OLG Celle 9 W 81/22
Gründung einer Unternehmergesellschaft; Errichtung einer sogenannten Einheitsgesellschaft

03.02.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Celle
10.10.2022
9 W 81/22
ZIP 2022, 2441

Leitsatz | OLG Celle 9 W 81/22

Eine Unternehmergesellschaft kann nicht von einer Kommanditgesellschaft als Alleingesellschafterin gegründet werden, die ihrerseits erst zeitgleich mit der Unternehmergesellschaft als einziger Komplementärin gegründet wird.

Sachverhalt | OLG Celle 9 W 81/22

Die Gesellschafter meldeten am 16.08.2022 die am selben Tag als Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) vermeintlich gegründete Beschwerdeführerin zur Eintragung in das Handelsregister an.
Ausweislich des beigefügten Gründungsprotokolls soll die - ebenfalls erst am 16.08.2022 vermeintlich gegründete S. KG - alleinige Gesellschafterin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft sein. Die alleinige Komplementärin der S. KG wiederum soll die betroffene (Vor-) Gesellschaft sein, so dass insgesamt eine Einheitsgesellschaft zur Entstehung gebracht werden soll.

Das Registergericht hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2.09.2022 zurückgewiesen. Die Gesellschaft sei nicht wirksam gegründet worden, weil die gründende Alleingesellschafterin ohne wirksam gegründete persönlich haftende Gesellschafterin noch nicht existiere. Es liege daher ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor.

Dagegen wendet sich die betroffene (Vor-) Gesellschaft mit Beschwerde vom 15.09.2022. Sie meint, die Gleichzeitigkeit ihrer eigenen Gründung und der Gründung der sie gründenden KG sei unschädlich; die Auffassung des Registergerichts erweise sich als reine Förmelei. Zudem habe eine unterstellte Unwirksamkeit ihrer eigenen Gründung (also der Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft) zur Folge, dass dann ihre Gründerin, die S. KG, zunächst in der Rechtsform einer OHG entstanden sei. Zumindest diese sei dann als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft anzusehen, so dass diese wirksam gegründet wurde und in das Handelsregister einzutragen sei.

Entscheidung | OLG Celle 9 W 81/22

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet. Das Registergericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft mangels Existenz der Gründerin unwirksam war. Die Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft, die S. KG, existierte zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die betroffene (Vor-) Gesellschaft vermeintlich gegründet hat, noch nicht, weil es ihr an einer existenten Komplementärin fehlte. Diese Komplementärin sollte gerade erst die betroffene (Vor-) Gesellschaft werden.

Dies ist keine bloße Förmelei, sondern Ausdruck zwingender Logik. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft kann nicht vor ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und Vertreterin ihrer eigenen Gründerin auftreten; eine mangels Komplementärin noch nicht existente KG aber kann ihrerseits keine andere Gesellschaft gründen.

Der im Streitfall gewählte Weg einer quasi gleichzeitigen Gründung von KG und Komplementärin wird nirgends vertreten, die betroffene (Vor-) Gesellschaft zeigt Entsprechendes auch nicht auf. Mit ihrer Auffassung, ihre Gründung sei zumindest deshalb wirksam erfolgt, weil zwischen den übrigen Gesellschaftern der S. KG jedenfalls eine OHG begründet worden sei, die ihrerseits dann sie - die betroffene (Vor-) Gesellschaft - habe gründen können, vermag die betroffene (Vor-) Gesellschaft nicht durchzudringen. Zum einen sind die übrigen potenziellen Gesellschafter der S. KG ausdrücklich übereingekommen, eine Kommanditgesellschaft zu gründen. Der Wille, an deren Stelle ggf. auch eine OHG zu gründen, kann - abgesehen von dem explizit anderen Wortlaut und Inhalt der Anmeldung - schon deshalb nicht angenommen werden, weil dies für die dort Beteiligten mit einem anderen Haftungsregime verbunden wäre. Zum anderen ist vorliegend ausdrücklich die S. KG als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft bezeichnet und in der Anmeldung als Alleingesellschafterin angegeben worden. Für die Annahme, stattdessen sei eine - nicht näher bezeichnete - OHG Gründerin und Gesellschafterin, bleibt daher schlicht kein Raum.

Nichts anderes folgt schließlich daraus, dass eine GmbH grundsätzlich Komplementärin in einer KG sein kann. Denn im Streitfall geht es nicht um die Frage, ob die betroffene (Vor-) Gesellschaft vor ihrer Eintragung in das Handelsregister bereits die Stellung einer Komplementärin in einer KG übernehmen kann. Vielmehr ist hier die vorgelagerte Frage zu beantworten (und zu verneinen), ob die als Komplementärin in Aussicht genommene UG überhaupt wirksam gegründet worden ist.

Praxishinweis | OLG Celle 9 W 81/22

Eine Einheitsgesellschaft kann auf zwei Wegen entstehen:

  1. Eine bestehende KG kann im Wege der Neugründung oder des Anteilserwerbs alle Geschäftsanteile an einer GmbH erwerben, worauf hin sodann im zweiten Schritt der Komplementär der KG ausgewechselt und die GmbH, deren sämtliche Anteile von der KG gehalten werden, an dessen Stelle tritt.
  2. Die (späteren) Kommanditisten der KG können zunächst eine GmbH und sodann im zweiten Schritt mit dieser als Komplementärin und sich selbst als Kommanditisten eine neue KG begründen, woraufhin im dritten Schritt die GmbH-Anteile von den natürlichen Personen an die KG übertragen werden.

Eine gleichzeitige Gründung von KG und Komplementärin ist in einem solchen Fall allerdings nicht möglich. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft kann nicht vor ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und Vertreterin ihrer eigenen Gründerin auftreten. Hier entsteht auch keine OHG, da der Wille der Gesellschafter dies ausdrücklich nicht zulässt.