KG 22 W 92/21
Keine Anerkennung der notariellen Beglaubigung einer Übernahmeerklärung durch einen Notar in Luxemburg

20.10.2022

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
03.03.2022
22 W 92/21
GmbHR 2022, 636

Leitsatz | KG 22 W 92/21

  1. Eine der nach deutschem Recht erfolgten Unterschriftsbeglaubigung gleichwertige Beurkundung liegt dann nicht vor, wenn der ausländische Notar lediglich ihm vorgelegte Unterschriften mit anderen Unterschriften vergleicht, die ihm schon vorlagen.
  2. Eine Übernahmeerklärung nach § 55 Abs. 1 GmbHG kann auch durch einen vollmachtlosen Vertreter erfolgen, wenn dieses Handeln später formgerecht durch den Übernehmer des Geschäftsanteils genehmigt wird.

 

Sachverhalt | KG 22 W 92/21

Mit einer notariell beglaubigten elektronischen Erklärung meldete der einzige Geschäftsführer der GmbH unter Beifügung einer notariellen Urkunde über eine entsprechende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung die Erhöhung des Stammkapitals der GmbH gegen Bareinlagen um 5.639 € auf dann 37.075 € und die Änderung des Gesellschaftsvertrages in Ziff. 3.1. und 3.2., die das Stammkapital und seine Einteilung in Stammgeschäfts- und Vorzugsgeschäftsanteile betrifft, an. Auch waren eine Satzungsneufassung mit der Bescheinigung nach § 54 Abs. 1 Satz 2 GmbHG und Genehmigungserklärungen der übrigen Gesellschafter beigefügt.

Der Geschäftsführer ist selbst Gesellschafter und war für die drei weiteren Gesellschafter als vollmachtloser Vertreter aufgetreten. Eine Genehmigungserklärung wurde durch den Verfahrensbevollmächtigten notariell beglaubigt. Die anderen beiden wurden durch einen Luxemburger Notar beglaubigt, wobei die Urkunde mit einer Apostille versehen war. Der Anmeldung war ein Vermerk des Verfahrensbevollmächtigten beigefügt, in dem Zweifel an der Wirksamkeit der durch den Luxemburger Notar erfolgten Beglaubigung mitgeteilt werden, weil sich aus dem Beglaubigungsvermerk nicht ergibt, dass die Unterschriftsleistung vor dem Notar erfolgt oder anerkannt worden ist, und ihm auf Nachfrage mitgeteilt worden sei, dass der Notar die Unterschriften lediglich mit bei ihm hinterlegten Unterschriftsproben verglichen habe.

Nachdem das AG zunächst Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der Übernahmeerklärungen erhoben hatte, weil die erfolgte Beglaubigung in Luxemburg keine gleichwertige Ersetzung der nach deutschem Verfahrensrecht erforderlichen Unterschriftsbeglaubigung sei, forderte es schließlich mit einer Zwischenverfügung eine notariell beglaubigte Genehmigungserklärung an. Gegen diese Auflage hat der Verfahrensbevollmächtigte mit einem Schreiben Beschwerde eingelegt. Dieser Beschwerde hat das AG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Entscheidung | KG 22 W 92/21

Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet und hat somit in der Sache keinen Erfolg.

Das AG hat zu Recht das Fehlen ausreichender Übernahmeerklärungen beanstandet.

Die Kapitalerhöhung wird als Satzungsänderung mit der Eintragung wirksam nach § 54 Abs. 3 GmbHG. Die Eintragung setzt jedoch die Übernahme der neuen Geschäftsanteile durch die Abgabe von Übernahmeerklärungen voraus, die der Form des § 55 Abs. 1 GmbHG entsprechen müssen. Diese können auch durch einen vollmachtlosen Vertreter abgegeben werden, wenn die Erklärungen nachträglich genehmigt werden.

Die hier abgegebenen Übernahmeerklärungen sind jedoch nicht wirksam, da die jeweiligen Genehmigungserklärungen nicht der Form des § 55 Abs. 1 GmbHG entsprechen. Sinn und Zweck des Formerfordernisses des § 55 Abs. 1 GmbHG ist es zu gewährleisten, dass die zur Übernahme zugelassenen Personen tatsächlich Übernahmeerklärungen abgegeben haben (vgl. BGH v. 20.1.1977 – II ZR 222/75). Dieser Zweck kann nur vollständig erfüllt werden, wenn das Formerfordernis auch für die Genehmigungserklärungen gilt.

Die beiden von einem Luxemburger Notar beglaubigten Genehmigungserklärungen erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 GmbHG. Grundsätzlich sind von einem ausländischen Notar vorgenommene öffentliche Beglaubigungen wirksam, wenn sie dem deutschen Beglaubigungsvorgang entsprechen. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Der Notar verglich die ihm vorgelegten Unterschriften mit anderen bei ihm vorhandenen Unterschriften in Abwesenheit der Gesellschafter und schloss aufgrund diesen Vergleichs auf die Echtheit der Unterschriften. Dieses Vorgehen widerspricht der Regelung des § 40 Abs. 1 BeurkG, wonach die Unterschrift nach Identitätsfeststellung des Unterschreibenden in Gegenwart des Notars gefertigt oder jedenfalls anerkannt werden muss. Es handelt sich hierbei um eine notwendige Voraussetzung einer öffentlichen Beglaubigung nach deutschem Recht (vgl. BGH v. 10.8.1987 – NotZ 6/87). Dadurch soll gerade gewährleistet werden, dass sich der Notar – wie hier – mittels eines Schriftvergleichs von der Echtheit der Unterschriften überzeugt.

Praxishinweis | KG 22 W 92/21

Auch bei Beglaubigungen ist eine gewisse Gleichwertigkeitsprüfung notwendig. Für die Praxis ist es daher ratsam, auch bei Beglaubigungen im Ausland die wesentlichen Grundsätze nach § 40 BeurkG einzuhalten. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Urkunden zur Vorlage bei Grundbuchämtern, § 29 GBO, oder Registergerichten, § 12 HGB, dienen sollen.