OLG Düsseldorf 3 Wx 157/22
Entlassung des Testamentsvollstreckers bei schuldloser Unfähigkeit

22.01.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
20.04.2023
3 Wx 157/22
NJW-Spezial 2023, 391

Leitsatz | OLG Düsseldorf 3 Wx 157/22

Wird ein Testamentsvollstrecker wegen Unfähigkeit zur Amtsführung entlassen, kommt es auf dessen Verschulden bei seinem Verwalterhandeln nicht an.

Sachverhalt | OLG Düsseldorf 3 Wx 157/22

Der in Guatemala verheiratete Erblasser setzte seine dritte Ehefrau als Alleinerbin und Testamentsvollstreckerin ein. Als Ersatztestamentsvollstrecker für den Fall des Todes seiner Ehefrau bestimmte er die beiden Nichten der Ehefrau. Seinen Sohn bedachte er mit einem Vermächtnis. Das Nachlassgericht ordnete die Nachlasspflegschaft an und erteilte der Witwe das Testamentsvollstreckerzeugnis. Daraufhin überwies diese ohne Absprache mit dem Nachlasspfleger mehrere Millionen US-Dollar aus dem Nachlass nach Guatemala auf ihr eigenes Konto und auf das Konto einer der Nichten sowie auf ein Firmenkonto. Auf Antrag des Sohnes wurde die Ehefrau aus dem Amt der Testamentsvollstreckung entlassen. Danach wurden die beiden Nichten als Ersatztestamentsvollstreckerinnen eingesetzt. Allerdings wurden auch diese auf Antrag des Sohnes wegen der Vermögensverschiebungen aus ihrem Amt entlassen.

Entscheidung | OLG Düsseldorf 3 Wx 157/22

Die dagegen erhobene Beschwerde weist der Senat zurück, da die Voraussetzungen des § 2227 BGB vorliegen.

Zunächst ist der Sohn des Erblassers antragsberechtigt, da er als Vermächtnisnehmer in eigenen Rechten wirtschaftlicher Art unmittelbar von der Testamentsvollstreckung betroffen ist. Zudem setzt der Entlassungsantrag gem. § 2227 BGB voraus, dass der Testamentsvollstrecker bei der Verwaltung oder der Auseinandersetzung des Nachlasses eine Pflichtverletzung begangen hat. Die Pflichtverletzung muss dabei geeignet sein, die berechtigten Belange des betroffenen Miterben zu beeinträchtigen. Außerdem muss die Pflichtverletzung schuldhaft begangen worden sein und eine so grobe Verfehlung darstellen, dass sich daraus ergibt, dass der Testamentsvollstrecker sein Amt nicht ordnungsgemäß ausüben kann. Die dabei durchzuführende Interessenabwägung muss zu einem Ausschluss des Testamentsvollstreckers führen. Hinsichtlich der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist hingegen kein Verschulden erforderlich. Es geht allein darum, ob der Testamentsvollstrecker nach seinen persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten in der Lage ist, das Amt einwandfrei und vollumfänglich auszuüben.

Die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ist weit auszulegen. Sie liegt vor, wenn der Vollstrecker wegen Krankheit, Abwesenheit oder Haft für längere Zeit an der Amtsausübung gehindert ist. Allerdings kann sie sich auch aus den Umständen des Einzelfalles ergeben, wenn diese die fachliche Eignung zur pflichtgemäßen Amtsausübung nachhaltig in Zweifel ziehen. Vorliegend hat die Witwe pflichtwidrig und ohne Beteiligung des Nachlasspflegers beträchtliche Gelder aus dem Nachlass entnommen und weitere Gelder auf Konten Dritter verschoben. Dies lässt schwerwiegende Zweifel an der Redlichkeit und Zuverlässigkeit der Witwe als Testamentsvollstreckerin aufkommen, was zwanglos zu der Feststellung führt, dass ihre Amtsausübung beendet werden muss.

Jedoch haben die als Ersatztestamentsvollstreckerinnen bestimmten Nichten ebenfalls an den pflichtwidrigen Geldüberweisungen mitgewirkt. Indem sie ihre Konten zur Verfügung stellten und die Überweisungen entgegennahmen, gefährdeten sie erheblich die Interessen aller am Nachlass Beteiligten. Dadurch ist auch ihre eigene Redlichkeit und Zuverlässigkeit beeinträchtigt, was zur Annahme einer grob pflichtwidrigen Verhaltensweise auch ohne eigenes schuldhaftes Verhalten führt. Damit sind sie ebenfalls ungeeignet als Testamentsvollstrecker.

Praxishinweis | OLG Düsseldorf 3 Wx 157/22

Das OLG Düsseldorf gibt in seiner vorliegenden Entscheidung zu verstehen, dass ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Testamentsvollstrecker und Geldempfängern den Schluss nach sich zieht, dass all diese Personen als Testamentsvollstrecker ungeeignet und daher aus dem Amt zu entfernen sind.