BGH II ZB 10/22
Keine Eintragung des Gewinnabführungsvertrags bei der berechtigten Gesellschaft

21.07.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
31.01.2023
II ZB 10/22
DStR 2023, 717

Leitsatz | BGH II ZB 10/22

Der zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehende Gewinnabführungsvertrag kann nicht im Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden.

Sachverhalt | BGH II ZB 10/22

Die Antragstellerin (GmbH) ist alleinige Gesellschafterin der E GmbH. Im März 2020 schlossen die beiden einen Gewinnabführungsvertrag, in dem vereinbart war, dass die E GmbH ihren gesamten Gewinn an die Antragstellerin abführen sollte. Die Gesellschafter der GmbHs beschlossen die Zustimmung zum Gewinnabführungsvertrag, der am 5.8.2020 in das Handelsregister der E GmbH eingetragen wurde. Die Antragstellerin hat ebenfalls den Gewinnabführungsvertrag zur Eintragung im Handelsregister angemeldet. Das Registergericht hat den Antrag abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.

Entscheidung | BGH II ZB 10/22

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

Grundsätzlich ist umstritten, ob ein Unternehmensvertrag zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Handelsregister der Obergesellschaft einzutragen ist. Hierzu wird vertreten, dass eine solche Eintragung verpflichtend, Voraussetzung für die Vertragswirksamkeit, möglich, zumindest nicht gelöscht werden muss oder aber gerade nicht möglich ist. Vorliegend schließt sich der Senat der Ansicht an, dass ein zwischen zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehender Gewinnabführungsvertrag nicht in das Handelsregister der Obergesellschaft eingetragen werden kann.

Grundsätzlich werden in das Handelsregister nur Tatsachen und Rechtsverhältnisse eingetragen, die eintragungspflichtig oder -fähig sind. Eine Eintragungsfähigkeit kann sich auch gewohnheitsrechtlich ergeben. Schließlich ist ausnahmsweise aufgrund der Publizitätsfunktion des Handelsregisters auch dann eine Eintragung möglich, wenn ein erhebliches Bedürfnis an der entsprechenden Information besteht. In allen anderen Fällen ist jedoch Zurückhaltung geboten, um das Handelsregister nicht unübersichtlich oder missverständlich zu machen.

Zunächst ist der Gewinnabführungsvertrag aufseiten der Antragstellerin weder eintragungspflichtig noch eintragungsfähig. Im Grundsatz wurde der Gewinnabführungsvertrag als Unternehmensvertrag nur für die Verpflichtung einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien gesetzlich geregelt. Bei einem solchen Vertrag mit einer GmbH als Untergesellschaft, sind die bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrags geltenden Formvorschriften (§§ 53, 54 GmbHG) entsprechend anzuwenden. Dies ist der Fall, da der dadurch entstehende Eingriff die Grundstruktur der GmbH ändert und ihm eine Bedeutung zukommt, die einer Satzungsänderung gleichkommt. Somit bedarf es für die materielle Wirksamkeit des Vertrags u.a. der Eintragung des Unternehmensvertrags in das Handelsregister, § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 GmbHG analog. Ein Eintragungserfordernis auf Seiten der Obergesellschaft kann aber nicht aus § 54 Abs. 1 S. 1 GmbHG abgeleitet werden, da der Abschluss des Beherrschungsvertrags aufseiten der Obergesellschaft nicht einer Satzungsänderung entspricht. Auch aus § 294 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AktG ergibt sich ein solches Erfordernis nicht, weil die Norm ihrem Wortlaut nach, nur auf die Untergesellschaft anzuwenden ist. Ein gewohnheitsrechtlich begründetes Eintragungserfordernis scheitert bereits an einer fehlenden ständigen, gleichmäßigen und allgemeinen Übung. Schließlich ist auch eine Eintragungsfähigkeit aufgrund eines erheblichen Bedürfnisses abzulehnen. Zwar haben im Zweifelsfall Gläubiger und zukünftige Gesellschafter ein Interesse an dem Bestand eines Gewinnabführungsvertrags. Denn die Verlustübernahmepflicht und Pflicht zur Sicherheitsleistung sind von zentraler Bedeutung. Auch tritt bei der Gesellschaft insofern eine Veränderung in der Organisationsstruktur ein, dass die Geschäftsrisiken der Untergesellschaft nicht ihrer unmittelbaren Leitung unterliegen. Allerdings könnte eine fakultative Eintragung auch zu Unsicherheiten über den Bestand eines Gewinnabführungsvertrags führen. Das Gesetz sieht eintragungsfähige Tatsachen in Fällen vor, in denen an die Eintragung bestimmte Rechtsfolgen geknüpft werden. Dies ist z.B. bei einem Gewinnabführungsvertrag hinsichtlich der Untergesellschaft der Fall, da dieser erst durch die Eintragung wirksam wird. Bei der Obergesellschaft könnte aber nur dann eine besondere Informationsfunktion angenommen werden, wenn bei Nichteintragung des Vertrags auch davon ausgegangen werden kann, dass ein solcher nicht besteht. Bei einer fakultativen Eintragung ist dies aber gerade nicht der Fall.

 

Praxishinweis | BGH II ZB 10/22

Der BGH stellt in dem vorliegenden Urteil klar, dass ein Gewinnabführungsvertrag auf Seiten der Obergesellschaft nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann. Insbesondere kann ein solches Eintragungserfordernis nicht aufgrund eines erheblichen Informationsbedürfnisses angenommen werden. Der Senat macht deutlich, dass eine fakultative Eintragung solcher Verträge vielmehr zu Unsicherheiten führen kann, da aus einer fehlenden Eintragung nicht geschlossen werden kann, dass ein Gewinnabführungsvertrag nicht besteht.