BGH V ZR 164/13
Übergang des Wohnungsverwalteramtes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge

09.05.2014

Notizen zur Rechtsprechung

Gericht:
Datum:
Aktenzeichen:
Fundstelle:

BGH
21.02.2014
V ZR 164/13
ZIP 2014, 776

Leitsatz | BGH V ZR 164/13

  1. Bei der Verschmelzung einer zur Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage bestellten juristischen Person auf eine andere juristische Person gehen die Organstellung und der Verwaltervertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger über; der Verwaltervertrag erlischt nicht in entsprechender Anwendung von § 673 BGB, weil diese Norm durch die im Umwandlungsgesetz enthaltenen Spezialvorschriften verdrängt wird.
  2. Die Verschmelzung der Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage stellt zwar als solche keinen wichtigen Grund dar, der eine vorzeitige Kündigung eines Verwaltervertrags rechtfertigt; an die erforderlichen besonderen Umstände, die die Fortführung der Verwaltung durch den übernehmenden Rechtsträger für die Wohnungseigentümer unzumutbar machen, sind aber keine hohen Anforderungen zu stellen.

Sachverhalt | BGH V ZR 164/13

Im Jahr 2007 bestellten die Wohnungseigentümer zweier benachbarter Wohnungseigentumsanlagen jeweils die G. GmbH zur Verwalterin. In der Folge wurden entsprechende Verwalterverträge geschlossen. Mit Verschmelzungsvertrag vom 1. August 2011 wurde die G. auf die K. GmbH verschmolzen. In den Eigentümerversammlungen vom 19. November 2011 fassten die Wohnungseigentümer der beiden Anlagen gleichlautende Beschlüsse. Danach sollte einer etwaigen Übertragung des Verwalteramtes sowie des Verwaltervertrages seitens der G. auf die K. widersprochen werden und vorsorglich die Verwalterverträge mit der Fa. G. oder der K. fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt werden. Die gegen diese Beschlüsse gerichtete Anfechtungsklage der K. hat das Amtsgericht als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der K. hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die K. ihr Anliegen weiter.

Entscheidung | BGH V ZR 164/13

Der BGH hat mit dem vorliegenden Urteil die Frage der Erstreckung der Gesamtrechts-nachfolge auch auf den zwischen dem Verwalter und einer Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossenen Verwaltervertrag erstmals höchstrichterlich geklärt.

Gemäß der Auffassung des Gerichts sind die Verwalterverträge nicht infolge der Verschmelzung beendet worden. Durch den Untergang der G. als bisheriger Rechtsträgerin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG mit Eintragung der Verschmelzung in das Register sind ihr Vermögen und ihre Verbindlichkeiten gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG auf die K. als übernehmende Rechtsträgerin übergegangen.

Laut der Entscheidung des Senats sollen zumindest bei der Umwandlung juristischer Personen Vertrag und Organstellung infolge einer Verschmelzung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG übergehen, weil hier in der Regel kein besonderes Vertrauen in Anspruch genommen wird. Dies begründet der Senat zunächst mit dem Hauptregelungsziel des Umwandlungsrechts, insbesondere des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, zur Ermöglichung einer zügigen, formell und steuerlich hürdenfreien Anpassung der rechtlichen Strukturen eines Unternehmens an die gegebenen wirtschaftlichen Verhältnisse.

Des Weiteren verneint der Senat auch eine entsprechende Anwendung von § 673 Satz 1 BGB. Entgegen dem Grundgedanken der Norm strebt die Verschmelzung eine Kontinuität der Rechtsverhältnisse durch deren Übergang auf den übernehmenden Rechtsträger an und will gerade nicht, wie § 673 BGB statuiert, deren Erlöschen bewirken.

Schließlich sei, so der Senat, vorliegend auch kein von der Gesamtrechtsnachfolge auszunehmendes höchstpersönliches Rechtsverhältnis begründet wurden. Da der bisherige Verwalter eine juristische Person ist, steht hier regelmäßig nicht die Ausführung der Dienstleistungen durch bestimmte natürliche Personen im Vordergrund, zumal die Wohnungseigentümer auf die Personalauswahl der juristischen Person keinen Einfluss haben.

Es liegt auch nicht im Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund Beendigung von Verwaltervertrag und Organstellung infolge der Verschmelzung ohne Wohnungsverwalter dazustehen. Gerade solchen praktischen Bedürfnissen trägt das Verschmelzungsrecht durch die Gesamtrechtsnachfolge Rechnung.

Berechtigten Bedenken der Wohnungseigentümer gegen den neuen Rechtsträger kann die Ausgestaltung des Kündigungs- und Abberufungsrechts Rechnung tragen.

Praxishinweis | BGH V ZR 164/13