OLG Celle 9 W 16/23
Eintrag mit Geburtsnamen und Wohnort im Handelsregister verstößt nicht gegen Datenschutz-Grundverordnung

29.11.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Celle
24.02.2023
9 W 16/23
GmbHR 2023, 610

Leitsatz | OLG Celle 9 W 16/23

Die Eintragung mit Geburtsnamen und Wohnort eines Geschäftsführers einer GmbH verstößt nicht gegen die Bestimmungen der DSGVO.

Sachverhalt | OLG Celle 9 W 16/23

Der Kläger ist Geschäftsführer der betreffenden GmbH und seit 2012 unter Angabe seines Wohnortes und Geburtsdatums im Handelsregister eingetragen.

Er beantragt die Löschung der Angaben zu seinem Geburtsdatum und Wohnort aus dem Handelsregister. Zur Begründung gab er an, dass die entsprechenden Daten „unter anderem wegen Gefahr für Leben und körperliche Unversehrtheit im Melderegister gesperrt“ worden seien. Er führte aus, dass seine berufliche Tätigkeit der Umgang mit Sprengstoffen sei, so dass er Gefahr laufe, Opfer einer Entführung oder eines Diebstahls zu werden, das Kriminelle ihn entführen könnten, um „den Sprengstoff, mit dem er hantiert, für irgendeinen Zweck zu verwenden“.

Das Registergericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 24.11.2022 unter Berufung auf die zwingenden Vorgaben der Gewerbeanmeldungsverordnung ab. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 11. Januar 2023, mit der der Antragsteller sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt und um das hilfsweise Begehren ergänzt hat, eine Übermittlung von Geburtsdatum und Wohnort aus dem Handelsregister an Dritte erst nach einer Interessenabwägung vorzunehmen. Das Registergericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 13. Februar 2023 nicht abgeholfen.

Entscheidung | OLG Celle 9 W 16/23

Die zulässige Beschwerde blieb in der Sache ohne Erfolg.

Die Ansprüche der Beteiligten entbehren jeder Rechtsgrundlage.

Soweit sich der Antragsteller sich auf die Artikel 17, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, im Folgenden: DSGVO) beruft, so seien die Artikel nicht einschlägig.

Aus dem Widerspruchsrecht gemäß Art. 21 lit. 1 DSGVO stünden dem Bewerber gemäß § 10a Abs. 3 HGB nicht zu. Dementsprechend sei Art. 18 Abs. 1 lit. d DSGVO ist nicht relevant, da er das Bestehen eines Widerspruchsrechts nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO voraussetzte. Darüber hinaus sei auch Art. 17 Abs. 3 lit b. nicht einschlägig. Ein Anspruch auf Löschung zugunsten des Bewerbers bestehe nach dieser Vorschrift nicht, da diese Bestimmungen nicht gelte für eine Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt. Diese gesetzliche Verpflichtung ergebe sich aus § 387 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 43 Nr. 4b HRV. Der Kläger kann sich auch nicht auf § 395 FamFG berufen. Denn die Eintragung seines Geburtsdatums und Wohnorts in das Handelsregister ist im Sinne dieser Bestimmung zu Art. 387 Abs. 1 BGB nicht unzulässig gem. § 387 FamFG i.V.m. § 43 Nr. 4b HRV.

Der Anspruch des Klägers sei auch nicht mit § 10a Abs. 3 HGB und allgemeinen verfassungs- und europarechtlichen Grundsätzen vereinbar. Im § 10a Abschnitt. 3 HGB hat die in Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe e DSGVO genannten Rechte des 21 DSGVO dahingehend eingeschränkt, dass die Pflichten und Rechte aus den Bestimmungen des Mitgliedsstaates unter anderem die Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit öffentlicher Register umfassen, die für die Sicherheit und Einfachheit der Legitimation unerlässlich sind.

In diesem Zusammenhang diene die Regelung des § 10a Abs. 3 HGB der Gewährleistung der Sicherheit und des Komforts von Registrierungsvorgängen. Ein Widerspruch gegen die Datenverarbeitung stünde nicht im Einklang mit den Offenlegungspflichten bei der öffentlichen Registrierung.

Dass das öffentliche Interesse an der Führung des Handelsregisters überwiege das Interesse des Antragstellers an der Geheimhaltung seines Geburtsdatums und seines Wohnortes nicht. Ein solches höheres Interesse ergebe sich insbesondere nicht aus diesbezüglichen und von der Klägerin geltend gemachten verwaltungsrichterlichen Entscheidungen. Denn die Angaben aus dem Kfz-Register, die Gegenstand vergleichbarer Entscheidungen seien, seien weitaus umfassender als die hier lediglich erwähnten alleinigen Angaben zu Geburtsdatum und Wohnort. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine tatsächliche Gefahr des Antragstellers nicht näher konkretisiert wurde und aus der Sichtbarkeit des Datums nicht ersichtlich ist, um welche Gefahr es sich handelt, die durch den Eintrag des Geburts- und Wohnsitzes im Handelsregister erhöht werde. Bei der Angabe des Wohnortes ist besonders darauf zu achten, dass die Angabe der genauen Anschrift nicht erfolgt und durch die Angabe der Anschrift bereits der Ausgangspunkt für die Standortbestimmung des Bewerbers gegeben ist.

Inwieweit ein aus Rechtsnormen außerhalb des Registerverfahrens und datenschutzrechtlicher Bestimmungen, beispielsweise §§ 823, 839 BGB oder § 1004 BGB (analog), folgender Anspruch wegen Verfehlung datenschutzrechtlicher Vorgaben durch das DiRUG bestehen könnte, sei der Prüfung im Registerverfahren entzogen.

Praxishinweis | OLG Celle 9 W 16/23

Bezüglich des Beschlusses ist die Rechtsbeschwerde zum BGH anhängig, sodass eine endgültige Bestätigung der Entscheidung abzuwarten bleibt. Der EuGH hatte erst kürzlich die Unzulässigkeit eines unbeschränkten Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen über wirtschaftliches Eigentum über das Transparenzregister beschieden (EuGH vom 22.11.2022 – EUGH Aktenzeichen C3720 C-37/20, (WM u.a./Luxembourg Business Registers) (ausführlich hierzu Anm. Kessler, GWR 2023, 56). Eine Angabe der genauen Wohnanschrift ist freilich nicht erforderlich. So kann der Notar etwa gemäß § 10 BeurkG bei der Anmeldung zur Registereintragung statt der Wohn- die Geschäftsanschrift angeben (Udwari, GWR 2023, 215).