BFH II B 6/21
Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

10.02.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
07.02.2022
II B 6/21
BeckRS 2022, 6705

Leitsatz | BFH II B 6/21

Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und einem Bauvertrag, der zur Einbeziehung der Baukosten in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage führen kann, setzt nicht zwingend voraus, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags ein rechtswirksames Angebot zum Abschluss eines Bauvertrags vorlag (Bestätigung des BFH-Urteils vom 01.10.2014 - II R 32/13, BFH/NV 2015, 230).

Sachverhalt | BFH II B 6/21

Die Kläger und Beschwerdeführer erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag zu je ein Halb ein unbebautes Grundstück, zwar mit Bauverpflichtung, jedoch ausdrücklich ohne Bauträger- oder Architektenbindung. Dem war die Tätigkeit einer Projektierungsgesellschaft vorausgegangen, die die Grundstücke für die Veräußerin vermarktete und dabei verschiedene Haustypen unter Angabe von Architekten bzw. Bauunternehmern vorstellte. Im Juli 2016 schlossen die Kläger mit dieser Gesellschaft über das Grundstück eine Reservierungsvereinbarung, in der die Errichtung eines bestimmten Haustyps durch einen dritten Bauträger angedacht war. Dieser Bauträger stellte für die Kläger den Bauantrag und erteilte ihnen am 29.05.2017 eine als „Angebot“ bezeichnete Leistungsbeschreibung, doch ohne Unterschriften. Am 06.12.2017 schlossen die Kläger mit dem Bauträger den Bauvertrag, auf Grundlage dessen auf dem Grundstück ein Haus des ins Auge gefassten Typs errichtet wurde. Das beklagte Finanzamt setzte gegenüber den Klägern jeweils Grunderwerbsteuer fest. Die Baukosten bezog es in die Bemessungsgrundlage nach §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1 des GrEStG ein, da es davon ausging, dass zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Bauvertrag ein objektiv sachlicher Zusammenhang bestehe und der Bauträger der Veräußererseite zuzurechnen sei. Nach erfolgloser Klage richten sich die Kläger mit einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

Entscheidung | BFH II B 6/21

Die Beschwerde ist unbegründet.

Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als beispielsweise der BFH. Das FG müsste seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt.

Dagegen spricht bereits, dass der BFH in einer weiteren Entscheidung ausdrücklich ausgeführt hat, dass das Angebot, das einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen indiziert, in „tatsächlicher Hinsicht“ bestanden haben müsse, während eine rechtliche Wirksamkeit des Angebots nicht erforderlich sei. Die Kläger nehmen zwar zu Recht an, dass der objektiv sachliche Zusammenhang zwischen beiden Verträgen gerade zum Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags bestehen muss und sich dieser Zusammenhang in einem Angebot zur Errichtung des Gebäudes zeigen kann. Außerdem muss nicht nur der Erwerber an das „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, sondern insbesondere auch die Veräußererseite zur Bebauung verpflichtet sein. Die Notwendigkeit eines objektiv sachlichen Zusammenhangs zwischen Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags bedeutet aber nicht, dass zu diesem Zeitpunkt auch der Bauvertrag abgeschlossen und die Bauverpflichtung rechtswirksam begründet sein müsste. Das wäre übrigens mangels Annahme auch noch nicht der Fall, wenn bereits ein verbindliches Angebot vorläge, dessen es aber auch nicht bedarf. Ist ein Angebot lediglich Indiz, könnte ein objektiv sachlicher Zusammenhang sogar ohne jegliches Angebot festgestellt werden. Erst recht muss ein vorhandenes Angebot keine rechtlichen Mindestvoraussetzungen erfüllen, insbesondere nicht rechtswirksam und damit verbindlich sein.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Angebot möglicherweise bereits erloschen ist nach §147 II BGB. Das FG hat gerade festgestellt, dass ein etwa wirksam gewesenes Angebot zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits erloschen gewesen sein könnte. Das entspricht auch der Rechtsprechung des BGH. Es erachtete diesen Punkt jedoch aus oben genannten Gründen nicht für entscheidungserheblich.

Praxishinweis | BFH II B 6/21

Der BFH bestätigt in seinem Beschluss, dass ein objektiver Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen bestehen kann, auch ohne dass ein konkret rechtswirksames Angebot zum Abschluss eines Bauvertrags vorliegt. Der Zusammenhang muss gerade in „tatsächlicher Hinsicht“ bestanden haben, während eine rechtliche Wirksamkeit nicht erforderlich ist. Folglich können die Baukosten in einem solchen Fall in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einbezogen werden.