung. Die rechtsgeschäftliche Veräußerung und der zugrundeliegende schuldrechtliche Vertrag über die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks bedürfen der Genehmigung, ebenso die Einräumung und Veräußerung eines Miteigentumsanteils, die Veräußerung eines Erbteils an einen anderen als an einen Miterben, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb besteht und die Bestellung eines Nießbrauchs. Landesrechtliche Regelungen können bestimmen, dass die Veräußerung bis zu einer bestimmten Grundstücksgröße keiner Genehmigung bedarf gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG. Gemäß § 4 BeurkG hat und gemäß § 15 BNotO darf der Notar in diesem Falle die begehrte Beurkundung (zu) unterlassen, soweit sie das gesetzliche Genehmigungserfordernis umgeht und der beurkundende Notar hiervon Kenntnis hat.