AG Köln 203 C 144/22
Kein Anspruch des Erben, der infolge einer Teil-Erbauseinandersetzung in das Grundbuch als Eigentümer übertragen wurde, auf Herausgabe der Wohnung wegen Eigenbedarfs

06.10.2023

Leitsatz | AG Köln 203 C 144/22

Bei einer Mehrheit von Vermietern muss die Kündigung, um wirksam zu sein, von allen Vermietern oder in ihrem Namen erfolgen, es sei denn, einer der Vermieter oder ein Dritter ist berechtigt, die Kündigung im eigenen Namen auszusprechen.

Sachverhalt | AG Köln 203 C 144/22

Es handelt sich um einen Rechtsstreit bezüglich einer 81 Quadratmeter großen 3-Zimmer-Wohnung. Die ursprüngliche Eigentümerin war die Mutter des Klägers. In einem gemeinschaftlichen notariellen Testament vom 04.12.2002 setzte sie ihren Ehemann als Nießbraucher ein, während der Kläger und seine beiden Schwestern jeweils zu einem Drittel als Erben eingesetzt wurden.

Nach dem Tod der Mutter im Jahr 2004 wurden der Kläger und seine Schwestern als Eigentümer in Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2016 schlossen die Beklagten einen Mietvertrag mit dem Nießbraucher ab, der das lebenslange Nießbrauchrecht an der Wohnung hatte.

Nach dem Tod des Nießbrauchers im Jahr 2017 vereinbarten der Kläger und seine Schwestern eine Teil-Erbauseinandersetzung, bei der die streitgegenständliche Wohnung auf den Kläger übertragen wurde. Der Kläger wurde alleiniger Eigentümer und trat auch die Mietzinsansprüche gegen den Mieter ab.

Der Kläger informierte die Beklagten im Dezember 2019 darüber, dass er den Vertrag mit der Hausverwaltung gekündigt hatte und bat sie, die Miete auf sein Konto zu überweisen. Er übersandte den Beklagten auch die Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2019, 2020 und 2021.

Im Februar 2021 verlangte der Kläger eine Mieterhöhung, die die Beklagten akzeptierten. Im Februar 2022 kündigte der Kläger den Beklagten wegen Eigenbedarfs, woraufhin die Beklagten der Kündigung unter Berufung auf § 574 BGB widersprachen.

Der Kläger behauptet, er benötige die Wohnung für seine 19-jährige Tochter, die eine Lehre als Konditorin in Köln begonnen habe. Er sei der alleinige Vermieter geworden und habe einen konkludenten Mietvertrag mit den Beklagten abgeschlossen.

Die Beklagten bestreiten, dass der Kläger aktivlegitimiert ist, er nicht Vermieter geworden sei und insbesondere § 566 BGB keine Anwendung findet und behaupten, dass der Eigenbedarf vorgeschoben sei.

 

Entscheidung | AG Köln 203 C 144/22

Die Klage hat vor dem Amtsgericht keinen Erfolg, da unter keinen Umständen weder gemäß § 546 Abs. 1 BGB noch gemäß § 985 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der Wohnung von den Beklagten besteht.

Gemäß § 546 Abs. 1 BGB setzt ein Herausgabeanspruch voraus, dass das Mietverhältnis zwischen den Beklagten und dem Kläger nicht mehr besteht. Im vorliegenden Fall besteht das Mietverhältnis jedoch fort, da keine wirksame Kündigung vorliegt.

Gemäß § 985 BGB kann einem Herausgabeanspruch des Eigentümers ein aus dem Mietvertrag resultierendes Besitzrecht entgegengesetzt werden. Auch dieser Anspruch besteht nicht, da das Mietverhältnis zwischen den Beklagten und dem Kläger weiterhin besteht.

Der Kläger ist weiterhin an das Mietverhältnis mit den Beklagten gebunden, da keine wirksame Kündigung erfolgt ist. Gemäß allgemeinem Verständnis muss bei einer Mehrheit von Vermietern die Kündigung von allen Vermietern oder in deren Namen erfolgen, es sei denn, einer der Vermieter oder ein Dritter ist zum Ausspruch der Kündigung im eigenen Namen befugt. Im vorliegenden Fall besteht eine Mehrheit von Vermietern, da der Kläger und seine Schwestern gemeinsam Vermieter sind. Der Kläger hat nicht im Namen aller Vermieter gehandelt und war auch nicht dazu ermächtigt, im eigenen Namen zu handeln.

Der Kläger kann nicht als alleiniger Vermieter angesehen werden. Der ursprüngliche Vermieter war der Nießbraucher, und nach dessen Tod ging das Mietverhältnis entweder gemäß §§ 1056 Abs. 1, 566 Abs. 1 BGB oder unmittelbar nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Kläger und seine Schwestern als Erbengemeinschaft über. Der Kläger ist nicht durch eine Teil-Erbauseinandersetzung alleiniger Vermieter geworden. Auch § 566 BGB, der die Übertragung der Vermieterstellung bei Veräußerung an einen Dritten regelt, findet keine Anwendung, da die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist und die Erben jeweils persönlich Vermieter sind.

Eine einvernehmliche Vertragsänderung, durch die der Kläger alleiniger Vermieter geworden wäre, liegt ebenfalls nicht vor. Es fehlt an übereinstimmenden Willenserklärungen der Miterbinnen, des Klägers und der Beklagten.

Insgesamt ergibt sich somit kein rechtlicher Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Wohnung von den Beklagten.

 

Praxishinweis | AG Köln 203 C 144/22

Bei der Kündigung eines Mietverhältnisses muss der Kündigende sicherstellen, dass er alle erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, einschließlich der Zustimmung aller Vermieter oder einer Person, die bevollmächtigt ist, im Namen aller Vermieter zu handeln.

Darüber hinaus sollte nach einem Eigentümerwechsel immer geprüft werden, ob der Übergang des Mietverhältnisses mit dem Eigentümerwechsel erfolgen soll. Dazu bedarf es übereinstimmender Willenserklärungen aller Beteiligten.