Auswirkungen des Koalitionsvertrages auf die juristische Praxis im Immobilienrecht

I.    Einführung

Am 07.12.2021 hat die Ampel-Koalition bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ihren am 24.11.2021 vorgestellten Koalitionsvertrag unterzeichnet. Dabei wurden im Bereich des Immobilienrechts unter anderem bereits langjährig diskutierte Themen, wie beispielsweise die Mietpreisbremse, aufgegriffen und zu diesen und anderen Themen konkrete Reformvorschläge unterbreitet sowie weitere Ideen und Vorschläge formuliert.

Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Änderungen vor, die Konsequenzen für die juristische Praxis im Immobilienrecht entfalten können.

 

II.    Inhalt des Koalitionsvertrages zum Immobilienrecht

1.    Mitpreisbremse

Die Mietpreisbremse wird bis zum Jahr 2029 verlängert. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wird die Kappungsgrenze von 15 Prozent auf 11 Prozent in drei Jahren abgesenkt (unter „Schutz der Mieterinnen u. Mieter“, S. 91 Koalitionsvertrag). Dabei handelt es sich jedoch nicht um den vieldiskutierten Mietenstopp, sondern lediglich um eine Kappungsgrenze für Bestandsmieten.

Nach Ansicht des Deutschen Mieterbundes (DMB) sei bereits bekannt, dass die Mietpreisbremse wegen zu vieler Ausnahmen und zahlreichen Umgehungen kaum wirkt und die bestehenden Kündigungsschutzregelungen dringend überarbeitet werden müssten (FD-MietR 2021, 443873, beck-online).

 

2.    Qualifizierte Mitspiegel

Qualifizierte Mitspiegel, d.h. Mitspiegel, die nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde/Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden sind (§ 558d Abs. 1 BGB), sollen gestärkt werden. (unter „Schutz der Mieterinnen u. Mieter“, S. 91 Koalitionsvertrag).

Dies umfasst im Einzelnen, dass für Gemeinden über 100.000. Einwohnerinnen bzw. Einwohnern qualifizierte Mitspiegel verpflichtend werden. Die Berechnung erfolgt dabei anhand der Mietverträge der letzten sieben Jahre.

 

3.    Nebenkostenabrechnungen

Daneben sollen Nebenkostenabrechnungen transparenter werden (unter „Schutz der Mieterinnen u. Mieter“, S. 91 Koalitionsvertrag).

 

4.    Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik

Zur Entspannung der Situation auf dem Mietmarkt soll eine neue Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik beitragen. Davon umfasst sind die Fortführung und Erhöhung der Mittel des Bundes zur finanziellen Unterstützung für den sozialen Wohnungsbau inkl. sozialer Eigenheimförderung (unter „Bauen und Wohnen“, S. 88 Koalitionsvertrag). Zudem soll eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen auf den Weg gebracht werden. Diese soll nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit die Struktur der etablierten Wohnungswirtschaft ergänzen, ohne sie zu benachteiligen.

 

5.    Novellierung des BauGB

Es erfolgt eine Novellierung des BauGB mit den Zielen, seine Instrumente effektiver und unkomplizierter anwenden zu können, Klimaschutz und- anpassung, Gemeinwohlorientierung und die Innenentwicklung zu stärken und zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren sowie weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren vorzunehmen (unter „Digitalisierung und Vereinfachung“, S. 89 f. Koalitionsvertrag). Zu diesem Zweck sollen eine Entfristung der entsprechenden Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz erfolgen sowie die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung im Bauleitplanverfahren geschaffen werden.

Zudem wird geprüft, ob sich aus dem Urteil des BVerwG vom 9. November 2021 zum gemeindlichen Vorkaufsrecht in Gebieten einer Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung) gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt.

 

6.    Teilwarmmiete

Es soll schnell auf das Konzept der „Teilwarmmiete“ umgestellt werden. Dies bedeutet, dass der Vermieter für die Basisversorgung mit Wärme zuständig ist und der zusätzliche Verbrauch verbrauchsabhängig vom Mieter bezahlt wird. Insbesondere soll die Modernisierungsumlage für energetische Maßnahmen in diesem System aufgehen (unter „Klimaschutz im Gebäudebereich“, S. 91 Koalitionsvertrag).

 

7.    CO2-Preis für fossile Heizanlagen

Der CO2-Preis soll künftig zwischen Mietern und Vermietern geteilt werden. Ab Juni 2022 wird die Umlage des CO2-Preises nach BEHG durch ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen geregelt. Soweit die Einführung zeitlich nicht gelingt, wird der CO2-Preis ab diesem Zeitpunkt zwischen Mieter und Vermieter geteilt (unter „Klimaschutz im Gebäudebereich“, S. 91 Koalitionsvertrag). Der DMB merkt hierzu an, dass der Mieter bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin den vollen CO2-Preis für fossile Heizungen bezahlen muss, obwohl die Lenkungswirkung bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizungen ausschließlich beim Vermieter erzielt werden könne (FD-MietR 2021, 443873, beck-online).

 

8.    Wohnungseigentumserwerb

Um den Menschen in Deutschland den Erwerb selbstgenutzten Wohnungseigentums zu erleichtern, will die Koalition den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer, z.B. durch einen Freibetrag, ermöglichen. Durch das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals) soll eine Gegenfinanzierung erfolgen.

Zudem soll die illegale Finanzierung von Immobilien durch Maßnahmen wie z.B. den Versteuerungsnachweis für gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland und bei jedem Immobilienerwerb in Deutschland sowie ein Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld verhindert werden. Auch wird eine ladungsfähige Anschrift im Grundbuch bei Änderungen verpflichtend.

Weiterhin soll der echte Sachkundenachweis für Makler, Miet- und WEG-Verwalter eingeführt werden und das KfW Programm zum Kauf von Genossenschaftsanteilen gestärkt werden (unter „Wohnungseigentum“, S. 92 Koalitionsvertrag).

 

III.    Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schwerpunkte aus immobilienrechtlicher Sicht auf den Bereichen Wohnen, Bauen, Klimaschutz und Digitalisierung liegen. Die Ampel-Koalition hat umfassende Änderungen in Aussicht gestellt, die jedoch (zumindest teilweise) von (Machbarkeits-)Studien abhängen. Dies betrifft unter anderem das Teilwarmmietenmodell. Mit den geplanten Änderungen sind große Herausforderungen verbunden, die jedoch aufgrund ihrer Zukunftsorientierung (beispielsweise Digitalisierung) auch ein hohes Chancenpotenzial mit sich bringen.

Im Hinblick auf den effektiven Mieterschutz hat es mit dem Koalitionsvertrag nach Aussage des Präsidenten des DMB keinen echten Fortschritt gegeben, da wichtige Schlupflöcher nicht geschlossen worden seien (FD-MietR 2021, 443873, beck-online).

Im Übrigen bleibt abzuwarten, inwieweit die Vorhaben, insbesondere zu den im Koalitionsvertrag angegebenen Zeitpunkten, umgesetzt werden.

 

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