OLG Düsseldorf I-3 Wx 119/22
Eröffnung der privaten Kopie eines Testaments

12.06.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
19.08.2022
I-3 Wx 119/22
ZEV 2022, 727

Leitsatz | OLG Düsseldorf I-3 Wx 119/22

Kann ein Testament nicht im Original, sondern nur eine private Kopie der Originalurkunde vorgelegt werden, ist die Kopie gem. § 348 FamFG zu eröffnen.

Sachverhalt | OLG Düsseldorf I-3 Wx 119/22

Die Beteiligte ist die Ehefrau des Erblassers. Sie hat die Kopie eines von dem Erblasser 1976 errichteten Testaments, das sie als Alleinerbin bestimmt, zur Eröffnung beim Nachlassgericht eingereicht. Der Erblasser habe ihr diese Kopie zur Aufbewahrung überlassen, nicht bekannt ist ihr, warum sie nicht das Original erhalten habe.

Das Nachlassgericht hat die Eröffnung der Testamentskopie mangels hinreichender Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe des Originals abgelehnt. Es verweist jedoch darauf, dass ein die testamentarische Erbfolge ausweisender Erbschein trotz Nichteröffnung der Testamentskopie beantragt werden könne. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Ehefrau.

 

Entscheidung | OLG Düsseldorf I-3 Wx 119/22

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Senat schließt sich der Meinung an, welche vertritt, dass auch die Kopie eines Testamentes eröffnet werden kann. Hierfür spricht zunächst, dass die Erbfolge auch durch nur noch in Kopie vorhandenen Testamenten festgestellt werden kann. Weiterhin gibt es viele von der Eröffnung abhängende Wirkungen, z.B. der Beginn der Ausschlagungsfrist, Mitteilungen an das Grundbuchamt… Deshalb ist die Eröffnung auch neben der Erbscheinerteilung von Bedeutung.

Sinn und Zweck des Testamentseröffnungsverfahrens sind zunächst die Schaffung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit durch zeitnahe amtliche Feststellung und Bekanntgabe vorhandener Verfügungen von Todes wegen. Außerdem soll dem Interesse der Beteiligten Rechnung getragen werden, ihnen zeitnah die Gelegenheit zu geben, die Verfügung auf ihre Rechtswirksamkeit und ihren Inhalt hin zu überprüfen und ihre Rechte am Nachlass wahrzunehmen.

Grundsätzlich findet im Eröffnungsverfahren nur eine summarische Plausibilitätsprüfung statt, ob ein Schriftstück die materiell-rechtlichen Anforderungen an ein wirksames Testament erfüllt. Es spricht gegen sein Wesen, wenn ein Streit hierüber in das Verfahren über die Testamentseröffnung (vor) verlagert wird. Weiterhin kann im Einzelfall oft nicht erkannt werden, ob nur eine Kopie vorliegt. Im Zweifel hat folglich die Eröffnung zu erfolgen.

Auch formunwirksame Testamente sind zu eröffnen, da sie als Auslegungshilfe für den Willen des Erblassers in Betracht kommen. Folglich muss dasselbe auch für eine Kopie gelten. Zwar ist richtig, dass eine Kopie keine absolute Garantie für die vollständige und unverfälschte Wiedergabe des Inhaltes geben kann. Diese Gefahr besteht jedoch auch bei nicht unterschriebenen Testamenten, die zweifellos zu eröffnen sind.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass allein die Eröffnung als Testament gem. § 348 FamFG nichts über dessen Wirksamkeit besagt. Die Klärung dieser Frage ist vielmehr Gegenstand eines Erbscheinverfahrens oder einer Erbenfeststellungsklage. Daher ist es aber auch nicht gerechtfertigt, der Gefahr der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Kopie eine solche Bedeutung zuzumessen, dass eine Eröffnung nicht zulässig wäre. Anders als beim abhanden gekommenen Testament liegt bei einer Testamentskopie jedenfalls physisch ein Schriftstück vor, das eröffnet werden kann.

 

Praxishinweis | OLG Düsseldorf I-3 Wx 119/22

Es bleibt zu beachten, dass auch eine Gegenmeinung existiert, welche die Eröffnung einer Testamentskopie ablehnt. Diese führt an, dass einfache Abschriften oder Kopien keine hinreichende Gewähr einer vollständigen und unverfälschten Wiedergabe des vollen Inhaltes begründen könnten. Zwar würden auch formunwirksame und später widerrufene Testamente eröffnet, diese seien aber zumindest Originale. Hingegen wäre nicht ersichtlich, warum einer offensichtlichen Kopie der „Schein eines amtlich anerkannten Testaments“ verliehen werden soll. Auch würde sich aus §§ 350 FamFG eindeutig ergeben, dass das FamFG in § 348 mit dem Begriff „Verfügung von Todes wegen“ nur das Original meint und keine (nicht) beglaubigte Abschrift davon. Zudem wird darauf verwiesen, dass ein Erbschein ausnahmsweise auch erteilt werden kann, ohne dass die Kopie des Testaments eröffnet wird. Zwar wird die Kopie ohne Eröffnung nicht automatisch den Beteiligten nach § 348 Abs. 3 FamFG bekannt gegeben, jedoch wäre sie zumindest zu berücksichtigen, wenn ein Erbscheinsantrag gestellt wird. Zudem würde §13 FamFG ein allgemeines Einsichtsrecht in die Gerichtsakten gewähren. Schließlich würde auch die Ausschlagungsfrist ohne Bekanntgabe zumindest mit Kenntnis gem. § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB.