OLG Brandenburg 5 U 75/12
Mängelhaftigkeit eines älteren Hauses wegen Durchfeuchtung der Kellerwände und Schimmelbefalls

18.12.2013

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

OLG Brandenburg
08.08.2013
5 U 75/12
IMR 2013, 3774

Leitsatz | OLG Brandenburg 5 U 75/12

  1. Allein in der Formulierung „Vertragsbesitz von außen und innen besichtigt“ liegt keine Beschaffenheitsvereinbarung.
  2. Abdichtungsmaßnahmen wie eine Horizontal- und Vertikalsperre können bei einem um 1920 errichteten Haus nicht erwartet werden. Allein das Fehlen dieser Abdichtungsmaßnahmen begründet daher keinen Mangel der Kaufsache i.S.d § 434 Abs. 1 BGB.
  3. Der Verkäufer eines Gebäudegrundstücks muss Mängel, die einer ordnungsgemäßen Besichtigung zugänglich sind, nicht offenbaren.

Sachverhalt | OLG Brandenburg 5 U 75/12

Das OLG Brandenburg hatte über die Berufung der Käufer eines Gebäudegrundstücks zu entscheiden in der Schadensersatzansprüche wegen arglisten Verschweigens von Mängeln gegen die Veräußerer geltend gemacht werden. Die Klägerin besichtigte die Kaufsache an zwei Besichtigungsterminen und gibt an, dass die Mängel, namentlich eine starke Durchfeuchtung der Wände im Keller und im Erdgeschoss, Schimmelpilzbildung im Schlafzimmer, Küche, Wohnzimmer und Bad sowie Holzwurmbefall an vier Dachbalken im Dachgeschoss, weder bei den Besichtigungen im Mai noch bei der Übergabe im August 2009 zu erkennen gewesen. Ebenfalls hätten die Veräußerer nicht über die Mängel an der Kaufsache aufgeklärt. Ebenfalls stellt die Klägerin in Abrede, dass eine Vereinbarung über die Beschaffenheit des Hauses getroffen wurde.

Entscheidung | OLG Brandenburg 5 U 75/12

Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen.

Entgegen der Auffassung des LG Neuruppin kann in der Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache die Formulierung „Vertragsbesitz von außen und innen besichtigt“ nicht eine Bestimmung der Beschaffenheit der Kaufsache gesehen werden. Die Beschaffenheit beschreibt den tatsächlichen Zustand des Objektes, währenddessen die o.g. Formulierung lediglich eine Wissenserklärung des Käufers bestätigt und keine Aussage über den vertraglich geschuldeten Zustand der Sache liefert (Vgl. Palandt/Weidenkaff, 71. Aufl. 2012, §434 BGB Rd. 9 ff. insb. Rn. 15.).

Somit stünde, durch den Wegfall der Beschaffenheitsvereinbarung, der Weg offen für etwaige Schadenersatzforderungen nach §§ 434, 437 Nr. 3 i. V. m. 280 ff. BGB.

Allerdings lehnt das OLG Brandenburg die Durchfeuchtung des Kellers als Sachmangel i. S. d. § 434 BGB ab. Aus dem im Beweissicherungsverfahren erstellten Gutachten geht hervor, dass bei einem Haus aus dem Baujahr 1920 nicht von einer Horizontal- und Vertikalsperre als Abdichtungsmaßnahme ausgegangen werden kann.

Losgelöst von dieser Tatsachenbetrachtung besteht grundsätzlich für den Veräußerer die Pflicht zur Offenlegung von verborgenen Mängeln. Diese sind dem Erwerber vollumfänglich anzuzeigen. Bei einem Verschweigen gegenüber dem Erwerber könnte eine Haftungssituation gem. § 444 BGB vorliegen.

Die Offenbarungspflicht ist obsolet, wenn der Erwerber bei der gebotenen Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten den Mangel hätte erkennen können. Vor diesem Hintergrund sollte die Besichtigung des Veräußerers mit dem Erwerber im Interesse beider Parteien aufmerksam und sorgfältig durchgeführt werden.

Ein Verzicht, wie im vorliegenden Fall, auf die Besichtigung der Kellerräume wegen einer defekten Lichtquelle entspricht einer groben Fahrlässigkeit des Erwerbers. Mängel, die der Erwerber aufgrund einer groben Fahrlässigkeit nicht erkennt, führen nicht zum Erlöschen der Arglisthaftung. Der Veräußerer muss den Erwerber trotz dessen grober Fahrlässigkeit gem. § 442 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Mangelhaftigkeit hinweisen.

Weiter hat die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 444, 434, 437 Nr. 3 i. V. m. 280 ff BGB in Bezug auf den Schimmel- und Holzwurmbefall. Die Arglisthaftung des § 444 BGB setzt eine Kenntnis des Veräußerers bei Vertragsschluss voraus. Dieser Informationsvorsprung kann hier nicht bestätigt werden, da obwohl das Beweissicherungsgutachten den Holzwurmbefall bestätigt der Zeitraum des Ursprungs nicht genau bestimmt werden kann. Dieser wird „mehrere Jahre“ zurückliegen, allerdings kann die Kenntnis des Veräußerers nicht durch die Arbeiten am Dach von 2004 belegt werden, da der Schädlingsbefall auch nach den Dacharbeiten hätte stattfinden können. Das Wissen der Veräußerer um den Schimmelbefall kann ebenfalls nicht bestätigt werden.

Praxishinweis | OLG Brandenburg 5 U 75/12

Um grobe Fahrlässigkeit oder eine Arglisthaftung auszuschließen, sollten stets vollumfängliche Besichtigungstermine veranstaltet werden. Der Veräußerer muss den Erwerber auch auf Mängel in Gebäudeteilen hinweisen, die der Erwerber nicht besichtigen kann bzw. will. Es wäre ratsam, dass die Parteien vor Vertragsschluss ein unterschriebenes Besichtigungsprotokoll anfertigen, auf dem die Beschaffenheitsvereinbarung aufbaut.