09.05.2022
Notizen zur Rechtsprechung
Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:
OLG Hamburg
17.09.2021
11 U 71/20
NJW-Spezial 2022, 16
Geschäftsführerhaftung bei einer geschäftsführenden Kommandit-GmbH [ PDF ]
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin (D GmbH & Co. KG). Die Schuldnerin warb Anlegergelder ein und stellte diese der D AG zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung. Die D AG ist mittlerweile ebenfalls in die Insolvenz gefallen. Der Darlehensvertrag zwischen der D und der D AG beinhaltet eine umfangreiche Besicherung.
Der Insolvenzverwalter nimmt den Geschäftsführer der Komplement-GmbH (Beklagter zu 1) und den Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin der KG (Beklagter zu 2) auf 200.000 Euro Schadensersatz im Zusammenhang mit einer Überweisung an die D AG i.H.v. 510.000 Euro in Anspruch. Während zu diesem Zeitpunkt nur eine werthaltige Besicherung von 2,7 Mio. Euro bestand, hatte die Schuldnerin ca. 38 Mio. Euro an die D AG ausgereicht. Der Beklagte zu 2 wendet ein, § 43 Abs. 2 GmbHG sei auf ihn weder direkt noch entsprechend anwendbar. Das Landgericht hatte die Beklagten zur entsprechenden Zahlung von 200.000 Euro nebst Zinsen verurteilt. Dagegen legten die Beklagten (separat voneinander) Berufung ein.
Die Berufung des Beklagten zu 1 wird als unzulässig zurückgewiesen, während die Berufung des Beklagten zu 2 zwar zulässig, jedoch unbegründet ist. Beide Berufungen haben somit keinen Erfolg. Die Zulässigkeit der Berufung des Beklagten zu 1 scheitert an einem fehlenden Eingang einer ausreichenden Berufungsbegründung.
Die Berufung des Beklagten zu 2 ist unbegründet. Dieser hafte entsprechend § 43 Abs. 2 GmbHG, obwohl er nur Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin der KG war. Die BGH-Rechtsprechung zur Haftung des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH gegenüber der KG sei entsprechend übertragbar. Dabei diene die drittschützende Wirkung des Geschäftsführervertrages des Beklagten zu 2 mit der geschäftsführenden Kommanditistin als Anknüpfungspunkt. Eine Haftung komme dann schon wegen der organschaftlichen Sonderbeziehung in Betracht, denn auch eine geschäftsführende Kommanditistin müsse auf eine sorgfältige Geschäftsführung bedacht sein. Daran ändere auch die gleichzeitig bestehende Haftung der Komplementär-GmbH und ihres Geschäftsführers. Trotz dessen sei die KG nämlich gerade nicht hinreichend geschützt, wenn die Geschäfte von den Geschäftsführern der Kommanditistin geführt werden sollen.
Der Senat sieht insbesondere keinen Grund eine Haftung wegen einer bestehenden Möglichkeit einer Interessenkollision des Geschäftsführers abzulehnen, wenn tatsächlich eine solche Interessenkollision nicht bestand. Der Beklagte zu 2 hatte sich nämlich kaum um die Belange der Schuldnerin gekümmert. Trotzdem könne er sich selbst bei einer möglichen Ressortverteilung nicht komplett der Verantwortung entziehen. Indem der Beklagte zu 2 die streitgegenständliche Überweisung an die D AG nicht verhindert hatte, habe er seine Geschäftsführerpflichten verletzt und die D geschädigt. Obwohl der Beklagte zu 1 für die Geschäfte zuständig war, verbleiben Kontroll- und Überwachungspflichten beim Beklagten zu 2 gegenüber seinen Mitgeschäftsführern.
Der Beklagte zu 1 haftet mithin, weil er die streitgegenständliche Überweisung vorgenommen hat und der Beklagte zu 2, weil er diese nicht verhindert hat.
Die Entscheidung des OLG Hamburg lässt vermuten, dass man auch den geschäftsführenden Kommanditisten als Organ mit einer entsprechenden Haftung ansehen kann. Dadurch käme es auf die drittschützende Wirkung des Geschäftsführervertrages nicht zwingend an und der Kommanditist hafte ohnehin. Damit stünde fest, dass sich ein geschäftsführender Kommanditist seiner Haftung nicht entziehen kann und auch für das Verhalten seiner Mitgeschäftsführer haftet.