KG 22 W 36/22
Nachweis der Amtsniederlegung durch rein elektronisch erstellte Unterlagen

27.03.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
30.06.2022
22 W 36/22
GmbHR 2022, 1191

Leitsatz | KG 22 W 36/22

Zum Nachweis der Beendigung der Vertretungsbefugnis durch Amtsniederlegung eines Geschäftsführers hat der anmeldende Geschäftsführer Unterlagen vorzulegen, aus denen sich der Zugang der Niederlegungserklärung bei dem Bestellungsorgan ergibt. Als Unterlage kommt auch das rein elektronisch erstellte Protokoll einer Gesellschafterversammlung in Betracht.

Sachverhalt | KG 22 W 36/22

Mit einer notariell beglaubigten elektronischen Erklärung vom 01.03.2022 meldete der Beteiligte zu 2, der als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 eingetragen ist, sein Ausscheiden als Geschäftsführer zum Register an. Der Anmeldung war das undatierte Protokoll einer Gesellschafterversammlung als elektronisches Dokument beigefügt, das die Erklärung der Beteiligten zu 2 über seine Niederlegung aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung enthält. Darüber hinaus haben die Gesellschafter der Abtretung der Geschäftsanteile des Beteiligten zu 2 an die Gesellschaft im Beschlusswege zugestimmt. Die Unterschriften der Gesellschafter bzw. ihrer Organvertreter enthalten den Vermerk „DocuSigned“.

Das AG teilte mit Schreiben vom 15.03.2022 mit, dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne. Der Gesellschafterbeschluss nebst weiterer Erklärungen sei mithilfe des Programms „DocuSign“ elektronisch unterzeichnet. Diese Signatur könne durch das Registergericht nicht überprüft werden, so dass nicht von wirksamen Unterschriften ausgegangen werden könne. Die Unterschrift werde in Abwesenheit des Unterzeichners durch den Dienstleister vorgenommen. Vorzulegen seien deshalb ein von dem Beteiligten zu 2 und einem weiteren Gesellschafter unterzeichneter Gesellschafterbeschluss nebst weiterer Erklärungen.

Entscheidung | KG 22 W 36/22

Das KG stellte fest, dass die in der Zwischenverfügung aufgeführten Eintragungshindernisse nicht bestünden und diese daher aufzuheben sei. Das AG habe neu über den Eintragungsantrag zu entscheiden.

Die formellen Voraussetzungen für den Vollzug der beantragten Entscheidung lägen vor. Der Beteiligte zu 2 sei anmeldebefugt, weil sein Amt erst mit der Eintragung ende. Die entsprechende Bedingung beziehe sich nicht auf die Anmeldung als Verfahrenshandlung, die bedingungsfeindlich sei.

Es lägen auch alle notwendigen Unterlagen zum Vollzug des angemeldeten Ausscheidens des Geschäftsführers vor.

Gem. § 39 Abs. 2 GmbHG seien der Anmeldung über die Veränderungen in den Personen der Geschäftsführung die Urkunden über die Bestellung oder Beendigung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift beizufügen. Wegen der Form der einzureichenden Unterlagen gelte seit der Einführung des elektronischen Handelsregisters nach § 8 Abs. 5 GmbHG die Regelung des § 12 Abs. 2 HGB entsprechend. Danach seien Dokumente elektronisch einzureichen. Soweit eine Urschrift einzureichen sei, reiche danach die Einreichung einer elektronischen Aufzeichnung. Im Falle einer Amtsniederlegung sei aus diesem Grund die Amtsniederlegung und ihr Zugang bei mindestens einem der Gesellschafter durch eine elektronische Aufzeichnung nachzuweisen.

Im zu entscheidenden Fall lägen solche Unterlagen vor. Aus dem eingereichten Protokoll ergebe sich, dass der Beteiligte zu 2 den anderen Gesellschaftern gegenüber die Niederlegung seines Geschäftsführeramts aufschiebend bedingt erklärt habe. Damit seien Abgabe und Zugang beim Bestellungsorgan belegt. Es werde vom AG auch nicht bezweifelt, dass die Niederlegung so erfolgt sei.

Das KG führt aus, dass das Protokoll in ausreichender Form eingereicht worden sei, auch wenn der Signierablauf nahelege, dass es originär elektronisch erstellt worden sei. Selbst ein solches Dokument genüge den Anforderungen nach § 12 Abs. 2 S 2 Hs. 1 HGB. Das KG geht nicht davon aus, dass ein elektronisches Dokument immer aus einem Papierdokument zu erstellen sei. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Begriff der Aufzeichnung. „Aufzeichnung“ könne auch die Festhaltung des zu dokumentierenden Vorgangs bezeichnen. Es sei ausreichend ein Dokument zu erstellen, das dauerhaft wiedergegeben werden könne. Nach § 48 Abs. 2 GmbHG könnten auch Beschlüsse der Gesellschafter in Textform gefasst werden. Das KG geht davon aus, dass wenn eine elektronische Aufzeichnung ausreiche, es auch nicht erforderlich sei, dass diese durch den Notar erstellt werde.

Das KG stellt abschließend fest, dass es sich auch materiell-rechtlich um eine wirksame Niederlegung des Geschäftsführeramtes handelt. Die Niederlegungserklärung könne formfrei abgegeben werden. Soweit das AG bemängele, eine Fernbeglaubigung nach dem Verfahren docuSign sei nicht rechtswirksam, komme es hierauf daher nicht an. Dies gelte erst recht für die Unterschriften der beiden weiteren Gesellschafter, die im Zusammenhang mit der Niederlegung überhaupt keine Willenserklärungen abgeben müssten. Die aufschiebend bedingte Niederlegung sei wirksam.

Praxishinweis | KG 22 W 36/22

Für die Praxis ist es zu begrüßen, dass das KG das Einreichen mit DocuSign als digitale Signatur-Lösung als elektronische Aufzeichnung i. S. v. § 12 Abs. 2 HGB anerkannt hat. Gerade für internationale Gesellschaften oder solche mit großem Gesellschafterkreis ist die Digitalisierung ein echter Mehrwert. In der Registerpraxis ist aber leider noch häufig zu sehen, dass Stimmabgaben per Mail oder DocuSign nicht akzeptiert werden. S. hierzu auch Wüllrich, GWR 2022, 346; Schütz, MittBayNot 2022, 424.