KG 7 U 41/21
Zustimmung zur Eigentumsübertragung vor vollständiger Fertigstellung

08.03.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
18.10.2022
7 U 41/21
NZM 2023, 503

Leitsatz | KG 7 U 41/21

Eine Regelung in einem Bauträgervertrag, nach der der Käufer die Zustimmung des Verkäufers zum Vollzug der Auflassung vor vollständiger Fertigstellung mit dem erreichten Bautenstand verlangen kann, wenn lediglich ein geringer Kaufpreis zur Zahlung offensteht und der Verkäufer mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug geraten ist, ist dahingehend auszulegen, dass jedenfalls ein offenstehender Betrag i.H.v. 8,5 % des Gesamtkaufpreises noch als „geringer Kaufpreis“ im Sinn der Vorschrift anzusehen ist.

Sachverhalt | KG 7 U 41/21

Die Parteien schlossen am 01.08.2014 einen Bauträgervertrag über die Wohnungseinheit Nr. 37 inklusive Tiefgaragenstellplatz ab und vereinbarten einen Kaufpreis von insgesamt 388.800 €. Die Klägerin hat die Rate für die Fertigstellung (3,5 % = 13.608 €) und für die Fertigstellungs-Sicherheit (5 % = 19.440 €) noch nicht bezahlt.

In § 10 III des Vertrags wurde vereinbart, dass die Notarin unwiderruflich angewiesen wird, die Eigentumsumschreibung zu beantragen, wenn der Verkäufer sie schriftlich anweist. Hierzu ist dieser Zug um Zug gegen Entgegennahme der Abnahmeerklärung und des geschuldeten Kaufpreises verpflichtet. Der Käufer kann die Zustimmung des Verkäufers zum Vollzug der Auflassung vor vollständiger Fertigstellung u.a. dann verlangen, wenn lediglich ein geringer Kaufpreis zur Zahlung offensteht und der Verkäufer mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug geraten ist.

Das LG hat nach Abschluss eines Teilvergleichs der Klage stattgegeben.

 

Entscheidung | KG 7 U 41/21

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte, dass diese die Notarin anweist, die in der notariellen Urkunde erklärte Auflassung zu vollziehen und die Eigentumsumschreibung vorzunehmen. Der Auflassungsanspruch entsteht grundsätzlich mit dem Abschluss des wirksamen Bauträgervertrags, die Fälligkeit des Übereignungsanspruchs wurde hinausgeschoben und von der Zahlung der geschuldeten Vergütung abhängig gemacht. Vorliegend konnte die Klägerin trotzdem bereits die Auflassung verlangen, da gem. § 10 des Vertrages nur noch ein geringer Kaufpreis zur Zahlung offensteht und der Verkäufer mit der Beseitigung von Mängeln in Verzug ist.

Wie hoch der noch offenstehende Betrag sein darf ist durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu bestimmen. Es ist davon auszugehen, dass zumindest die Rate für die vollständige Fertigstellung und die Fertigstellungs-Sicherheit noch offen sind. Denn die vollständige Fertigstellung ist so auszulegen, dass nicht nur keine wesentlichen Mängel mehr vorliegen dürfen, die die Abnahme verhindern. Sondern der Bauträger muss sämtliche Restmängel seiner Bauleistung beseitigt haben, um die die Rate für die vollständige Fertigstellung und die Fertigstellungs-Sicherheit verlangen zu können. Somit ist davon auszugehen, dass ein offenstehender Betrag i.H.v. 8,5 % des Gesamtkaufpreises noch als „geringer Kaufpreis“ i.S.d. Vertrages anzusehen ist.

Der Verkäufer ist zumindest mit der Mängelbeseitigung im Hinblick auf das von ihm geschuldeten Blockheizkraftwerk in Verzug. Ursprünglich war vereinbart, dass der Beklagte zur Herstellung der Wohnanlage verpflichtet sei, bei der die Wärmeerzeugung zentral in einem Blockheizkraftwerk mit einem zusätzlichen Spitzenlast-Gasbrennwertkessel erfolgt. Die vollständige Fertigstellung sollte bis zum 30.9.2016 erfolgen. Allerdings wurde das Blockheizkraftwerk mangelhaft hergestellt, da es nicht richtig funktioniert, nicht im nennenswerten Umfang zur Stromgewinnung am Netz gewesen ist und die Schallschutzanforderungen nicht einhält. Eine hinreichende Mangelbeseitigung ist nicht erfolgt. Auch hat die Beklagte die mangelhafte Herstellung durch die ausführende Firma wie eigenes Verschulden zu vertreten.

 

Praxishinweis | KG 7 U 41/21

Das KG stellt fest, dass in einem Bauträgervertrag wirksam vereinbart werden kann, dass der Bauträger der Übertragung des Eigentums auch dann zustimmen muss, wenn der Erwerber einen Teil des Kaufpreises berechtigt zurückhält und der Bauträger mit seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung in Verzug geraten ist. Ein geringer Teil des Kaufpreises umfasst dabei zumindest auch Raten für die vollständige Fertigstellung und die Fertigstellungs-Sicherheit.