BGH XII ZB 586/15
Keine Adoption durch Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

23.01.2018

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
08.02.2017
XII ZB 586/15
DNotZ 2017, 375

Leitsatz | BGH XII ZB 586/15

1. Eine mit ihrem Partner weder verheiratete noch in einer Lebenspartnerschaft lebende Person kann dessen Kind nicht annehmen, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Partner und seinem Kind erlischt.

2. Die in diesem Fall das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses anordnenden Regelungen des §§ 1741 Abs. 2, 1755 Abs. 1 BGB sind weder verfassungswidrig (im Anschl. an BVerfGE 133, 59 = NJW 2013, 847) noch konventionswidrig (Abgrenzung zu EGMR, FamRZ 2008, 377).

Sachverhalt | BGH XII ZB 586/15

Die Antragssteller leben in einer nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Die Antragstellerin zu 2 ist Mutter zweier minderjähriger Kinder, deren leiblicher Vater bereits verstorben ist. Der Antragsteller zu 1 begehrte die Adoption der Kinder als gemeinsame Kinder.

Das Amtsgericht wies den Antrag und das OLG die Beschwerde zurück.

Entscheidung | BGH XII ZB 586/15

Der BGH wies die Rechtsbeschwerde ebenso als unbegründet zurück.

Zunächst sei eine solche Adoption im Gesetz nicht vorgesehen (§ 1741 Abs. 2 BGB), ohne dass nach § 1755 Abs. 1 BGB das Verwandtschaftsverhältnis zur Mutter erlöschen würde. Eine teleologische Reduktion, welche ergebe, dass der Gesetzgeber lediglich die gemeinschaftliche Annahme eines Kindes durch unverheiratete Personen verhindern wollte, folge nicht aus der Auslegung der einschlägigen, gesetzlichen Regelungen.

Auch sei die derzeitige Regelung weder verfassungs- noch europarechtswidrig.

Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG sei nicht verletzt, denn zum einen falle der Antragssteller zu 1 schon nicht in dessen Schutzbereich, weil die rein soziale Elternschaft nicht ausreiche und kein Recht auf Adoption bestehe. In das Elternrecht der Antragstellerin zu 2 sei dagegen gar nicht eingegriffen worden.

Ebenso sei Art. 6 Abs. 1 GG nicht verletzt. Darunter fallen zwar auch Familiengemeinschaften im weiteren Sinne, aber nach der Rechtsprechung des BVerfG greife eine Adoptionsversagung nicht in das Familiengrundrecht ein.

Auch das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG auf Gleichbehandlung sei nicht verletzt. Die Ungleichbehandlung sei vom Gesetzgeber auf einen legitimen Zweck gestützt, nämlich den Kindern eine stabile Elternbeziehung zu gewährleisten. Zwischen einer Ehe und einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft würden rechtlich erhebliche Unterschiede bestehen. Vor allem könne eine Ehe nicht jederzeit einfach beendet werden.

Das Recht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung sei darüber hinaus ebenso nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Außerdem habe das Kind bereits einen Elternteil bzw. stehe es den Antragsstellern frei, die Ehe zu schließen.

Zuletzt verletzen die gesetzlichen Regelungen nicht Art. 8 EMRK. Der dem EGMR (siehe Leitsatz Nr. 2) vorliegenden Fall, der Art. 8 EMRK verletzt sah, weil nationales Recht die Rechte und Pflichten der leiblichen Mutter als Folge der Adoption erlöschen ließ, lag ein ganz anderer Sachverhalt zugrunde. Dort ging es um eine volljährige, behinderte Person. Für minderjährige Kinder sah der deutsche Gesetzgeber, auch wenn es mittlerweile eine europäische Öffnungsklausel für nichteheliche Lebensgemeinschaften gebe und mehrere Länder dies bereits zuließen, das gesteigerte Interesse des Kindes an einer gefestigten Beziehung.

Praxishinweis | BGH XII ZB 586/15

Im Moment besteht für nichteheliche Lebensgemeinschaften daher ausschließlich die Möglichkeit eine Ehe einzugehen und anschließend eine Stiefkindadoption durchzuführen. Damit fällt allerdings eine etwaige Witwenrente weg. Der BGH erwähnt bereits, dass es einen gesellschaftlichen Wandel gebe und es immer mehr nichteheliche Lebensgemeinschaften gebe. Dennoch betont er, dass der Gesetzgeber hier die Einschätzungsprärogative hat. Vielleicht wird der Gesetzgeber nach der vor kurzem beschlossenen „Ehe für alle“ bald auch die Rechte der nichtehelichen Lebensgemeinschaften stärken. Allerdings würden sich dadurch die Vorteile der Eheschließung wiederum verkleinern.