OLG Düsseldorf I-3 Wx 84/11
Eintragung des Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB im Handelsregister auch ohne gleichzeitige Unternehmensübertragung

10.08.2012

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Düsseldorf
09.05.2011
I-3 Wx 84/11
RNotZ 2011, 434

Leitsatz | OLG Düsseldorf I-3 Wx 84/11

1. Kommt aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs die ernsthafte Möglichkeit in Betracht, dass die Antrag stellende GmbH die Geschäfte und die Firma der ursprünglichen GmbH fortführt (hier: gleiche Firma, im Wesentlichen gleicher Geschäftsgegenstand, Übernahme des in gleicher Funktion tätigen Firmenleiters sowie zweier weiterer Mitarbeiter und Übertragung einer markanten Service-Telefonnummer), so hat das Registergericht den beantragten Haftungsausschluss gemäß § 25 Abs. 2 HGB einzutragen.

2. Dass die Firmenbezeichnung der Ast. für eine Nachbildung überlassen und nicht zusammen mit dem ursprünglichen Unternehmen übertragen worden ist, stellt ein dem maßgeblichen Verkehr sich entziehendes Internum dar und steht der Annahme einer Fortführung i. S. d. § 25 Abs. 1 HGB nicht entgegen.

Sachverhalt | OLG Düsseldorf I-3 Wx 84/11

Im Handelsregister war ursprünglich die „Malerwerkstatt M. u. F.-GmbH“, eingetragen, deren Geschäftsgegenstand Maler–, Lackier- und Tapezierarbeiten waren. Diese änderte ihre Firma in HD-GmbH und überließ in notarieller Urkunde die Firmenbezeichnung „Malerwerkstatt M. u. F.“ der H-VV GmbH für eine Nachbildung. Ein Betriebsübergang oder Teilbetriebsübergang wurde nicht vereinbart und die Haftung der nachgebildeten Firma für die Verbindlichkeiten der bisherigen „Malerwerkstatt M. u. F.-GmbH“ ausgeschlossen. Die H-VV GmbH – auch im Geschäftsbereich Maler–, Lackier- und Tapezierarbeiten tätig – beschloss in derselben Urkunde eine Änderung ihrer Firma in „Malerwerkstatt M. u. F.-GmbH“. Sie übernahm die markante Service-Telefonnummer der ehemaligen „Malerwerkstatt M. u. F.-GmbH“ und warb deren Firmenleiter und einige Mitarbeiter ab. Die kurz danach von der „neuen“ Malerwerkstatt M. u. F.-GmbH (ehemals H-VV GmbH) angemeldete Eintragung eines Haftungsausschlusses gemäß § 25 Abs. 2 HGB lehnte das Registergericht mit der Begründung ab, dass vorliegend keine Unternehmensübertragung stattgefunden habe. Zudem werde die Firma gerade nicht fortgeführt, sondern lediglich die (gelöschte) Firma eines anderen Handelsgeschäfts nachgebildet. Es liege nur ein Fall einer im Register auftretenden Firmenähnlichkeit der neuen Firma zu einer gelöschten Firma vor, die Dritte zwar veranlassen könnten, eine Fortführung fälschlich anzunehmen. Gegen eine derartige Fehlvorstellung, die sich auf keinen registermäßigen Rechtsschein berufen könne, solle aber eine Eintragung § 25 Abs. 2 HGB von vornherein nicht schützen.

Entscheidung | OLG Düsseldorf I-3 Wx 84/11

Nach der Entscheidung des OLG Düsseldorf muss die Frage, ob eine Geschäfts- und Firmenfortführung anzunehmen ist, aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs beurteilt werden, dem verborgen bleibt, in welchem Umfang tatsächlich Verfügungsgeschäfte zur Betriebsübernahme getätigt wurden. Entscheidend sei die tatsächliche Fortführung. Diese ist – entgegen der Auffassung des Registergerichts – im Streitfall anzunehmen. Den Geschäftsgegenstand der Malerwerkstatt M. und F. GmbH, die sich nunmehr „H. D. GmbH” umbenannt hat, war Maler–, Lackier- und Tapezierarbeiten. Die Erwerberin der Firma „Malerwerkstatt M. und F. GmbH“ – ehemals H. Vermögensverwaltung GmbH – heißt nunmehr Malerwerkstatt M. und F. GmbH. Aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs ist anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin die Geschäfte und die Firma der ursprünglichen Malerwerkstatt M. und F. GmbH fortführt. Denn der Geschäftsgegenstand (Durchführung von Malerarbeiten usw.) entspricht im Wesentlichen dem der früheren Malerwerkstatt M. und F. GmbH. Der Firmenleiter der früheren Malerwerkstatt M. und F. GmbH, der gerade durch seine Aufgabe der Kundenakquisition nach außen hin in Erscheinung trat, ist in gleicher Funktion bei der Beschwerdeführerin tätig, zwei weitere Mitarbeiter der früheren Malerwerkstatt M. und F. GmbH wurden inzwischen ebenfalls übernommen; die markante Service-Telefonnummer wurde übertragen. Dass die Firmenbezeichnung „Malerwerkstatt M. und F.” der Beschwerdeführerin für eine Nachbildung überlassen wurde und nicht zusammen mit dem ursprünglichen Unternehmen übertragen worden ist, stehe der Annahme einer Fortführung i. S. d. § 25 Abs. 1 HGB nicht entgegen, da dieser Vorgang nur ein sich dem maßgeblichen Verkehr entziehendes Internum darstellt. Entscheidend sei vielmehr, dass aufgrund der genannten Gesichtspunkte aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs der Eindruck entstehen kann, bei der nunmehr im Handelsregister als Malerwerkstatt M. und F. GmbH eingetragene Beschwerdeführerin handele es sich im Kern um die Fortführung der früher unter Malerwerkstatt M. und F. GmbH firmierenden GmbH (nunmehr „H. D. GmbH”). Komme hiernach die ernsthafte Möglichkeit in Betracht, dass die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 HGB gegeben sein könnten, so ist der begehrte Haftungsausschluss eintragungsfähig und durfte die Registereintragung des Haftungsausschlusses gemäß § 25 Abs. 2 HGB vom Registergericht nicht abgelehnt werden. Des Weiteren werde ganz überwiegend der Schutz von Haftungserwartungen des Verkehrs als Normzweck von § 25 angesehen (Zimmer/Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 2008, § 25 Rn. 2 m. w. N.).

Praxishinweis | OLG Düsseldorf I-3 Wx 84/11

Die Entscheidungen des OLG Düsseldorf stellt wie andere obergerichtliche Entscheidungen wiederholt klar, dass die Eintragung eines Haftungsausschlusses durch das Registergericht nur dann abgelehnt werden kann, wenn eine Haftung nach § 25 Abs. 1 HGB offensichtlich nicht in Betracht kommt. Dies ist im Einzelfall schwer zu beurteilen. Für die haftungsrechtliche Bewertung ist das Gesamtbild ausschlaggebend. Angesichts der im Beschluss des OLG Düsseldorf erneut angesprochenen Gefahr einer unterschiedlichen Beurteilung der Haftungsvoraussetzungen des § 25 Abs. 1 HGB durch das Registergericht und spätere Prozessgerichte ist schon zur Vermeidung einer möglichen Haftung des Rechtsberaters zu empfehlen, im Fall einer nicht gänzlich auszuschließenden Haftungsmöglichkeit, einen Haftungsausschluss zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.