OLG Frankfurt am Main 13 U 84/21
Maklervertrag: Zustandekommen bei ausdrücklichem Provisionsverlangen

08.03.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Frankfurt am Main
06.07.2022
13 U 84/21
BeckRS 2022, 17338

Leitsatz | OLG Frankfurt am Main 13 U 84/21

Von einem Maklervertrag ist immer dann auszugehen, wenn der Makler ein Grundstück unter Hinweis auf die Provisionspflicht anbietet und ein Interessent sich Objektangaben machen lässt und weitere Maklerdienste in Anspruch nimmt. Dies gilt auch für eine Anzeige im Internet.

Sachverhalt | OLG Frankfurt am Main 13 U 84/21

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Maklerlohnansprüche für die Vermittlung des Abschlusses von zwei Kaufverträgen über zwei geltend. Sie war von den jeweiligen Eigentümern im Rahmen eines Alleinauftrags beauftragt worden. Der Vertrag über das Grundstück in Straße1 enthielt eine Klausel, wonach die Klägerin für den Fall des Verkaufs an einen Interessenten, der sich direkt an die Eigentümer wendet, von diesen 10.000,00 € erhalten sollte. Diesen Betrag haben die Eigentümer später an die Klägerin gezahlt.

Die Klägerin hat die Immobilie durch Exposés beworben. Am 04.12.2018 wandte sich die Beklagte mit der Bitte um Übersendung der Exposés und Objektdaten für die beiden streitgegenständlichen Grundstücke an die Klägerin. In der Anzeige der Klägerin war - fettgedruckt - auf die Provisionspflicht für Käufer in Höhe von 5,9 % hingewiesen worden. Entsprechend ihrer Anfrage erhielt die Beklagte noch am selben Tag von der Klägerin das verlangte Exposé und auch den Namen und die Anschrift des von den Verkäufern bevollmächtigten Streithelfers. Sowohl bereits am 04.08.2018 als auch in der Folgezeit nutzte die Beklagte zusätzlich den von der Klägerin zur Verfügung gestellten "360°-Rundgang" durch die Immobilien. Am 05.08.2018 stellte die Beklagte zusätzlich bei der Klägerin eine Besichtigungsanfrage, die sie letztlich mit der - unwahren - Begründung zurücknahm, dass sie ein anderes Objekt gefunden hätte.

Mit notariellen Verträgen vom 18.12.2018 bzw. 06.06.2019 erwarb die Beklagte die beiden Hausgrundstücke von den jeweiligen Eigentümern. Die Rechnung der Klägerin vom 31.07.2018 über einen Maklerlohn für die Vermittlung der streitgegenständlichen Grundstücke in Höhe von insgesamt 72.590,00 € hat die Beklagte nicht bezahlt.

Die Klägerin hat klageweise behauptet, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Maklervertrag zustande gekommen ist. Sie habe (mit-)ursächliche Maklerleistungen durch die Übersendung der Exposés, den erforderlichen Objektdaten, dem Namen und der Anschrift des von den Verkäufern benannten bevollmächtigten Zeugen sowie die Zurverfügungstellung des "360°- Rundgangs" erbracht.

Das LG Darmstadt hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei dafür beweisfällig geblieben, dass die Parteien einen Vertrag geschlossen hätten und dass ihre Tätigkeit kausal für den Abschluss der Hauptverträge gewesen sei. Grundsätzlich sei ein konkludenter Vertragsschluss möglich, ein solcher läge hier aber nicht vor. Dies folge daraus, dass nicht auszuschließen sei, dass die Klägerin, wie behauptet, Vorkenntnis gehabt habe.

Entscheidung | OLG Frankfurt am Main 13 U 84/21

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 652 I 1 BGB zu.

Das Zustandekommen eines Maklervertrages setzt übereinstimmende Willenserklärungen des Maklers und Interessenten i.S.v. Angebot und Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB voraus, die auf den Abschluss eines Maklervertrages gerichtet sind. Erforderlich ist somit bei den Beteiligten ein Verhalten, das als entsprechende Willenserklärung gewertet werden kann. Hierbei wird ein Angebot des Maklers häufig in der Übermittlung eines Exposés mit Provisionsverlangen zu erblicken sein. Erforderlich ist aufseiten des Interessenten mindestens, dass er Maklerdienste entgegennimmt und dabei weiß oder wissen muss, dass der Makler hierfür von ihm bei Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrages eine Vergütung verlangen wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn er weitere Maklerleistungen nachfragt oder deutlich erkennbar gegen Entgelt angebotene Dienste in Anspruch nimmt. Hier hat sich die Beklagte unstreitig auf das geschaltete Internetinserat der Klägerin gemeldet, aus dem sich zweifelsfrei die Provisionspflicht des Käufers ergab. Weiterhin hat sie eine Reihe von Maklerleistungen in Anspruch genommen. Folglich ist bereits von einem Zustandekommen eines Maklervertrages zwischen den Parteien auszugehen.

Davon zu unterscheiden ist der zusätzlich erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den erbrachten Maklerleistungen und dem Vertragsschluss. Die Leistung des Maklers muss dabei für den Abschluss zumindest mitursächlich gewesen sein. Zwar ist der Senat grundsätzlich an die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen gebunden, er ist aber nicht an offensichtlich unzutreffende tatsächliche Feststellungen des Vorderrichters gebunden, wenn sich dies eindeutig und zweifelsfrei aus dem Akteninhalt - wie vorliegend – ergibt.

Auf die Vorkenntnis der Beklagten kommt es bereits aus Rechtsgründen nicht an, da es nach obergerichtlicher Rechtsprechung (vgl. OLG Koblenz in NJW-RR 1989, 1210) einem Interessenten, der in Kenntnis des Provisionsverlangens und unter Inanspruchnahme von Maklerleistungen einen Maklervertrag abgeschlossen hat, verwehrt ist, sich später auf seine Vorkenntnis zu berufen, wenn er - wie vorliegend - Maklerleistungen entgegennimmt, ohne hierbei auf seine bereits bestehende Vorkenntnis hinzuweisen.

Das Landgericht hätte aber ohnehin den ursächlichen Zusammenhang zwischen den Maklerleistungen und dem Zustandekommen der Verträge annehmen müssen. Es gilt die vom BGH entwickelte Vermutungsregel, wonach eine für den Hauptvertrag ursächliche Maklertätigkeit dann zu vermuten ist, wenn die Hauptverträge in einem angemessenen Zeitraum nach der Maklertätigkeit abgeschlossen worden sind. Hinsichtlich der Beweislast würde etwas anderes nur dann gelten, wenn die Beklagte, was ihr auch nach Auffassung des Landgerichts nicht gelungen ist, Umstände nachgewiesen hätte, die ausnahmsweise für die fehlende Kausalität sprechen würden. Somit hätte die Beklagte den Nachweis ihrer Vorkenntnis nicht erbracht.

Schließlich steht dem Maklerlohnanspruch auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin bereits von den Streithelfern eine Provision i.H.v. 10.000,00 € erhalten hat. Denn zum einen ist zwischen den einzelnen bestehenden Vertragsverhältnissen zu unterscheiden. Zum anderen ist es der Klägerin nicht verwehrt, sowohl mit der Verkäufer- als auch der Käuferseite Maklerverträge abzuschließen. Ebenso wenig vermag der Senat in der Rechnungsstellung der Klägerin gegenüber den Streithelfern gleichzeitig eine Erklärung dahingehend zu erkennen, dass hierdurch etwa eingestanden würde, keine zumindest mitursächliche Maklerleistung gegenüber der Beklagten erbracht zu haben. Aus den vorstehenden Gründen kann es daher im vorliegenden Rechtsstreit auch dahinstehen, ob die Streithelfer gegen die Klägerin Erstattungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 BGB zustehen.

Praxishinweis | OLG Frankfurt am Main 13 U 84/21

Ein Maklervertrag setzt übereinstimmende Willenserklärungen des Maklers und Interessenten voraus. Hierbei liegt ein Angebot des Maklers häufig in der Übermittlung eines Exposés mit Provisionsverlangen. Der Interessent muss Maklerdienste entgegennehmen und wissen, dass der Makler hierfür von ihm eine Vergütung verlangen wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn er weitere Maklerleistungen nachfragt oder deutlich erkennbar gegen Entgelt angebotene Dienste in Anspruch nimmt.

Auf die Vorkenntnis der Beklagten kommt nicht an, wenn der Interessenten einen Maklervertrag abgeschlossen hat und Maklerleistungen entgegennimmt, ohne hierbei auf seine bereits bestehende Vorkenntnis hinzuweisen.

Des Weiteren gilt die Vermutungsregel für die Ursächlichkeit des BGH, wonach eine Maklertätigkeit dann zu vermuten ist, wenn die Hauptverträge in einem angemessenen Zeitraum nach der Maklertätigkeit abgeschlossen worden sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beklagte Umstände nachweist, die ausnahmsweise für eine fehlende Kausalität sprechen würden.