04.10.2019
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Düsseldorf
12.03.2019
3 Wx 166/17
BeckRS 2019, 11301
Die Entscheidung betrifft das Erbe des Verstorbenen, der seinen Nachlass nicht durch Testament geregelt hatte. Der Erblasser hinterließ seine Ehefrau, sowie zwei Kinder und einen Bruder. Die Beschwerdeführerin war die Tochter des Erblassers. Sowohl sie selbst als auch ihr Bruder hatten das Erbe ausgeschlagen. Ziel dessen war es, zu erreichen, dass die Mutter der beiden zunächst alleinige Erbin wird und die Beschwerdeführerin sowie ihr Bruder weiterhin ihre Pflichtteilsansprüche geltend machen können. Nach dem Tod der Mutter sollte sodann der gesamte Nachlass auf die Kinder übergehen.
Grundlage dieses Vorgehens war eine erfolgte anwaltliche Beratung. Das Nachlassgericht teilte der Beschwerdeführerin jedoch mit, dass durch deren Ausschlagung der Bruder des Erblassers nun ebenfalls Berechtigter in Bezug auf die Erbschaft war. Infolgedessen kann den Kindern nach dem Tode der Mutter nur noch ein Teil des Nachlasses zufallen.
Die Tochter erklärte daraufhin die Anfechtung der Erbausschlagung und beantragte beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der sowohl sie selbst als auch ihre Mutter als Miterbinnen ausweist. Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück, worauf die Beteiligte Beschwerde einlegte.
Die eingelegte Beschwerde hatte Erfolg.
Die Anfechtung der Ausschlagungserklärung sei wirksam, sodass der beantragte Erbschein zu erteilen sei.
Die Beschwerdeführerin sei infolge der anwaltlichen Beratung einem Inhaltsirrtum unterlegen gewesen, der sie zur Anfechtung berechtige. Dieser habe sich in der Form geäußert, dass sie über die rechtlichen Folgen ihrer Erklärung im Irrtum gewesen sei, weil durch die Ausschlagung andere als die beabsichtigten Rechtswirkungen erzeugt wurden.
Die Beschwerdeführerin befand sich in dem Glauben, dass ihre Mutter nach der Ausschlagung gesetzliche Alleinerbin werde, was ein notwendiger Zwischenschritt dafür war, um letztlich eine Testamentslage herzustellen, die der nach dem sog. Berliner Testament ähnelt.
Im Verfehlen der gewünschten Alleinerbenstellung läge sodann der zur Anfechtung berechtigende Inhaltsirrtum. Ein solcher berechtige nach ständiger Rechtsprechung nur dann zur Anfechtung, wenn die tatsächlich bewirkten Rechtsfolgen sich wesentlich von den beabsichtigten unterscheiden.
Keinen zur Anfechtung berechtigenden Irrtum stelle es lediglich dann dar, wenn das Eintreten nur mittelbarer oder zusätzlicher Rechtswirkungen verkannt wird.
Die Ausschlagung bewirke jedoch einen rückwirkenden Wegfall der Erbenstellung und damit verbunden den Anfall der Erbschaft beim Nächstberufenen. Insbesondere letzteres stelle keine nur mittelbare Wirkung dar. Vielmehr stünden Wegfall und Anfall der Erbschaft in einem unlösbaren Zusammenhang miteinander, sodass es keinen Wegfall der Erbschaft geben könne ohne gleichzeitig damit verbundenen Anfall beim Nächstberechtigten, hier in Form der Ehefrau sowie des Bruders des Erblassers.
Die Beschwerdeführerin habe somit eine „lenkende“ Ausschlagung vornehmen wollen, die einen vollumfänglichen Anfall der Erbschaft bei der Mutter bewirkt. Das Verfehlen dieses Ziels beruhe schließlich darauf, dass die Lenkungswirkung anders als beabsichtigt eingetreten ist.
Die Sache wurde somit zur Neuentscheidung an das Ausgangsgericht zurückgewiesen.
Beruht die erfolgte Ausschlagung einer Erbschaft auf einer Entscheidung, die darauf gerichtet ist, die Rechtslage nach gewünschten Vorstellungen zu gestalten, ist diese nicht unumkehrbar. Die Erklärung der Anfechtung sollte in Betracht gezogen werden. Um von vornherein derartige Unsicherheiten zu vermeiden, ist jedoch eine gewillkürte Erbfolge durch notarielle Bestimmungen empfehlenswert.