BFH i R 59/09
Rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit von gGmbH bei (verdeckter) Ausschüttung des GmbH-Vermögens

20.05.2011

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
12.10.2010
i R 59/09
DStR 2011, 20

Leitsatz | BFH i R 59/09

Ist die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen GmbH nicht während des gesamten Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, führt dies grundsätzlich nur zu einer Versagung der Steuerbefreiung für diesen Besteuerungszeitraum. Schüttet eine gemeinnützige GmbH jedoch die aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter aus, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen § 55 I Nr. 1 bis 3 AO vor, der die Anwendung des § 61 III AO ermöglicht. (Leitsatz des Gerichts)

Sachverhalt | BFH i R 59/09

Die Klägerin (A-GmbH) unterhielt als gemeinnützig anerkannte GmbH eine private Fachhochschule. Die Eheleute A und B waren die alleinigen Gesellschafter. A war bei der Klägerin als Geschäftsführer angestellt. Zunächst erhielt er ein Jahresgehalt von 120.000 DM brutto und ab April 1998, festgeschrieben für fünf Jahre, 240.000 DM brutto. Nach der Veräußerung der Geschäftsanteile an eine weitere gemeinnützige GmbH (für nominal 100.000 DM) wurde 1999 der Geschäftsführervertrag des A mit der A-GmbH gegen eine Abfindungszahlung i.H.v. 1.080.000 DM beendet.

Das Finanzamt erkannte der Klägerin für den gesamten Prüfungszeitraum (1996 bis 1999) wegen schädlicher Mittelverwendung die Gemeinnützigkeit ab. Nach Auffassung der Finanzamts lag in der Abfindung für A ein (verdeckter) Kaufpreis der aus den Mitteln der A-GmbH gezahlt worden sei.

Entscheidung | BFH i R 59/09

Der BFH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die A-GmbH habe den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) verletzt und somit nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Schon das überhöhte Jahresgehalt für 1998 aber insbesondere die (verdeckte) Kaufpreiszahlung an den steuerpflichtigen Gesellschafter A stellt eine Mittelfehlverwendung dar. Durch Kaufpreis und Abfindung sei A für seinen Geschäftsanteil mehr als der Nominalwert zzgl. des gemeinen Werts der von ihm geleisteten Sacheinlagen gezahlt worden. Hierdurch seien ihm über den Kaufpreis unter Umgehung der Einschränkungen des § 55 Abs. 1 Nr. 2 AO Gewinne der A-GmbH und somit gemeinnützigkeitsrechtlich gebundenes Vermögen ausgeschüttet worden. Die tatsächliche Geschäftsführung der Klägerin habe 1998 und 1999 aufgrund der Verstöße gegen das Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 AO) nicht den Vorgaben des § 63 Abs. 1 AO entsprochen. Das Finanzamt habe zu Recht den Gemeinnützigkeitsstatus für den gesamten Prüfungszeitraum (1996 bis 1999) aberkannt. Die Mittelfehlverwendung durch die (verdeckte) Ausschüttung der mit der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne sei ein so schwererwiegender Verstoß gegen den Grundsatz der Vermögensbindung, dass ein gemeinnütziger Zweck der Klägerin von Anfang an nicht gegeben sei.

Praxishinweis | BFH i R 59/09

Dieses Urteil ist in seiner Auswirkung auf gemeinnützige GmbHs aber auch auf gemeinnützige Vereine nicht zu unterschätzen. Durch die rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit wird die Körperschaft für die letzten zehn Jahre als uneingeschränkt steuerpflichtig behandelt. Daneben kann es zu einer Spendenhaftung der Körperschaft selbst oder ihrer Organe kommen