OLG Saarbrücken 5 W 87/22
Bestellung einer Grundschuld als Verfügung über das gesamte Vermögen

20.03.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Saarbrücken
25.01.2023
5 W 87/22
NJW-RR 2023, 380

Leitsatz | OLG Saarbrücken 5 W 87/22

Nur wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Voraussetzungen des § 1365 I BGB gegeben sind, darf das Grundbuchamt die Zustimmung des anderen Ehegatten oder den Nachweis weiteren Vermögens verlangen. Demgegenüber begründen bloße Zweifel oder abstrakte Vermutungen hinsichtlich des Umfangs des Vermögens und/oder der Kenntnis des Vertragspartners kein Recht und keine Pflicht des Grundbuchamts zu Nachforschungen von Amts wegen oder zur „vorbeugenden“ Anforderung einer Zustimmung des Ehegatten.

Sachverhalt | OLG Saarbrücken 5 W 87/22

Die Antragstellerin ist als Eigentümer eines Grundstückes in das Grundbuch eingetragen. Sie ist im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Durch notarielle Urkunde bestellte die Antragstellerin zur Absicherung eines Darlehens eine Grundschuld nebst Übernahme der persönlichen Haftung i.H.v. 74.000 € nebst Zinsen zugunsten der Beteiligten. Daraufhin begehrte sie die Eintragung des Grundpfandrechts in das Grundbuch.

Das Grundbuchamt machte die Eintragung der Grundschuld von der Vorlage einer Einwilligungserklärung des Ehemanns ab, da es annahm, die Antragstellerin würde über ihr wesentliches Vermögen verfügen. Der Wert des Grundstücks wurde dabei mit 58.045 € geschätzt, anderes Grundeigentum der Antragstellerin war im Saarland nicht eingetragen.

 

Entscheidung | OLG Saarbrücken 5 W 87/22

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet, ein Eintragungshindernis liegt nicht vor. Eine Eintragung im Grundbuch erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht betroffen ist. Dabei leitet sich die verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis von der Befugnis zur sachenrechtlichen Verfügung über das Recht ab. Da das Grundbuchamt nicht daran mitwirken darf, dass das Grundbuch falsch wird, muss es von Amts wegen prüfen, ob der Bewilligende Verfügungsbeschränkungen unterliegt.

Gem. § 1365 I BGB kann sich ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Dieses kann auch einen einzelnen Gegenstand umfassen. Das Vermögen als Ganzes wird angenommen, wenn dem Verfügenden weniger als 10 % (bei kleinerem Vermögen weniger als 15 %) des ursprünglichen Gesamtvermögens verbleibt. Zusätzlich muss der Vertragspartner positiv wissen, dass es sich bei dem in Frage stehenden Verkaufsgegenstand um das nahezu ganze Vermögen des Ehegatten handelt.

Da das Zustimmungsbedürfnis eine Ausnahme von der freien Verfügungsfähigkeit ist, kann das Grundbuchamt in der Regel davon ausgehen, dass § 1365 I BGB nicht vorliegt. Die Zustimmung des Ehegatten oder einen weiteren Vermögensnachweis darf das Grundbuchamt daher nur fordern, wenn es von der Verfügung über ein Vermögen als Ganzes Kenntnis hat oder ganz konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der subjektiven und objektiven Voraussetzungen gegen sind.

Solche Anhaltspunkte bestanden jedoch vorliegend bereits hinsichtlich des objektiven Tatbestandes nicht. Denn weder die notariellen Urkunden noch die Nachforschungen des Grundbuchamtes begründen Zweifel an der Verfügungsbefugnis der Antragstellerin. Das Grundbuchamt hat insbesondere außer Acht gelassen, dass die Antragstellerin auch weiteres Vermögen in Form von Sparvermögen, Grundstücken außerhalb des Saarlands oder sonstigen Vermögenswerten haben könnte.

 

Praxishinweis | OLG Saarbrücken 5 W 87/22

Das OLG Saarbrücken stellt in seiner Entscheidung klar, dass die Zustimmung des anderen Ehegatten gem. § 1365 I BGB nur gefordert werden kann, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Norm gegeben sind. Zweifel oder abstrakte Vermutungen begründen weder eine Pflicht noch ein Recht des Grundbuchamts zu Nachforschungen von Amts wegen.