BGH NotSt (Brfg) 3/15
Pflichtwidrige Grundschuldbestellungen durch bevollmächtigte Notariatsmitarbeiter

31.03.2016

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
20.07.2015
NotSt (Brfg) 3/15
DNotZ 2016, 72

Leitsatz | BGH NotSt (Brfg) 3/15

1. Zum Amtspflichtenverstoß eines Notars, der Grundschuldbestellungen ohne sachlichen Grund durch seine in den zugrunde liegenden Grundstückskaufverträgen bevollmächtigten Mitarbeiter beurkundet. (amtlicher Leitsatz)

2. Mitarbeiter des Notars stehen im Pflichtenkreis des Notars und sind deshalb nicht zur einseitigen Interessenwahrnehmung gegenüber dem Erklärungsgegner des Verbrauchers befugt; sie können daher keine Vertrauensperson des Verbrauchers iSd § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG sein.

Sachverhalt | BGH NotSt (Brfg) 3/15

Der Kläger ist Rechtsanwalt und beurkundender Notar in der streitgegenständlichen Sache. Mit seiner Berufung wendet er sich gegen die Dienstpflichtverletzung, die gegen ihn u.a. wegen Beurkundung von 180 Mitarbeitergrundschulden von der zuständigen Notarkammer C. veranlasst wurde. Nach der Richtlinie der Notarkammer C. war dies unzulässig. Der Kläger beruft sich auf Richtlinien anderer Notarkammern wonach die Beurkundung von Mitarbeitergrundschulden nicht pflichtwidrig ist.

Entscheidung | BGH NotSt (Brfg) 3/15

Unstreitig handelt es sich bei der Bestellung von Grundschulden um Verbraucherverträge (zwischen Käufer und Finanzierungsbank) im Sinne des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG (vgl. Senatsbeschl. v. 16.03.2015 – NotSt(Brfg) 7/14). Danach muss der Notar darauf hinwirken, dass rechtsgeschäftliche Erklärungen persönlich oder durch eine Vertrauensperson vor ihm abgegeben werden. Dem Einwand des Klägers, dass seine Mitarbeiter Vertrauenspersonen der Verbraucher sind, ist nicht zu folgen. Vertrauenspersonen handeln im Interesse des Vertretenen. Kein Vertrauensvertreter kann lt. Gesetzgeber sein, wer geschäftsmäßig u.U. mit Eigeninteresse handelt (BT-Drucks. 14/9266, S. 50 f.). Da Mitarbeiter des Notariats zur Neutralität verpflichtet sind, können diese nicht pflichtgemäß ihren Dienst verrichten und gleichzeitig Vertrauensperson einer Partei und somit parteiisch sein.
Dementsprechend sind sie nicht geeignet als einseitige Interessensvertreter des Verbrauchers diesen gegenüber der finanzierenden Bank zu vertreten.


Zusätzlich führt der BGH aus, dass die Grundbuchbestellung sich auch nicht um ein reines Vollzugsgeschäft handele, bei dem §17 BeurkG nicht einschlägig sei. Dies scheide schon aus der Vollziehbarkeit des Grundstückkaufvertrags ohne bestellte Grundschuld aus.
Weiter führt der BGH aus, dass allein die Richtlinien der für den Notar zuständigen Notarkammer C relevant sind. Die Rechtsauffassung anderer Notarkammern ist für ihn unerheblich und entlastet ihn nicht.

Die Notarkammern sind in ihrer Satzungsgewalt daran gebunden, die Regelungen der BnotO zu konkretisieren. Eine widersprüchliche Richtlinie kann somit nicht durch die Notarkammer gefasst werden.

Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat nach Auffassung des Senates gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 BeurkG verstoßen. Das durch die Dienstpflichtverletzung auferlegte Bußgeld wird aufrechterhalten.

Praxishinweis | BGH NotSt (Brfg) 3/15

Nach der Entscheidung des BGH dürfen Grundschulden bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern grundsätzlich nicht durch Mitarbeiter des Notars bestellt werden.
Die Beteiligten sollten – wenn möglich – dem Notariat die Bestellungsunterlagen bereits vor dem Kaufvertragstermin übermitteln. Dann kann die Bestellung der Grundschuld im unmittelbaren Anschluss an die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags erfolgen.