KG 22 W 15/23
Anmeldung einer Satzungsänderung

15.04.2024

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

KG
08.05.2023
22 W 15/23
ZIP 2024, 235

Leitsatz | KG 22 W 15/23

  1. Die Zuständigkeit zur Prüfung der formellen Anforderungen an eine Sitzverlegung liegt gemäß § 13h Abs. 2 S. 3 HGB beim abgebenden Registergericht.
  2. Für die Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer, der sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt hat, noch zur Anmeldung einer Satzungsänderung befugt ist, ist auf den Zugang der Anmeldung beim Registergericht abzustellen, § 130 Abs. 1 BGB.

Sachverhalt | KG 22 W 15/23

Die Beteiligte (im Folgenden als "Gesellschaft" bezeichnet) ist im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Die Geschäftsführung obliegt Herrn M. J. (nachfolgend "Herr J") und Herrn J. W. K. (nachfolgend "Herr K") mit der Befugnis, Rechtsgeschäfte sowohl mit sich selbst als auch als Vertreter Dritter abzuschließen. Gemäß der allgemeinen Vertretungsregelung im Gesellschaftsvertrag wird die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten, sofern mehrere Geschäftsführer bestellt sind. Es besteht die Möglichkeit einer Alleinvertretungsbefugnis.

Herr J war der alleinige Gesellschafter und hielt sämtliche Geschäftsanteile der Gesellschaft im Nennwert von insgesamt 25.000,00 EUR. Am 09.08.2022 fasste er in einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung den Beschluss, den Sitz der Gesellschaft von Berlin nach Magdeburg zu verlegen. Zugleich veräußerte er sämtliche Geschäftsanteile an die M. GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Hannover und vertreten durch den alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer Herrn J. Am selben Tag trat Herr J schriftlich als Geschäftsführer der Gesellschaft zurück, und diese Erklärung wurde quittiert.

Die schriftliche Niederlegungserklärung des Herrn J gegenüber dem Geschäftsführer der M. GmbH ging am 12.08.2022 beim Amtsgericht Charlottenburg per Einschreiben ein. Die notariell beurkundete Anmeldung der Sitzverlegung durch Herrn J erfolgte am 18.08.2022 elektronisch. Jedoch teilte das Registergericht am 23.08.2022 unter Bezugnahme auf die Niederlegungserklärung mit, dass es die Anmeldung der Sitzverlegung für nicht wirksam erachte und daher die Akte nicht an das nunmehr zuständige Gericht weiterleite. Mit Beschluss vom 14.11.2022 wurde die Anmeldung der Sitzverlegung zurückgewiesen.

Entscheidung | KG 22 W 15/23

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Anmeldung war durch das AG Charlottenburg zurückzuweisen, weil Herr J nicht (mehr) über die erforderliche Vertretungsbefugnis verfügte. Aus § 13h Abs. 2 S. 3 HGB folgt, dass das abgegebene Registergericht aufgrund seiner Sachnähe für die Prüfung der Sitzverlegung zuständig ist.

Die Sitzverlegung durch Herrn J war unwirksam, da gemäß § 78 GmbHG die Mitwirkung des Geschäftsführers Herrn K erforderlich ist. Diese fehlt hier. Die allgemeine Vertretungsregelung im Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer vertreten wird, und eine Alleinvertretungsbefugnis des Herrn J ist nicht im Handelsregister vermerkt. Die außerordentliche Gesellschafterversammlung am 9.8.2022 sollte, abgesehen von der Sitzverlegung, keine weiteren Beschlüsse fassen. Es bestehen angesichts der strengen Anforderungen für Registerangelegenheiten keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine konkludente Ermächtigung zur Alleinvertretung durch den Alleingesellschafter J.

Zudem fehlte Herrn J die erforderliche Vertretungsbefugnis, da er sein Amt als Geschäftsführer am 09.08.2022 niedergelegt hatte. Am 18.08.2022, als die Anmeldung einging, war er nicht mehr Geschäftsführer. Die Amtsniederlegung erfolgte wirksam gegenüber dem alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer der M. GmbH. Die Wirksamkeit der Amtsniederlegung wird durch § 39 GmbHG nicht beeinträchtigt, da Anmeldung und Eintragung nur deklaratorische Wirkung haben und die Gesellschaft durch die Niederlegung nicht führungslos wurde, da Herr K weiterhin als alleiniger Geschäftsführer bestellt ist.

Für die Beurteilung der Vertretungsbefugnis kommt es darauf an, wann die Anmeldung dem Registergericht zugeht. Dies ergibt sich aus § 130 Abs. 2 BGB analog. Zwar wird teilweise vertreten, dass es aufgrund des Rechtsgedanken in § 180 BGB auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung der Handelsregisteranmeldung ankäme. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden, da es sich hier nicht um ein einseitiges Rechtsgeschäft, sondern um eine empfangsbedürftige verfahrensrechtliche Erklärung handelt.

 

Praxishinweis | KG 22 W 15/23

Für die erforderliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer GmbH kommt es regelmäßig auf den Eingang der Anmeldung beim Registergericht an.

Mit Blick auf den Grundsatz einer elektronischen Übermittlung der Anmeldung ist die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes nur in Ausnahmefällen von Bedeutung.