OLG Naumburg 10 U 8/10
Zur Haftung des Maklers aufgrund ausschließlich durch Maklerklausel vermittelter Sonderbeziehung zum Grundstückskäufer

30.04.2014

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Naumburg
15.06.2012
10 U 8/10
IMR 2012, 515

Leitsatz | OLG Naumburg 10 U 8/10

  1. Haben sich die Erwerber eines Grundstücks den Verkäufern gegenüber zur Zahlung der Maklerprovision an den Makler verpflichtet, liegt insoweit ein Vertrag zugunsten eines Dritten vor. Diese vertragsähnliche Sonderverbindung begründet für die Erwerber einen Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Sorgfaltspflichten, wenn der Makler fahrlässig in seinem Kurzexposé unzutreffende Angaben zur Objektbeschreibung und Bauzeit gemacht hat.
  2. Der Schaden liegt dann in dem Betrag, um den die Erwerber das Grundstück im Vertrauen auf die Angaben im Exposé des Maklers überhöht gekauft haben. Hätten die Erwerber aus ihnen vor Vertragsschluss übergebenen Bauzeichnungen den Fehler erkennen können, begründet dies ein Mitverschulden.

Sachverhalt | OLG Naumburg 10 U 8/10

Die Erwerber schlossen 1999 einen Kaufvertrag mit dem Grundstückseigentümer u.a. auf Grundlage eines Exposés, in dem geregelt wurde, dass zusätzlich zum Kaufpreis die Maklercourtage einschließlich Mehrwertsteuer von Erwerber zu tragen ist. Durch die Übernahme der Maklercourtage ist ein „Vertrag zu Gunsten Dritter“ entstanden.

In besagtem Exposé ist die Kaufsache beschrieben als mit einem 1951/1952 in Ziegelbauweise errichtetem Wohnhaus bebaut. Tatsächlich wurde das Wohnhaus allerdings schon 1919 errichtet. Zusätzlich zum Exposé erhielten die Erwerber die vorhanden Bauzeichnungen über das Wohnhaus.

Der Erwerber macht Schadenersatz in Höhe des übersetzten Kaufpreises geltend.

Entscheidung | OLG Naumburg 10 U 8/10

Die Klage des Erwerbers hat dem Grunde nach Erfolg.

Generell gilt der allgemeinen Auffassung nach, dass der Makler nur für unrichtige Angaben aus dem Exposé, das er auf Grundlage von Veräußererinformationen erstellt hat, haftet, wenn er die unrichtigen Angaben positiv kannte oder er ausnahmsweise von einer Erkundigungs- oder Nachprüfungspflicht betroffen ist. Somit leitet sich für den Makler nur eine bedingte Aufklärungspflicht und Sorgfaltspflicht aus dem Maklervertrag ab.

Allerdings ist zwischen den Erwerbern nach Auffassung des Gerichts kein Maklervertrag zu Stande gekommen. Dies kann schon aus dem Umstand abgeleitet werden, dass im Exposé die Verpflichtung zur Übernahme der Maklercourtage durch den Käufer einen Vertrag zu Gunsten Dritter und kein Vertragsverhältnis zwischen Erwerber und Makler begründet wurde.

Der Vertrag zu Gunsten Dritter gem. § 328 BGB entsteht dann, wenn in einem Vertrag zwischen zwei Parteien ein Dritter Ansprüche gegen eine Vertragspartei erhält.

Ausfluss dieses Vertrags zu Gunsten Dritter ist eine Verschärfung der Sorgfaltspflichten des Maklers gegenüber dem Erwerber. Danach hat der Makler den Erwerber vor Vermögensschäden zu bewahren.

Im vorliegenden Fall wusste er Makler bei Erstellung des Exposés, dass der zukünftige Erwerber die Maklercourtage übernehmen würde. Weiter hätte der Makler bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt erkennen können, dass das Wohnhaus nicht erst 1952, sondern aufgrund der Bauweise weit früher errichtet wurde.

Der Schaden setzt sich aus dem Differenzbetrag zwischen den Ertragswerten eines von 1952 gebauten und eines von 1919 gebauten Wohnhauses zusammen.

Allerdings trifft die Erwerber, trotz fehlender baulicher Kenntnisse, ein Mitverschulden von 1/3, da die Überschrift der überreichten Bauzeichnung eine Errichtung von „großen Teilen vor dem Jahr 1952“ besagt.

Praxishinweis | OLG Naumburg 10 U 8/10

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung gibt es eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen über das Zustandekommen von (konkludenten) Maklerverträgen. Dadurch sind die Voraussetzungen für den Makler sowie für den Erwerber kaum zu überblicken.

Dies ist ein Grund, weshalb oft Unklarheiten darüber herrschen, ob ein Maklervertrag zu Stande gekommen ist. Gerade auch deshalb verlangt der Immobilienmakler häufig eine Sicherung seines Provisionsanspruchs durch eine sog. Maklerklausel im notariellen Kaufvertrag. Diese Klausel bietet mehrere Gestaltungsmöglichkeiten, z.B. rein deklaratorisch oder wie im vorliegenden Fall als Vertrag zu Gunsten Dritter.

Allerdings kann durch die Maklerklausel eine „vertragsähnliche Sonderbindung“ entstehen, aus der Schadensersatzansprüche des Erwerbers gegenüber dem Makler entstehen können, so das OLG Naumburg. Das Gericht ist der Meinung, dass das insbesondere dann der Fall ist, wenn durch Übernahme der Maklercourtage ein Vertrag zu Gunsten Dritter gem. § 328 BGB geschlossen wird. Dies hat auch insoweit notarielle Bedeutung, als dass durch eine derartig gestaltete Klausel eine Haftungsverschärfung seitens des Maklers entstehen kann.