FG Köln 10 K 1406/18
Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags

19.07.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

FG Köln
21.06.2022
10 K 1406/18
DStRE 2023, 271

Leitsatz | FG Köln 10 K 1406/18

Ein Gewinnabführungsvertrag ist nur dann tatsächlich durchgeführt, wenn die durch den Gewinnabführungsvertrag begründeten Verpflichtungen innerhalb angemessener Zeit beglichen werden.

Sachverhalt | FG Köln 10 K 1406/18

Die Klägerin, eine GmbH, und A als deren Alleingesellschafter haben 2002 einen Ereignisabführungsvertrag geschlossen. Darin wurde vereinbart, dass die Klägerin als Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organträger A abführen sollte. Der Organträger sollte im Gegenzug einen etwaigen Jahresfehlbetrag ausgleichen. Die Fälligkeit wurde für die Feststellung des Jahresabschlusses vereinbart und der Vertrag für mindesten fünf Jahre geschlossen. Im Laufe der Zeit buchte die Organgesellschaft den abzuführenden Gewinn und die zu zahlenden Zinsen auf das Konto „Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter“. Gegenforderungen oder zum Ausgleich geleistete Zahlungen wurden in den Streitjahren nicht verbucht.

Bei einer Betriebsprüfung stellte die Prüferin fest, dass der Gewinnabführungsvertrag nicht durchgeführt wurde. Grundsätzlich sei die Verbuchung auf ein laufendes Verrechnungskonto zulässig. Auf diesem Verrechnungskonto bedürfe es aber wechselseitiger Ansprüche zwischen Organgesellschaft und Organträger oder zumindest Pauschalzahlungen zum Ausgleich des Kontos. Dies war vorliegend nicht der Fall. Auch sei es zu keinem tatsächlichen Geldfluss zwischen der Organgesellschaft und dem Organträger gekommen. Es bedürfe einer ordnungsgemäßen Verbuchung sowie einer entsprechenden Abführung des Gewinns. Jedoch fand keine Buchung einer gegenläufigen Forderung beim Organträger statt und auch erst 2017 kam es zu einer Aufrechnung mit privaten Verbindlichkeiten des Organträgers. Daher hat die Betriebsprüferin weder eine körperschaftliche noch eine gewerbesteuerliche Organschaft anerkannt.

Im März 2017 erließ der Beklagte geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 und erstmalige Bescheide für die Jahre 2009 bis 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.

 

Entscheidung | FG Köln 10 K 1406/18

Die Klage ist unbegründet. Die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 2009 bis 2011 sowie die Bescheide über die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2009 bis 2011 verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Verpflichtet sich eine GmbH ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S.d. § 14 KStG abzuführen, so gelten die §§ 14 bis 16 KStG entsprechend. Dabei darf eine Gewinnabführung den in § 301 AktG genannten Betrag nicht überschreiten und eine Verlustübernahme muss durch Verweis auf die Vorschriften des § 302 AktG vereinbart sein. Dies ist vorliegend der Fall. Gem. §§ 17 Abs. 1 S. 1, 14 Abs. 1 S. 1 KStG ist das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen, wenn eine finanzielle Eingliederung vorliegt. Diese ist gegeben, wenn der Organträger an der Organgesellschaft ab Beginn des Wirtschaftsjahrs in einem solchen Maße beteiligt ist, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte zusteht. Der Organträger muss eine natürliche Person oder eine nicht von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft oder Personenvereinigung sein und der Gewinnabführungsvertrag muss mindestens auf fünf Jahre geschlossen sein. All diese formellen Voraussetzungen waren gegeben, durch As 100%ige Anteilseignerschaft wurde die Klägerin finanziell in As Einzelunternehmen eingegliedert.

Allerdings wurde der Gewinnabführungsvertrag nicht wirksam durchgeführt. Ein Vollzug setzt voraus, dass die ermittelten Gewinne durch Zahlung oder durch eine zur Anspruchserfüllung führenden Aufrechnung abgeführt werden. Ein Verbindlichkeitsnachweis in der Bilanz der Organgesellschaft reicht nicht aus, die Organgesellschaft muss die Verbindlichkeit gerade auch zeitnah erfüllen. Vorliegend entstand der Gewinnabführungsanspruch des Organträgers mit Ablauf der Bilanzstichtage und wurde mit Bilanzfeststellung des Organträgers fällig. Nach herrschender Ansicht, der sich auch das FG Köln anschließt, müssen die entstandenen Verpflichtungen zeitnah beglichen werden, damit der abzuführende Gewinn auch der richtigen Besteuerung unterworfen wird. Die Buchung auf ein Verrechnungskonto ist nicht ausreichend, da sie allein die Verbindlichkeit der Organgesellschaft ausweist. Auch die Aufrechnung im Jahr 2017 für die Besteuerungszeiträume 2009 bis 2011 kommt keiner Erfüllung innerhalb angemessener Zeit gleich, weil sie erst Jahre nach dem Bilanzstichtag und der Fälligkeit und damit nicht zeitnah erfolgte. Schließlich hat die Klägerin ihren vollen Gewinn nicht abgeführt, denn durch die Anweisung von A, die Beträge im Wege des verkürzten Zahlungsweges zur Verrechnung seiner privaten Schulden an eine Gesellschaft zu überweisen, ist der Gewinnteil nicht an das Einzelunternehmen abgeführt worden.

Da hier der Gewinnabführungsvertrag nicht wirksam durchgeführt wurde, wird die körperschaftliche Organschaft nicht anerkannt. Daher besteht auch keine gewerbesteuerliche Organschaft.

 

Praxishinweis | FG Köln 10 K 1406/18

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung und Rechtsfortbildung zugelassen und ist unter dem Aktenzeichen BFH I R 37/22 anhängig. Es bleibt daher abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird.