BGH IX ZR 184/14
Anfechtbarkeit eines Gesellschafterdarlehens bei einer Doppelinsolvenz

06.08.2017

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
13.10.2016
IX ZR 184/14
DNotZ 2017, 151

Leitsatz | BGH IX ZR 184/14

1. Die Auszahlung eines Gesellschafterdarlehens an die Gesellschaft kann in der Insolvenz des Gesellschafters nicht als unentgeltliche Leistung des Gesellschafters angefochten werden.

2. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Gesellschafters, welcher der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, kann dem Nachrangeinwand des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Gesellschaft nicht den Gegeneinwand entgegenhalten, die Gewährung eines Gesellschafterdarlehens sei als unentgeltliche Leistung anfechtbar.

Sachverhalt | BGH IX ZR 184/14

Der Kläger ist seit 2006 Insolvenzverwalter über das Vermögen der DMAG. Die frühere Beklagte zu 1 war Mehrheitsgesellschafterin einer GmbH. 2009 wurde das Insolvenzverfahren über die GmbH eröffnet und der Beklagte zu 2 ist deren Insolvenzverwalter.

Die DMAG war im Jahr 2003/2004 durch den Erwerb von Gesellschaftsanteilen Mehrheitsgesellschafterin der GmbH geworden. Sie gewährte der GmbH 2005 zwei Gesellschafterdarlehen. Die Beträge überwies sie der Beklagten zu 1 und diese leitete sie an die GmbH weiter.

Der Kläger klagte zunächst gegen die frühere Beklagte zu 1 aus unerlaubter Handlung sowie aus Vertrag. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH trat der Beklagte zu 2 in den Rechtsstreit ein. 2010 meldete der Kläger die Darlehensforderungen, die angefallenen Zinsen und die Kosten der Rechtsverfolgung zur Tabelle der GmbH an.

Der Kläger behauptete, dass die Darlehen hätten der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes gedient, da die Zahlungsunfähigkeit der GmbH gedroht hätte. Außerdem seien die Darlehen unentgeltlich gewährt worden. Deshalb begehrte der Kläger nun, dass die angemeldeten Forderungen als nicht nachrangige Insolvenzforderungen festzustellen seien.

Entscheidung | BGH IX ZR 184/14

Der BGH wies die Revision zurück, denn die Forderungen seien nachrangige Forderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Der Kläger könne die Gewährung der Darlehen nicht nach §§ 146 Abs. 2, 134 Abs. 1 InsO anfechten, da diese keine unentgeltlichen Leistungen seien. Eine unentgeltliche Leistung liege vor, wenn der Verfügende zugunsten eines Anderen eine Vermögensposition aufgibt, ohne dass er einen entsprechenden Vermögenswert erhalte. Bei einem Darlehensvertrag sei der Darlehensnehmer gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich verpflichtet Zinsen zu zahlen. Jedenfalls habe der Darlehensnehmer aber bei Fälligkeit einen Rückzahlungsanspruch. Deshalb sei ein Darlehen ein entgeltliches Geschäft. Nach früherer Rechtsprechung wurde allerdings die Unentgeltlichkeit der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens auf Grundlage des § 32a Abs. 1 GmbHG bejaht (BGH, Urt. v. 2.4.2009, IX ZR 236/07). Nach dem MoMiG und der Aufgabe des Merkmals „kapitalersetzend“ könne an dieser Rechtsprechung nicht festgehalten werden. Sinn und Zweck der Neuregelung sei gewesen, Gesellschafterdarlehen ohne Rücksicht auf einen Eigenkapitalcharakter einer insolvenzrechtlichen Sonderbehandlung zu unterwerfen. Etwas anderes ergebe sich ebenfalls nicht daraus, dass der Rückzahlungsanspruch durch die angeordnete Nachrangigkeit in der Insolvenz entwertet sei (im Schrifttum verbreitete Ansicht). Im Regelfall verliere zwar der Gesellschafter in der Insolvenz seinen Rückforderungsanspruch, dies trete allerdings nicht bereits im Zeitpunkt der Leistungserbringung ein und sei nicht immer zwingend so. Auch die Gesetzessystematik lasse keinen anderen Schluss zu. Gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO seien sogar Rückzahlungen der Gesellschaft vor Insolvenz anfechtbar. Es wäre daher widersprüchlich, wenn der Gesellschafter noch nicht zurückgezahlte Darlehen anfechten könnte.

Praxishinweis | BGH IX ZR 184/14

In der Krise sind Gesellschafterdarlehen häufig das einzige Mittel zur Finanzierung von Unternehmen. Diese sind nach aktueller Rechtsprechung aber nun in der oftmals folgenden Insolvenz nur nachrangig und damit auch für die Gesellschafter nicht mehr attraktiv.