OLG München 34 Wx 235/20
Erhöhte Anforderungen für den Nachweis der Vertretungsberechtigung einer britischen Limited

20.09.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG München
09.11.2020
34 Wx 235/20
NZG 2021, 74

Leitsatz | OLG München 34 Wx 235/20

  1. Wird die Auflassung durch einen Vertreter erklärt, ist dessen diesbezügliche Berechtigung als andere Voraussetzung der Eintragung i.S.v. § 29 Abs. 1 S. 2 GBO, also durch öffentliche Urkunden, nachzuweisen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
  2. Die von § 32 GBO gewährte Erleichterung mittels Nachweises der in einem Register eingetragenen Vertretungsberechtigung durch eine Bescheinigung ist grundsätzlich beschränkt auf Eintragungen in einem deutschen Register. Ausnahmsweise genügt die von einem deutschen Notar aufgrund einer Einsicht in ein ausländisches Register ausgestellte Bescheinigung, wenn feststeht, dass dieses Register dem deutschen entspricht. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
  3. Kennt das einschlägige ausländische Recht kein beweiskräftiges Handelsregister und gibt es nach dessen Vorschriften auch sonst keinen vollständigen Beweis für die Vertretungsberechtigung, dann kann und muss das Grundbuchamt den nach dem ausländischen Recht möglichen Nachweis verlangen, dieser reicht dann aus. Das Grundbuchamt darf aber im Interesse der Sicherheit des Grundstücksverkehrs und der Gewährleistung der Richtigkeit des Grundbuchs verlangen, dass der Antragsteller sämtliche nach dem ausländischen Recht bestehenden Möglichkeiten ausschöpft, mögen sie in dem jeweiligen Staat im inländischen Rechtsverkehr auch unüblich sein. (Rn. 30 und 33) (redaktioneller Leitsatz)
  4. Die Bestätigung der Vertretungsberechtigung durch einen britischen notary public genügt nicht, wenn sie allein auf einer Einsichtnahme in das Companies House beruht; aus der Bescheinigung müssen vielmehr die tatsächlichen Grundlagen - etwa Einsicht in die Unterlagen der Gesellschaft wie Gesellschaftsvertrag, Protokollbuch - der notariellen Feststellungen hervorgehen, da sonst eine Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt nicht möglich ist. Das gilt entsprechend für einen auf den British Virgin Islands zugelassenen notary public und das Register of Companies. (Rn. 40 – 41) (redaktioneller Leitsatz)

Sachverhalt | OLG München 34 Wx 235/20

Das Gericht hat über die Beschwerde vom 14.04.2020 eines auf den British Virgin Islands zugelassenen Notars zu entscheiden. In der Sache geht es um die Veräußerung eines Miteigentumsanteils von Grundbesitz, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, einem Keller und einem Tiefgaragenstellplatz der Beteiligten 1 an die Beteiligte 2. Die Beteiligte 2 ist eine Gesellschaft in der Rechtsform der Limited mit Sitz auf den British Virgin Islands. Beim Erwerb ließ sie sich von XX vertreten, dem company´s director der X Ltd. Auf Antrag wird am 31.10.2014 im Wohnungsgrundbuch eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten 2 eingetragen. Der bevollmächtigte Urkundsnotar stellt am 21.04.2016 den Antrag auf Vollzug der Auflassung. Daraufhin fordert das zuständige Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 27.04.2016 einen Kostenvorschuss an und bemängelt gleichzeitig erstmals die Unterlagen hinsichtlich des Vertretungsnachweises der Käuferin, welche nicht ausreichend seien.

Ein über Jahre stattfindender Austausch von Schriftsätzen zwischen dem Urkundsnotar und dem Grundbuchamt kommen zu keinem übereinkommenden Ergebnis. Die vorgenannten Parteien vertreten bis hin zur Beschwerde am 14.04.2020 folgende Standpunkte:

Das Grundbuchamt bezieht sich bezüglich der Anforderungen an die Vertretungsbefugnis auf eine Entscheidung des OLG Jena. Gefordert wird die Einreichung einer Bescheinigung des registered agent im Original mit Siegel und mit der Unterschriftsbeglaubigung durch einen notary public, der besonderen Versicherung der Richtigkeit der bestätigten Tatsache und mit einer Apostille versehen. Alternativ käme auch eine Bestätigung der Stellung des XX als director durch einen auf den British Virgin Islands zugelassenen public notary in Betracht.

Der Notar hingegen vertritt die Ansicht, die Existenz der Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis der XX als Direktorin sei hinreichend nachgewiesen worden. Ausreichend sei die Einreichung der Bestätigung des Gesellschaftsregisters der BVI Financial Services Commission mit einer notariellen Bestätigung, dass die Gesellschaft ordnungsgemäß registriert sei. Diese sei mit einer Apostille versehen und führe ausdrücklich auf, dass XX die einzige Direktorin und damit handlungsfähig sei.

Gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 14.04.2020 legt der Urkundsnotar Beschwerde bei dem OLG München ein.

Entscheidung | OLG München 34 Wx 235/20

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere können sich die Beteiligten gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG durch einen Notar vertreten lassen, welcher auch nach § 15 Abs. 2 GBO beschwerdeberechtigt ist. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das auf das Eintragungsverfahren anzuwendende Recht ist das deutsche Recht als der lex fori, mithin die Bestimmungen der GBO. Da die §§ 873, 925 BGB im Falle der Übertragung von Wohnungs- und Teileigentum unmittelbar gelten, bedarf es der Auflassung, welche dem Grundbuchamt gemäß § 20 GBO nachzuweisen ist. Sie ist wiederum durch öffentliche Urkunden nachzuweisen, wenn sie durch einen Vertreter erklärt wird (§ 29 Abs. 1 S. 2 GBO).

Die Bestellung von Organen und dessen Vertretungsmacht beurteilt sich nach dem Gesellschaftsstatut. Eine British Limited kann folglich von ihren directors vertreten werden (section 129 subsection 2 BVI Business Company Act 2004). Der Nachweis, dass die handelnde Person director ist, kann durch eine Bescheinigung des registered agent erbracht werden, welcher als Verwalter der Gesellschaft tätig ist. Hoheitliche Aufgaben sind ihm jedoch nicht übertragen. Kann der erforderliche Nachweis des registered agent wegen des Inhalts des ausländischen Rechts nicht erbracht werden, kann sich das Grundbuchamt zur Sicherheit des Grundstücksverkehrs vorbehalten, auch dem ausländischen Recht nach, unübliche Nachweise zu erbringen.

Das Gericht erachtet es mithin als rechtens an, dass das Grundbuchamt die Bescheinigung des registered agent im Original, mit einem Siegel versehen fordert und, dass diese einer Unterschriftsbeglaubigung durch einen auf den British Virgin Islands zugelassenen notary public bedarf. Gleiches gelte für die Forderung, dass die Bescheinigung mit einer besonderen Versicherung der Richtigkeit der bestätigten Tatsache versehen werden soll.

Darüber hinaus bestätigt das Gericht die Möglichkeit des Nachweises der Stellung als director durch eine Bestätigung eines auf den British Virgin Islands zugelassenen public notary. Obwohl dieser mit einem deutschen Notar vergleichbar ist, entspricht dessen Bestätigung nicht gleich der Bestätigung nach § 21 BNotO. Vielmehr beruhe die Bestätigung nach § 21 BNotO auf der eigenen Prüfung der Dokumente und beinhalte ebenfalls eine gutachterliche Äußerung. Das britische Register of Companies ist zwar im Grunde mit dem deutschen Handelsregister vergleichbar. Mangels materieller Prüfungskompetenz des britischen Registers unterliegt dessen Bestätigung durch den public notary jedoch höheren Anforderungen, um eine Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt zu ermöglichen.

Da die geforderten Unterlagen nicht eingereicht wurden, sieht das Gericht die Beanstandung des Grundbuchamtes, die Vertretungsmacht des XX als director sei nicht vollständig erbracht worden, als zutreffend an.

Die Beschwerde ist mithin unbegründet.

Praxishinweis | OLG München 34 Wx 235/20

Kommt es zu Veräußerungen zwischen Parteien, die nicht dem gleichen Rechtsstatut unterliegen, sind meist Besonderheiten zu beachten. Das Gericht ersieht es als zulässig an, dass sich das zuständige Grundbuchamt zur besonderen Sicherung des Grundstücksverkehrs das Stellen höherer Anforderungen bezüglich des Nachweises einer Vertretungsmacht vorbehält, wenn die Übereignung nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn entsprechend zu erbringende Nachweise nach ausländischen Recht kein ausreichendes Äquivalent zum deutschen Recht darstellt. Es sollten mithin vor Vertragsschluss beziehungsweise Übereignung die entsprechenden Anforderungen des anzuwendenden Rechts überprüft, und auch nach ausländischem Recht ungewohnte Anforderungen in Betracht gezogen werden.