OLG Saarbrücken 5 W 28/23
Gesetzliche Erbfolge bei bloßer Anordnung zur Nachlassverteilung

03.04.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Saarbrücken
09.05.2023
5 W 28/23
NJW-Spezial 2023, 424

Leitsatz | OLG Saarbrücken 5 W 28/23

Ein privatschriftliches Testament, in dem die Erblasserin zunächst die frühere Erbeinsetzung ihrer Abkömmlinge für „ungültig“ erklärt, ihnen sodann ihre beiden Hausanwesen (anteilig) zuweist und abschließend anordnet, das „Bargeld“ solle auf „meine drei Kinder“ verteilt werden, kann im Einzelfall dahin auszulegen sein, dass es jenseits dieser auf einzelne Gegenstände beschränkten Aufteilung, die den Nachlass nicht erschöpfte und auch sonst keinen Willen zur Bestimmung eines anderen Rechtsnachfolgers erkennen lässt, bei der gesetzlichen Erbfolge verbleiben soll.

Sachverhalt | OLG Saarbrücken 5 W 28/23

Die Erblasserin hinterließ drei Kinder, die sie durch ein notarielles Testament von 1988 zu gleichen Teilen bedacht hatte. In ihrem späteren handschriftlichen Testament von 2017 bestimmte sie, dass ihr Sohn ein Haus und ein weiteres Haus an die beiden Töchter gehen sollte, während das Bargeld auf alle Kinder aufgeteilt werden sollte. Außerdem gab sie an, dass alle vorherigen Testamente ungültig seien sollten.

Eine Tochter beantragte auf Basis gesetzlicher Erbfolge einen Erbschein zu einem Drittel, alternativ stützte sie dies auf das zweite Testament, in dem keine ausdrückliche Erbeinsetzung vorgenommen wurde. Dem trat ihr Bruder entgegen und meinte, dass ihm die Hälfte des Nachlasses zustehe. Dies begründete er mit den Wertverhältnissen und damit, dass seine Mutter ihm ein Haus hinterlassen wollte. Das Nachlassgericht wollte dem Antrag der Tochter stattgeben. Hiergegen hat der Bruder Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidung | OLG Saarbrücken 5 W 28/23

Die Beschwerde ist erfolglos. Zunächst bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Testamentes von 2017, in welchem eine gegenständliche Verteilung einzelner Nachlassobjekte erfolgte. Ob darin die gesetzliche Erbfolge liegt oder eine neue, gewillkürte Erbeinsetzung entsteht, ist Auslegungsfrage. Hierbei kommt es nicht allein auf den Sprachgebrauch, sondern insbesondere auf den subjektiven Erblasserwillen gem. § 133 BGB an.

Zwar ist die testamentarische Zuwendung bestimmter Gegenstände nach § 2087 Abs. 2 BGB im Zweifel als Vermächtnisanordnung und nicht als Erbeinsetzung anzusehen. Diese gesetzliche Auslegungsregel greift jedoch nur, wenn nicht bereits zuvor durch Auslegung etwas anderes festgestellt wurde. Trotz Zuwendung nur einzelner Nachlassgegenstände kann eine Erbeinsetzung vorliegen, wenn die Erblasserin ihr gesamtes Vermögen verteilt wissen wollte oder ihr Hauptvermögen nur einem Bedachten zuordnete. Erfolgt die Zuwendung der Gegenstände an die gesetzlichen Erben, kann darin auch die Fortgeltung der gesetzlichen Erbfolge in Verbindung mit einzelnen Teilungsanordnungen nach § 2048 BGB liegen.

Dies war hier der Fall. Aus dem Wortlaut, dass einzelne Erben Nachlassobjekte „bekommen“ oder Objekte „an diese gehen sollten“ und da die Wörter „Erbe“ oder „Erbeinsetzung“ nicht gebraucht werden, ist zu schließen, dass nur Vorgaben zur Nachlassverteilung getroffen werden. Eine Änderung weg von der gesetzlichen Erbfolge ist nicht ersichtlich.

 

Praxishinweis | OLG Saarbrücken 5 W 28/23

Um Unsicherheiten zu vermeiden, sollte bei der Gestaltung eines Testamentes zunächst festgelegt werden, wer Erbe sein soll und erst danach einzelne Nachlassgegenstände zugewendet werden. Ob darin Teilungsanordnungen oder Vorausvermächtnisse liegen, ist dann in einem nächsten Schritt klarzustellen.