OLG Dresden 17 W 355/23
Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung, mit der die Zustimmung nach § 12 WEG bei einem Erbteilskaufvertrag verlangt wurde

18.08.2023

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Dresden
14.06.2023
17 W 355/23
n.v.

Leitsatz | OLG Dresden 17 W 355/23

Gehört zum Nachlass ein Grundstück oder ein grundstücksgleiches Recht, so vollzieht sich der Erwerb einer Erbteilsübertragung ohne Auflassung und ohne Eintragung in das Grundbuch; es bedarf daher zu ihrer Wirksamkeit auch nicht einer sonst für die ganze oder teilweise Veräußerung dieses Gegenstandes erforderlichen Genehmigung (redaktioneller Leitsatz).

Sachverhalt | OLG Dresden 17 W 355/23

Im Grundbuch sind beide Beteiligte als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen. Die Beteiligten wurden zu je 1/2 beerbt. Mit Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars verkaufte die Erstbeteiligte ihren hälftigen Erbteil an dem Nachlass, der ungeteilt nur noch aus dem Wohnungseigentum bestand, an die Zweitbeteiligte und übertrug den Erbteil mit sofortiger dinglicher Wirkung auf die Zweitbeteiligte. Die Zweitbeteiligte beantragte daraufhin, die Erbteilsübertragung im Wege der Berichtigung in das Grundbuch einzutragen. Der verfahrensbevollmächtigte Notar reichte die Urkunde mit Schreiben beim Grundbuchamt ein und beantragte die Eintragung der Erbteilsübertragung im Wege der Grundbuchberichtigung.

Mit Zwischenverfügung vom 12.04.2023 teilte das Grundbuchamt das Eintragungshindernis der fehlenden Zustimmung des WEG-Verwalters in der Form des § 29 GBO mit.

Der Notar erwiderte, dass eine Zustimmung des WEG-Verwalters nicht erforderlich sei, da es sich weder um die Übertragung eines ideellen Bruchteils an einem Wohnungseigentum noch um die Übertragung eines Wohnungseigentums von der Erbengemeinschaft auf einen Miterben handele, sondern hier vielmehr ein Erbteilskauf- und Übertragungsvertrag vorliege, bei dem Gegenstand der Übertragung nicht das Wohnungseigentum, sondern der Erbteil sei.

Mit Schreiben vom 20.04.2023 verwies das Grundbuchamt auf den Sinn und Zweck der Regelung des § 12 WEG. Entscheidend für den Genehmigungstatbestand sei, dass durch das Rechtsgeschäft der Rechtsträger wechsle, indem die Erbengemeinschaft am Vertragsgegenstand aufgelöst werde, wobei die Grundlage für die Auslösung des Genehmigungserfordernisses nicht zwingend in einer Auflassung liegen müsse.

Dem hielt der Notar entgegen, dass die Übertragung eines Miterbenanteils keine Veräußerung i.S.d. § 12 WEG darstelle und die Verfügungsbeschränkung des § 12 WEG Inhalt des Sondereigentums, nicht aber des Nachlasses sei. Im vorliegenden Fall werde weder Sondereigentum noch ein Anteil daran übertragen. Im Übrigen sehe die Teilungserklärung eine Zustimmung des Verwalters der WEG nicht vor, sondern nur eine solche der übrigen Wohnungseigentümer.

Hierauf antwortete das Grundbuchamt mit Schreiben vom 28.04.2023, dass ein Veräußerungsfall nach § 12 WEG vorliege, da der Rechtsträger von einer Erbengemeinschaft auf eine natürliche Person wechsle und nicht wie bei einer aus mehr als zwei Erben bestehenden Erbengemeinschaft bei einer einzelnen Erbteilsübertragung bestehen bleibe. Zudem handele es sich um den einzigen Nachlassgegenstand, so dass auch eine Erbauseinandersetzung mit Auflassung in Betracht gekommen wäre und die Erbteilsübertragung lediglich zur Umgehung des Genehmigungstatbestandes nach § 12 WEG gewählt worden sei.

Gegen die Zwischenverfügung vom 12.04.2023 mit den Folgeverfügungen vom 20.04.2023 und 28.04.2023 legten die Beteiligten sodann Beschwerde ein. Ergänzend führten sie aus, eine Umgehung liege nicht vor. Sowohl die Erbteilsübertragung als auch die Erbauseinandersetzung stellten einen Weg dar, das gewünschte Alleineigentum der Erbin zu erreichen. Die Wahl des Weges müsse den Beteiligten überlassen bleiben. Kostengesichtspunkte sprächen für den Weg der Erbteilsübertragung. Im Übrigen seien weitere Miteigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft der Vater der Zweitbeteiligten sowie die Zweitbeteiligte selbst. Eine Verweigerung der Zustimmung sei bei dieser Konstellation kaum zu erwarten, was gegen eine Umgehung spreche.

Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab und legte diese dem Oberlandesgericht Dresden zur Entscheidung vor.

 

Entscheidung | OLG Dresden 17 W 355/23

Die Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht Dresden Erfolg, da das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht vorliegt und damit die von den Beteiligten hier begehrte Grundbuchberichtigung keiner Zustimmung nach § 12 Abs. 1 WEG bedarf.

Das OLG versteht unter dem Begriff der „Veräußerung“ im Sinne des § 12 WEG nur die rechtsgeschäftliche Übertragung des Wohnungseigentums. Diese setzt auf dinglicher Ebene den Eigentumsübergang durch Auflassung voraus. Werden hingegen andere Rechtsgestaltungen gewählt, die eine Beteiligung am Eigentum durch Vorgänge außerhalb des Grundbuchs begründen, bedarf es keiner Zustimmung des WEG-Verwalters.

Ein Miterbe kann gemäß § 2033 Abs. 1 BGB über seinen Anteil am Nachlass verfügen. Bei einer solchen Verfügung vollzieht sich der Erwerb, wenn zum Nachlass ein Grundstück oder ein grundstücksgleiches Recht gehört, ohne Auflassung und ohne Eintragung in das Grundbuch. Es handelt sich nämlich nicht um die Übertragung eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts oder eines Bruchteils davon, sondern um die Verfügung über eine Mitberechtigung des veräußernden Miterben am gesamten Nachlass. Der Rechtsübergang vollzieht sich daher außerhalb des Grundbuchs und löst eine Berichtigung nach § 22 GBO aus. Stellt die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem einzelnen Nachlassgegenstand somit keine Verfügung über den Gegenstand selbst dar, bedarf die Erbteilsübertragung zu ihrer Wirksamkeit auch nicht einer sonst für die ganze oder teilweise Veräußerung dieses Gegenstandes erforderlichen Genehmigung.

Auf dieser Grundlage unterliegt die Verfügung eines Miterben über seinen Erbteil nicht § 12 Abs. 1 WEG. Dies gilt auch dann, wenn der Nachlass nur noch aus dem Wohnungseigentum besteht.

Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts kommt es auch nicht auf einen etwaigen Rechtsträgerwechsel an, sondern auf dessen Grundlage. Grundlage ist hier eine Eigentumsübertragung außerhalb des Grundbuchs, für die eine Zustimmungspflicht nicht vorgesehen ist.

Auch eine erweiternde Auslegung des § 12 WEG kommt nicht in Betracht. Die als Inhalt des Sondereigentums vereinbarte Zustimmungsbedürftigkeit von Veräußerungen ist als Ausnahme von der in § 137 Satz 1 BGB normierten Verfügungsfreiheit eng auszulegen und einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich. Aus Gründen der sachenrechtlichen Klarheit ist eine formale Betrachtungsweise, nicht aber eine Interessenabwägung geboten.
Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beteiligten auch den Weg einer Erbauseinandersetzung hätten wählen können.

 

Praxishinweis | OLG Dresden 17 W 355/23

Das Grundbuchamt muss künftig eine Grundbuchberichtigung vornehmen, wenn eine Erbteilsübertragung, die als Nachlassinhalt nur aus dem Wohnungseigentum besteht, vorgenommen wurde. Hierfür bedarf es auch nicht der Zustimmung des WEG-Verwalters nach § 12 WEG, weil es sich beim Erbteilskaufvertrag um eine Eigentumsübertragung außerhalb des Grundbuchs handelt und daher die Zustimmungspflicht in der Form des § 29 GBO nicht anwendbar ist und andere Zustimmungspflichten nicht vorgesehen sind.