BFH II R 37/19
Beschränkte Erbschaftsteuerpflicht bei Erwerb durch Vermächtnis

23.10.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
23.11.2022
II R 37/19
juris

Leitsatz | BFH II R 37/19

Das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht.

Sachverhalt | BFH II R 37/19

Die Erblasserin hatte der Klägerin ein Vermächtnis über einen Anteil an einem im Inland belegenen Grundstück zugewandt. Beide hatten keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. 2014 wurde in Erfüllung des Vermächtnisses ein entsprechender Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf die Klägerin übertragen. Daraufhin setzte das beklagte Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer fest.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht war der Auffassung, die Voraussetzungen einer beschränkten Erbschaftssteuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG lägen vor. Das Vermächtnis habe zwar nur einen schuldrechtlichen Anspruch begründet. Durch die Vollziehung des Vermächtnisses habe die Klägerin aber den Miteigentumsanteil an dem Grundstück erhalten. Bei diesem handle es sich um inländisches Grundvermögen i.S.d. § 121 Nr. 2 BewG. Hiergegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung | BFH II R 37/19

Die Revision ist begründet. Der durch das Vermächtnis erworbene Anspruch unterliegt nicht der be-schränkten Erbschaftsteuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 121 Nr. 2 BewG.

Das Vermächtnis als Erwerb von Todes wegen unterliegt grundsätzlich gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftssteuer. Liegt keine unbeschränkte Steuerpflicht vor, tritt nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG die beschränkte Steuerpflicht für Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG ein. Wird jedoch durch Vermächtnis ein Anspruch auf Übertragung eines inländischen Grundstücks erworben und liegen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ErbStG nicht vor, besteht keine beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG.

Die unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG umfasst zwar auch inländisches Grundvermögen gem. § 121 Nr. 2 BewG. Dieses muss aber gerade Gegenstand des Erwerbs sein. Durch ein Vermächtnis wird jedoch nur ein Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben auf Verschaffung des vermachten Gegenstandes begründet. Die Zuweisung geht damit nicht dinglich von selbst über, sondern begründet nur ein Forderungsrecht, das dann dinglich zu erfüllen ist. Dieser schuldrechtliche Anspruch reicht damit nicht aus, um § 121 Nr. 2 BewG zu erfüllen.

Eine erweiternde Auslegung des § 121 BewG auf Vermächtnisse kommt nicht in Betracht. Die Norm ist abschließend und umfasst gerade keine Ansprüche auf Übertragung von Miteigentum. Auch ist eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG i.V.m. § 121 Nr. 2 BewG weder teleologisch noch systematisch angezeigt. Eine solche käme nur in Betracht, wenn die wortgenaue Auslegung zu einem sittenwidrigen Ergebnis führen würde, die vom Gesetzgeber nicht gewollt ist. Ein sittenwidriges Ergebnis ist jedoch nicht gegeben, da bei einem erlangten Sachleistungsanspruch der Inlandsbezug deutlich geringer ist als bei einem Eigentumserwerb ipso iure. Denn es ist nicht vorhersehbar, ob der Anspruch tatsächlich vollzogen wird. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass im Ausland ein Vermächtnis auch dingliche Wirkung haben kann. Denn im Inland war das Vermächtnis bei Tod der Erblasserin als Damnationslegat gemäß § 2174 BGB zu behandeln. Schließlich kann auch weder aus der EU Verordnung Nr. 650/2012 noch dem Urteil des EUGH C-218/16 etwas anderes gefolgert werden, da die Verordnung erst für Todesfälle ab 2015 gilt und Art. 25 des EGBGB ihren Anwendungsbereich zwar sachlich, nicht aber zeitlich ausdehnt.

 

Praxishinweis | BFH II R 37/19

Der BFH trennt in der vorliegenden Entscheidung klar zwischen dem direkten dinglichen Erwerb des Eigentums und dem Erwerb durch Vermächtnis. Nach der derzeitigen Gesetzeslage wird demnach eine beschränkte Steuerpflicht dann nicht eröffnet, wenn der Begünstigte durch das Vermächtnis lediglich den Anspruch auf Übertragung des Eigentums erwirbt. Denn dieser Fall ist in dem abschließenden § 121 BewG nicht genannt. Die Praxis kann folglich den steuerfreien Erwerb inländischer Immobilien durch ausländische Vermächtniseinsetzung als legales Gestaltungsmodell nutzen.