BGH V ZR 12/17
BVVG - kein Rückkaufsrecht, kein Zahlungsanspruch für begünstigt erworbene landwirtschaftliche Nutzungsfläche bei Windkraftanlagennutzung

06.11.2018

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
14.09.2018
V ZR 12/17
BeckRS 2018, 25224

Leitsatz | BGH V ZR 12/17

1. Die Errichtung von Windkrafträdern löst kein Wiederkaufsrecht nach § 12 Abs. 4 FlErwV aus. In Betracht kommt nur ein Rücktrittsrecht unter den in § 12 Abs. 1 FlErwV genannten Voraussetzungen.

2. Die vollständige oder teilweise Einbeziehung der verkauften Flächen in ein Wind-eignungsgebiet löst ein Wiederkaufsrecht der BVVG § 12 Abs. 4 Satz 1 FlErwV i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 4 Fall 2 und Satz 5 FlErwV nicht aus.

3. Eine Regelung in einem Kaufvertrag gemäß § 3 AusglLeistG, nach der der Erwerber die für die Bestellung eines dinglichen Rechts zur Absicherung der Befugnis eines Betreibers zu Errichtung und Betrieb von Windkrafträdern an den veräußerten Flächen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 FlErwV erforderliche Zustimmung unabhängig von der Gefährdung oder Nichtgefährdung der Zweckbindung nur verlangen kann, wenn er die BVVG an den Vertragsverhandlungen mit dem Betreiber beteiligt, ihr alle Unterlagen zur Verfügung stellt und ihr den überwiegenden Teil der Entschädigung auskehrt, die er von dem Betreiber erhält, ist nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Sachverhalt | BGH V ZR 12/17

Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), die für die Privatisierung land- und fortwirtschaftlicher Flächen zuständig ist, schloss mit dem Kläger einen notariellen Kaufvertrag über landwirtschaftliche Flächen im Jahr 2005. Der Käufer erhielt den größten Teil der Flächen preisbegünstigt nach § 3 AusgLG. Der BVVG wurde zum einen ein Wiederkaufsrecht für den Fall der Nutzungsänderung (insbesondere als Standort für Windkraftanlagen) eingeräumt. Zum anderen Bestand ein Anspruch auf Zustimmung, wenn die BVVG an Vertragsverhandlungen beteiligt werde, ihr die dazugehörigen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden und sie mindestens 75 % der an den Kläger gezahlten Entschädigungszahlung erhielte.

2014 erklärte der Kläger gegenüber der BVVG, dass er einem Windkraftanlagenbetreiber das Aufstellen von 3 Windkrafträdern auf ca. 1,5 % der Fläche gestatten wolle. Die BVVG bestand daraufhin auf Einhaltung der kaufvertraglichen Regelungen insbesondere auf die Entschädigungszahlungen.

Der Kläger begehrte u.a. Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei an die BVVG zu zahlen und dieser auch deswegen kein Rücktritts- bzw. Wiederkaufsrecht zustehe.

Entscheidung | BGH V ZR 12/17

Nach Auffassung des BGH steht der BVVG kein Wiederkaufsrecht zu. Die Voraussetzungen der § 12 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 4-6 FlErwV sind nicht erfüllt. Darüber hinaus gehende Regelungen können nicht im Kaufvertrag getroffen werden, da die BVVG verwaltungsprivatrechtlich handele und sich somit bei der Ausgestaltung von Verträgen an die Gesetze halten müsse. Nicht gestattet sei ihr also privat autonomes Handeln. Nach den gesetzlichen Regelungen bestehe ein Wiederkaufrecht, wenn die Flächen für andere Zwecke nutzbar werden. Dies soll vor allem die Fälle erfassen, in denen die privilegiert erworbenen Flächen Bauland werden. Davon erfasst ist jedoch nicht die Änderung der tatsächlichen Nutzung (wie hier), denn in diesen Fällen stehe der BVVG unter bestimmten Voraussetzungen ein Rücktrittsrecht zu. Des Weiteren löse auch die Einbeziehung der Flächen in ein sog. Windeignungsgebiet kein Wiederkaufrecht aus, da dies weder ein Fall von § 1 Abs. 5 FlErwV direkt sei, noch den dort genannten Plänen gleichgestellt werden könne. Es bestehe bei der Einbeziehung in ein Windeignungsgebiet nicht die Gefahr, dass die Flächen nicht mehr dauerhaft und nachhaltig land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Zudem sei die Nutzung von Windenergie ein immer im Außenbereich zulässiges privilegiertes Vorhaben (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), die Einbeziehung der Flächen in ein Windeignungsgebiet stellt lediglich eine Erleichterung der Genehmigungsfähigkeit solcher Vorhaben dar. Ebenso greift § 1 Abs. 2 Satz 6 FlErwV nicht, denn danach sollen Planungsverfahren i.V.m. Widmungen nach öffentlichem Sachenrecht (z.B. der Bau einer Straße) geschützt werden.

Ein Rücktrittsrecht, welches hier jedoch nicht in Streit stehe, sei nur gegeben, wenn die Änderung der Nutzung von wesentlichen Teilen der verkauften Fläche (sog. Rücktrittschwelle) gegeben sei. Dies scheint bei einer Fläche von unter 1,5 % der gekauften nicht erfüllt.

Zuletzt bestehe auch kein Recht der BVVG auf Beteiligung an Verhandlungen, auf Zurverfügungstellung von Vertragsunterlagen und auf Teile des Entschädigungsgeldes, weil die Regelungen im Kaufvertrag gem. § 307 BGB unwirksam seien. Zunächst handele es sich um AGB, da die BVVG diese bei einer Vielzahl von Verträgen stellte. Wie bereits ausgeführt, dürfe die BVVG bei Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben nicht von den gesetzlichen Vorgaben abweichen, was sie allerdings getan habe. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 FlErwV sei die Zustimmung zu einer Verfügung zu erteilen, wenn die Zweckbindung nicht gefährdet sei. Im Kaufvertrag machte die BVVG ihre Zustimmung nur davon abhängig, dass sie an Vertragsverhandlungen beteiligt werde, ihr die dazugehörigen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden und sie an der Entschädigungszahlung beteiligt werde. Die Zweckbindung, auf die es ausschließlich ankäme, sei aber nicht gefährdet durch das Vorhaben des Klägers. Es handle sich um eine bloße Nebennutzung wie bspw. die Einräumung eines Wegerechts, die die landwirtschaftliche Nutzung nicht beeinträchtigen würden.

Praxishinweis | BGH V ZR 12/17

Das Urteil des BGH hat zur Folge, dass auch aufgrund der kaufvertraglichen Regelungen bereits gezahlte Gelder von der BVVG zurückverlangt werden können, zumindest solange die Ansprüche noch nicht verjährt sind.