OLG Brandenburg 7 W 117/23
Verfügungsgrund und Rechtsverhältnisse einer Gesellschaft

15.04.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
22.11.2023
7 W 117/23
ZIP 2024, 187

Leitsatz | OLG Brandenburg 7 W 117/23

  1. Der unrichtig nicht in die Gesellschafterliste eingetragene Erwerber eines Geschäftsanteils hat zur Begründung eines Anspruchs auf vorläufige Listenkorrektur darzulegen, weshalb eine Sicherungs- oder Regelungsverfügung nicht ausreicht, um ihn vor endgültigen Rechtsverlusten zu bewahren.
  2. Um einen Verfügungsgrund für Sicherungen oder Regelungen in den Rechtsverhältnissen zur Gesellschaft darzulegen, hat der unrichtig nicht in die Gesellschafterliste eingetragene Erwerber eines Geschäftsanteils vorzutragen, welche unwiederbringlichen Beeinträchtigungen seiner Rechte zu befürchten sind und weshalb einstweilige Regelungen zur Rechtswahrung erforderlich sind, weil nachgelagerter Rechtsschutz nicht ausreicht.
  3. Der Wert eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, die sich auf die Regelung oder Sicherung der Rechte aus einer Gesellschaftsbeteiligung beziehen soll, kann mit einem Drittel des Wertes des Geschäftsanteils veranschlagt werden.

Sachverhalt | OLG Brandenburg 7 W 117/23

Der Antragsteller (Ast.) hat im Hauptantrag beantragt, dass das Gericht die Antragsgegnerin (Ag.) durch eine einstweilige Verfügung dazu verpflichtet, eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen. Im Hilfsantrag hat der Antragsteller gefordert, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, ihn als Gesellschafter mit dem zusätzlich erworbenen Geschäftsanteil zu behandeln.

Der Ast. hat gegen den Beschluss des LG Neuruppin vom 23.10.2023 Beschwerde eingelegt. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Entscheidung | OLG Brandenburg 7 W 117/23

Die Beschwerde ist unbegründet, denn es wurde nicht ausreichend dargelegt, weshalb eine Sicherungs- oder Regelungsverfügung nicht ausreicht, um den Ast. vor endgültigen Rechtsverlusten zu bewahren. Es gelten, aufgrund des Gebotes, eine Vorwegnahme der Hauptsache möglichst auszuschließen, hohe Anforderungen.

Sollte der Antragsteller eine Entwertung seiner Beteiligung befürchten, muss er die erwartete Maßnahme der Gesellschaft angeben, um eine entsprechende Anordnung zu erwirken. Bei Bedenken gegen ungünstige Gesellschafterbeschlüsse, die er bei Beachtung seiner geltend gemachten Gesellschafterrechte verhindern oder aufhalten könnte, muss der Antragsteller darlegen, warum eine Anfechtung solcher Beschlüsse und eine einstweilige Untersagung ihres Vollzugs nicht ausreichen. Wenn dies nicht genügt, können durch einstweilige Verfügungen ungünstige Beschlüsse verhindert werden, die die Ausübung der Gesellschafterrechte durch den vermeintlich unrichtig Eingetragenen regeln.

Der Antragsteller hat jedoch nicht überzeugend dargelegt, warum es erforderlich oder notwendig sein sollte, für die Übergangszeit bis zur verbindlichen Entscheidung in der Hauptsache eine neue Liste einzureichen oder die Antragsgegnerin allgemein zu verpflichten, ihn vorläufig wie einen Gesellschafter mit einem weiteren Geschäftsanteil zu behandeln. Der Verweis auf eine Entscheidung des BGH (BGHZ 222, 323 Rn. 37 = NZG 2019, 979) bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste ins Handelsregister ist nicht anwendbar, da der Antragsteller das Ziel verfolgt, eine neue Liste einzureichen, was nicht zu einem vorläufigen Regelungszustand führt. Das Entfernen einer Liste ist nicht vorgesehen, und die einstweilige Verfügung müsste durch eine weitere Leistungsverfügung ersetzt werden, um den Zustand zu ändern. Dies könnte die Verfahrensrolle der Antragsgegnerin umkehren, was nicht angemessen erscheint.

Ein Verfügungsgrund für eine vorläufige Sicherung von Beteiligung ergibt sich hier auch nicht aus einer möglichen Gefährdung von Informations-, Mitwirkungs- oder Beteiligungsrechten. Denn diese wurden nicht ausreichend dargelegt.

Praxishinweis | OLG Brandenburg 7 W 117/23

Gegen rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse kann Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erhoben werden.

Bei drohender Rechtsausübung kann im Eilrechtsschutz anhand einer vorläufigen Sicherungsanordnung Abhilfe gegen die Nichtausübung der Gesellschafterrechte erlangt werden.

Die Zuordnung eines Widerspruchs gem. § 16 Abs. 3 GmbHG kann dagegen bloß einen redlichen Erwerb verhindern und vermittelt keine einstweilige Berechtigung.