BFH VIII R 31/20
Besteuerung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei einer Freiberufler-GmbH & Co. KG

08.02.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BFH
05.09.2023
VIII R 31/20
BeckRS 2023, 38853

Leitsatz | BFH VIII R 31/20

Die steuerliche Einordnung der Einkünfte aus einer Personengesellschaft hängt wesentlich von der Mitunternehmereigenschaft der Gesellschafter ab. Diese ist durch das Tragen von Mitunternehmerrisiko und die Mitunternehmerinitiative geprägt.

(nicht amtlich)

Sachverhalt | BFH VIII R 31/20

Gegenstand der Klage war unter anderem die Art der Besteuerung der Einkünfte der Klägerin für das Jahr 2016. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass ihre Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und nicht aus einem Gewerbebetrieb erzielt wurden.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die zu dem streitigen Zeitpunkt aus folgenden Rechtträgern bestand: der Komplementärin Z-Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Z), die nicht am Gewinn der Gesellschaft beteiligt war, dem Komplementär und Steuerberater A, der zugleich der Geschäftsführer der Z war und zu 99,9 % am Gewinn der Gesellschaft beteiligt war, und der Kommanditistin B, die zu 0,1 % am Gewinn beteiligt war.

Sowohl die Z als auch A waren beide persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin. Sie waren jeweils einzelvertretungs- und einzelgeschäftsführungsbefugt. Die Z war in der Gesellschafterversammlung der GmbH & Co KG nicht stimmberechtigt.

Das Finanzamt stellte für die Klägerin fest, dass ihre Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb erzielt wurden. Dagegen legte die Klägerin einen Einspruch und anschließen erhob sie eine Klage. Beides blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung | BFH VIII R 31/20

I. Vorbemerkung

Schwerpunkt der Entscheidung des BFH war die Beiladungsproblematik im Revisionsverfahren. Die Sache wurde zur anderweitigen Verhandlung an das FG zurückverwiesen. Auf weitere Ausführungen zu der Beiladungsproblematik wird an dieser Stelle verzichtet. Der Senat hat aus prozessökonomischen Gründen und ohne Bindungswirkung nach § 126 V FGO einen Hinweis zu der Frage erteilt, wann die Voraussetzungen für die Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit erfüllt sind.

II. Mitunternehmereigenschaft für die Besteuerung entscheidend

Der Senat führte aus, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Einkünften aus selbständiger Arbeit bereits dann nicht erfüllt sind, wenn in einer Personengesellschaft ein Mitunternehmer nicht die Merkmale eines freien Berufes i.S.d. § 18 I 1 Nr. 1 EStG erfüllt. Jeder Mitunternehmer muss persönlich qualifiziert und freiberuflich tätig sein. Freiberufler kann daher nur eine natürliche Person sein, da nur diese den Begriff der Freiberuflichkeit tatbestandlich erfüllt. Die Beteiligung nur einer berufsfremden Mitunternehmerin führt zur Besteuerung aus Gewerbebetrieb § 15 I 1 Nr. 2 EstG. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jede Gesellschafterin zugleich Mitunternehmerin im Sinne des EStG ist. Für den BFH war daher streitentscheidend, ob die Z-Steuerberatungsgesellschaft mbH Mitunternehmerin der GmbH & Co KG war. Wäre dies der Fall, erfüllte sie als juristische Person nicht das Merkmal der Freiberuflichkeit und die Einkünfte würden aus Gewerbebetrieb und gerade nicht aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt. Der Senat wies aber auch darauf hin, dass die Sache nicht spruchreif sei und das FG die verbindlichen Feststellungen zu treffen habe.

Mitunternehmer sind nur diejenigen Gesellschafter, die aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung Mitunternehmerinitiative entfalten können und zugleich Mitunternehmerrisiko tragen.

1. Mitunternehmerrisiko

Ein persönlich haftender Gesellschafter trägt grundsätzlich immer das Mitunternehmerrisiko. Maßgeblich ist, dass sich die Inanspruchnahme des Gesellschafters im Außenverhältnis nicht ausgeschlossen werden kann. Das Risiko trägt somit auch der Gesellschafter, der sich nicht am Gewinn beteiligt ist und auch keinen Anteil an der Gesellschaft hält. Eine Haftungsfreistellung im Innenverhältnis ändert nichts daran, dass der Mitunternehmer im Außenverhältnis weiterhin das Mitunternehmerrisiko trägt. Schließlich ist auch ein vermindertes Risiko zu berücksichtigen, was z.B. der Fall ist, wenn neben einer beschränkt haftenden Gesellschafterin ein persönlich haftender Gesellschafter vorhanden ist. Dieser wird regelmäßig bevorzugt in Anspruch genommen. Dies vermindert das Risiko, beseitigt es aber nicht.

2. Mitunternehmerinitiative

Je geringer das Mitunternehmerrisiko der Gesellschafterin ist, z.B. mangels Beteiligung am Gewinn und Verlust, desto stärker muss die Mitunternehmerinitiative ausgeprägt sein, um die Mitunternehmereigenschaft zu erfüllen.

a) Komplementär-GmbH als alleinige Vollhafterin

Bei einer GmbH als Alleingesellschafterin und Vollhafterin, die nicht am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven der GmbH & Co KG beteiligt ist, liegt eine starke Unternehmerinitiative dann vor, wenn sie im Außenverhältnis vertretungsbefugt ist und die Kontroll-, Widerspruchs- und Informationsrechte ausüben kann, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die GmbH Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der KG hat oder von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist.

b) Mehrere Komplementäre haften persönlich und unbeschränkt

Sind an der Gesellschaft mehrere persönlich und unbeschränkt haftende Komplementäre beteiligt, ist die starke Mitunternehmerinitiative dann gegeben, wenn der jeweilige Gesellschafter Einzelgeschäftsführungs- und einzelvertretungsbefugt ist. Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts lassen nach Auffassung des Senats vermuten, dass Z als Mitunternehmerin der Klägerin anzusehen ist. Dies hätte zur Folge, dass die Eigenschaft der Freiberuflichkeit nicht bei allen Mitunternehmern erfüllt ist und die Einkünfte im Streitjahr aus einem Gewerbebetrieb erzielt wurden.

Praxishinweis | BFH VIII R 31/20

Bei einem Zusammenschluss mehrerer Freiberufler ist bei der Rechtsformwahl unbedingt zu beachten, dass die Beteiligung einer GmbH an einer Freiberufler-KG zu einer differenzierten Besteuerung führen kann. Bei der Gründung einer GmbH & Co. KG ist entscheidend, dass die Komplementär-GmbH keine starke Mitunternehmerinitiative besitzt. Nur so kann verhindert werden, dass die Eigenschaft der Freiberuflichkeit im steuerrechtlichen Sinne verloren geht.