KG 22 W 25/22
Beendigung einer Liquidation und Löschung im Handelsregister

02.06.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
02.06.2022
22 W 25/22
NZG 2023, 75

Leitsatz | KG 22 W 25/22

Eine Liquidation ist beendet und eine Eintragung nach § 74 GmbHG gerechtfertigt, wenn keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Grundsätzlich ist dazu erforderlich, dass alle Pflichten gem. §§ 70 - 73 GmbHG erfüllt sind. Hierzu gehört auch, dass die Gesellschaft durch eine entsprechende Bekanntmachung die Auflösung der Gesellschaft publik macht und zugleich die Gläubiger der Gesellschaft auffordert, sich bei ihr zu melden (§ 65 Abs. 2 GmbHG, § 73 Abs. 1 GmbHG).

Sachverhalt | KG 22 W 25/22

Die beteiligte GmbH ist seit 2014 im HR Berlin-Charlottenburg eingetragen, nachdem sie ihren Sitz aus Freiburg dorthin verlegt hatte. Im Dezember 2018 stellte sie einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Dieser Antrag wurde vom Insolvenzgericht mangels Masse mit Beschluss vom Februar 2019 rechtskräftig abgewiesen. Am 09.04.2019 wurde im HR eingetragen, dass die Gesellschaft aufgrund des § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG aufgelöst sei. Am 24.07.2019 erfolgte die Eintragung, dass der bisherige Geschäftsführer nunmehr Liquidator der Beteiligten sei. Unter dem 09.07.2020 meldete der Liquidator in notariell beglaubigter Form zum HR an, dass die Liquidation der Gesellschaft beendet und die Firma erloschen sei. Die Veröffentlichung der Auflösung unter gleichzeitigem Gläubigeraufruf sei versehentlich unterblieben. Zudem gab er Versicherungen zum Vermögen der Beteiligten und zur Beendigung der Abwicklung der Geschäfte ab. Am 09.08.2021 erklärte der Liquidator in notariell beglaubigter Form ergänzend, die Beteiligte sei „wie bereits festgestellt vermögenslos“.

Das AG Berlin-Charlottenburg hat die Anmeldung zurückgewiesen.

Entscheidung | KG 22 W 25/22

Die Beschwerde hatte vor dem KG keinen Erfolg, da die Voraussetzungen der Löschung der Beteiligte im HR nicht vorlägen.

Eine Liquidation sei beendet, wenn keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich seien. Grundsätzlich müssten alle Pflichten gem. §§ 70 - 73 GmbHG erfüllt sein, so auch die entsprechende Bekanntmachung der Auflösung der Gesellschaft und die Aufforderung der Gläubiger der Gesellschaft sich zu melden. Allen Gläubiger solle die Chance der Meldung und gegebenenfalls der Mithilfe bei der Auffindung von Aktiva gegeben werden. Eine Löschung der GmbH vor Ablauf eines Sperrjahres komme daher grundsätzlich nicht in Betracht, da vor dessen Ablauf die Liquidation regelmäßig noch nicht beendet sei.
Von diesem Grundsatz solle ausnahmsweise abgewichen werden können, wenn kein verteilungsfähiges Vermögen der Gesellschaft mehr vorhanden und auch sonst keine weiteren Abwicklungsmaßnahmen erforderlich seien.

Im zu entscheidenden Fall scheide eine Löschung der Beteiligte im HR aus, da in jedem Fall keine Vermögenslosigkeit vorliege.

Eine Gesellschaft sei vermögenslos, wenn kein verteilbares Vermögen mehr vorhanden sei. Dies sei der Fall, wenn die Gesellschaft über keine Vermögenswerte mehr verfüge, die für eine Befriedigung der Gläubiger oder eine Verteilung unter den Gesellschaftern in Betracht kommen. Die vorliegende Versicherung des Liquidators könne hier nicht ausreichen, von einer Vermögenslosigkeit der Beteiligten auszugehen.
Das KG bezweifelt schon den Wert einer solchen (versicherten) Erklärung des Liquidators, wenn vorher kein Gläubigeraufruf gem. § 65 Abs. 2 GmbHG vorgenommen worden sei und die Gläubiger nicht einmal die Möglichkeit gehabt hätten, bei der Auffindung von Aktiva mitzuhelfen.

Der Gläubigeraufruf sei auch nicht durch den Beschluss über die Abweisung der Insolvenzeröffnung mangels Masse und Eintragung in das Schuldnerverzeichnis gem. § 882 b ZPO zu ersetzen. In der Bekanntmachung gem. § 65 Abs. 2 GmbHG würden die Gläubiger zusätzlich aufgefordert, sich bei der Gesellschaft zu melden. Der Bekanntmachung und den Eintragungen nach der InsO fehle diese Aufforderung. Es könne eher der Eindruck entstehen, dass es für die Gläubiger sinnlos sei, ihre Ansprüche weiter zu verfolgen.

Das KG führt weiter aus, dass sich der Begriff der Vermögenslosigkeit nicht mit dem Begriff der Masselosigkeit (genauer: der Massekostendeckung) decke. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 InsO müssten für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Kosten – oft mehrere tausend Euro - des Insolvenzverfahrens gedeckt werden können. So könne der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens „mangels Masse“ zurückgewiesen werden, obwohl der Schuldner noch über Vermögenswerte verfüge, die für eine Befriedigung der Gläubiger oder eine Verteilung unter den Gesellschaftern in Betracht können. Auch komme es vor, dass Vermögenswerte, die nicht in einem angemessenen Zeitraum liquidierbar oder realisierbar seien, regelmäßig nicht in die Berechnung der Massekostendeckung eingestellt werden, so dass auch aus diesem Grund eine Abweisung eines Insolvenzantrags „mangels Masse“ gerade nicht notwendigerweise bedeute, dass der Schuldner vermögenslos sei.

Im zu entscheidenden Fall habe u.a. ein Gutachten des vom Insolvenzgericht im Eröffnungsverfahren bestellten Sachverständigen vorgelegen, aus dem sich ergebe, dass die Beteiligte wohl Ansprüche gegen den ehemaligen Geschäftsführer und den Liquidator hätte.

Praxishinweis | KG 22 W 25/22

Wie so oft geht es hier um die „Blitzlöschung“ einer GmbH. Zu Recht stellte das KG klar, dass auch im Falle der Masselosigkeit nicht auf das Sperrjahr nach § 73 GmbHG verzichtet werden kann.

Eine „Blitzlöschung“, also der Verzicht auf das Sperrjahr kann nur dann in Betracht kommen, wenn kein verteilbares Vermögen mehr vorhanden ist und keine weiteren Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind.