OLG Hamm 27 W 18/21
Abgabe der Versicherungserklärung des Liquidators zur Unzeit im Rahmen der Auflösungseintragung einer GmbH

26.12.2021

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Hamm
26.03.2021
27 W 18/21
NZG 2021, 1071

Leitsatz | OLG Hamm 27 W 18/21

Eine Zurückweisung eines verfrühten Antrags auf die Eintragung einer Anmeldung ist dann nicht mehr in Betracht zu ziehen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung die Eintragungsvoraussetzungen gegeben sind. Die Tatsache, dass der Antrag zu früh bzw. zur Unzeit eingegangen ist, ist dann nicht mehr erheblich.

(nichtamtl. Leitsatz)

Sachverhalt | OLG Hamm 27 W 18/21

Die Gesellschaft, ein mittelständisches Handelsunternehmen, hat seinen Geschäftsbetrieb zum Ende des Jahres 2020 eingestellt. Der Beteiligte beantragte mit Anmeldung vom 02.11.2020 die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister zum 31.12.2020. Er sei von der Gesellschaft zum Liquidator bestellt worden und versicherte, dass keine Umstände vorlägen, aufgrund derer er von Gesetzes wegen von einem solchen Amt ausgeschlossen sei. Am 07.01.2021 teilte das Amtsgericht dem Beteiligten mit, dass eine Eintragung derzeit noch nicht erfolgen könne, da der Liquidator seine Versicherungserklärung zu früh, das heißt zur Unzeit, erteilt habe.

Der Beteiligte legte gegen das Schreiben Beschwerde ein, woraufhin ihm das Amtsgericht mit Schreiben vom 20.01.2021 mitteilte, die Zwischenverfügung vom 07.01.2021 sei nicht rechtsmittelfähig. Darüber hinaus bestünden die Eintragungshindernisse fort, da die Versicherung zu früh abgegeben worden und damit für den Zeitraum vom 03.11.2020 bis zum 31.12.2020 nicht aussagekräftig sei.

Der Beteiligte legte dagegen Beschwerde ein, welcher das Amtsgericht mit Verfügung vom 23.02.2021 nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

Entscheidung | OLG Hamm 27 W 18/21

Die Beschwerde hat Erfolg. Ob es sich bei dem Schreiben vom 07.01.2021 um eine rechtsmittelfähige Zwischenverfügung handelt, spiele keine Rolle, da das Amtsgericht ihren Inhalt zumindest in der Zwischenverfügung vom 20.01.2021 wiederholt habe. Die Beschwerde sei statthaft und zulässig.

Die Beschwerde sei auch begründet, da die in der Zwischenverfügung angegebenen Gründe für die Ablehnung der Eintragung nicht tragfähig seien. Zur Durchführung der Liquidation einer Gesellschaft ist gemäß § 66 GmbHG der Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet, wenn nicht einer anderen Person dieses Amt übertragen worden ist. Bis das Liquidationsverfahren beendet ist, bleibt die aufgelöste Gesellschaft als juristische Person fortbestehen. Der Liquidator hat die Aufgabe, im Interesse der Gesellschaft und ihrer Gläubiger für eine vollständige und sachgerechte Verteilung des Gesellschaftsvermögens Sorge zu tragen.

Der Beteiligte habe als geborener und bestellter Liquidator die nach § 66 Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG gebotene Erklärung abgegeben. Er habe mit der notariell beglaubigten Erklärung insbesondere ausreichend versichert, dass er keiner gesetzlichen Betreuung unterliegt, ihm kein Berufsverbot erteilt worden ist und er nicht rechtskräftig wegen einer vorsätzlich begangenen Vermögensstraftat verurteilt worden ist. Auch wenn die Versicherung verfrüht abgegeben worden sei, komme jedenfalls eine Zurückweisung dann nicht mehr in Betracht, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung die Eintragungsvoraussetzungen vorliegen. Gibt es konkrete Anhaltspunkte, aus denen sich Zweifel an der Richtigkeit der Versicherung ergeben, bleibe es dem Registergericht freigestellt, vom Anmeldenden weitere Erklärungen oder eine aktualisierte Versicherung anzufordern. Das Amtsgericht habe in seinem Schreiben allerdings nicht die inhaltliche Richtigkeit der Anmeldung in Frage gestellt, sondern vielmehr lediglich auf die Abgabe zu Unzeit abgestellt. Alle Gründe, auf die das Amtsgericht ihre Zurückweisung stützt, seien auf die mangelnde zeitliche Nähe zurückzuführen, was nicht ausreichend sei.

Folglich sei die Zwischenverfügung vom 20.01.2021 aufzuheben und die Sache dem Amtsgericht zur erneuten Bescheidung zurückzugeben. Dabei habe es die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen.

Praxishinweis | OLG Hamm 27 W 18/21

Aufgrund der Verantwortung, die dem Liquidator übertragen ist, ist die abgebebene Versicherung zeitnah zum Zeitpunkt der begehrten Eintragung der Auflösung abzugeben, um die Richtigkeit der Angaben zum relevanten Zeitpunkt sicherstellen zu können. Auch wenn das Registergericht die Zurückweisung der beantragten Eintragung der Auflösung im Grunde nicht nur auf die Unzeit der abgegebenen Versicherung stützen kann (sofern keine weiteren inhaltlichen Mängel ersichtlich sind), sollte die Versicherung so „spät“ wie möglich abgegeben werden, um die Verpflichtung zur Abgabe einer aktualisierten Versicherung zu verhindern. Dies erspart dem Anmeldenden sowohl Mehraufwand als auch Mehrkosten.