Steuerrechtliche Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise

18.04.2020

 

Einführung

Für die Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Krise kommt es entscheidend auch auf steuerliche Erleichterungen an. In dieser Hinsicht gab es in letzter Zeit eine ganze Reihe von Maßnahmen verschiedener Akteure, vom Gesetz bis zum Erlass der Finanzverwaltungen, die nachfolgend dargestellt werden sollen. Betroffenen Unternehmen in Sachsen sei insoweit zur Information die leicht verständliche Seite der Finanzverwaltung Sachsen empfohlen.

Entgegenkommen der Finanzverwaltung


Mit Erlass vom 19.03.2020 hat das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Regelungen erlassen, die für die von den Folgen der Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen steuerliche Erleichterungen vorsehen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Möglichkeit, Steuerforderungen zinslos zu stunden. Der Erlass betrifft Steuern, die im Auftrage des Bundes von den Ländern verwaltet werden und damit die wichtigsten, nämlich Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuer (vgl. Art. 108 Abs. 3, 106 Abs. 3 GG). Nicht erfasst sind allerdings die Lohnsteuer und die Kapitalertragsteuer. Im Einzelnen:

Die betroffenen Steuerpflichtigen können bis zum 31.12.2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Stundungsanträge für bereits fällige oder fällig werdende Steuern, die in Bundesauftragsverwaltung verwaltet werden (Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuer), stellen. Stundungszinsen sind in der Regel nicht zu leisten. Daneben können Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen für die Einkommens- und Körperschaftssteuer gestellt werden.

Es können auch Anträge auf Stundung der nach dem 31.12.2020 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen, die nur Zeiträume nach dem 31.12.2020 betreffen, gestellt werden, die allerdings besonders zu begründen sind.

Wird dem Finanzamt bekannt, dass der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist, soll bis zum 31.12.2020 von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen und bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern abgesehen werden. Verwirkte Säumniszuschläge vom Zeitpunkt des Erlasses (19.03.2020) bis zum 31.12.2020 sind zu erlassen.

Dieses Entgegenkommen gilt in Sachsen zudem für sämtliche Landessteuern. Hinsichtlich der Gewerbesteuer können in allen Ländern Erlass- und Stundungsanträge gestellt werden. Zur Herabsetzung der Gewerbesteuervorauszahlungen kann das Finanzamt auf Antrag den Gewerbesteuermessbetrag mindern. Für Anträge auf Erlass oder Stundung von Gewerbesteuer und Grundsteuer sind die Gemeinden zuständig.

Als eine weitere besondere Unterstützung besteht in Sachsen die Möglichkeit, die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung für das Jahr 2020 nachträglich bis auf Null Euro herabzusetzen. Bereits gezahlte Beträge können dann erstattet oder mit anderen Zahllasten verrechnet werden. Hierfür ist ein Antrag an das Finanzamt zu stellen.


Steuerfreie Sonderzahlungen für Beschäftigte

Mit Erlass vom 09.04.2020 hat das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder bestimmt, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren können. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Andere Steuerbefreiungen bleiben hiervon unberührt.


Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen

Die gesetzlichen Krankenkassen können die Sozialversicherungsbeiträge stunden. Voraussetzung ist hierfür, dass das Unternehmen ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten hat und staatliche Hilfsmaßnahmen ausgeschöpft wurden, insbesondere also Kredithilfen beantragt, aber etwa noch nicht ausgereicht wurden.


Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bei Kurzarbeit

Der Gesetzgeber hat Erleichterungen für den Zugang zum Kurzarbeitergeld (KUG) beschlossen, die vom 01.03.2020 bis zum 31.12.2020 gelten. Hierzu zählt insbesondere die vollständige Erstattung der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge für die ausgefallenen Arbeitsstunden.


Steuerrechtliche Fragen zum COVID-19-Gesetz

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht hat Auswirkungen auf die steuerrechtliche Rückwirkung im Umwandlungsrecht, aber wohl nicht auf den Vorsteuerabzug.

Steuerrechtliche Rückwirkung im Umwandlungsrecht

 

Mit Art. 2 § 4 des COVID-19-Pandemie-Gesetzes wurde § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG insoweit geändert, als es nunmehr genügt, dass die Bilanz auf einen zwölf Monate statt nur acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist. Das gilt – vorbehaltlich einer Verlängerung durch die Bundesregierung – für Anmeldungen von Verschmelzungen im Jahr 2020.

Auf die steuerrechtlichen Folgen dieser Änderung wird dabei weder im Gesetz noch in der Begründung der Formulierungshilfe der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf eingegangen. Die Änderung dürfte aber daraus folgen, dass der für das Steuerrecht maßgebliche Übertragungsstichtag gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 UmwStG für einen Teil der Umwandlungsvorgänge dem des Bilanzstichtages folgt, nämlich dann, wenn das UmwStG keinen eigenen Übertragungsstichtag vorsieht. Damit dürfte der steuerrechtliche Übertragungsstichtag mit dem Bilanzstichtag für Verschmelzung, Aufspaltung und Abspaltung übereinstimmen, mithin gilt für diese Umwandlungsvorgänge der 12-Monats-Zeitraum.

Anders dagegen eindeutig beim Formwechsel nach § 9 S. 2, 3 UmwStG (von Kapital- in Personengesellschaft und nach § 25 S. 2 UmwStG iVm § 9 S. 3 UmwStG von Personen- in Kapitalgesellschaft) und bei der Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft durch Sacheinlage außerhalb von Verschmelzung und Spaltung nach § 20 Abs. 8 S. 3 UmwStG, der eine autonome Regelung des Übertragungsstichtages, nämlich von acht Monaten, vorsieht.

Schwieriger ist dagegen die Einbringung von Unternehmensteilen in Kapitalgesellschaften durch Sacheinlage innerhalb von Verschmelzung und Spaltung nach § 20 Abs. 8 S. 1, 2 UmwStG zu beurteilen. Hier gehen einige davon aus, dass mit der Bezugnahme in § 20 Abs. 8 S. 1 1. Hs. UmwStG auf § 17 Abs. 2 UmwG (und damit dessen Änderung) die 12-Monats-Frist gelten würde. Dies erscheint angesichts des 2. Hs. in § 20 Abs. 8 S. 1 UmwStG aber fraglich, der eindeutig von einer Höchstfrist von acht Monaten ausgeht und damit abweichend von § 17 Abs. 2 UmwG strengere Voraussetzungen aufstellt. Damit dürfte es aber für die Einbringung von Unternehmensteilen in eine Kapitalgesellschaft bei der 8-Monats-Frist bleiben. Ob das vom Gesetzgeber beabsichtigt war und es sich bei dieser Ungleichbehandlung von Umwandlungsvorgängen nicht nur um ein Versehen des Gesetzgebers handelt, bleibt einer zukünftigen Klarstellung vorbehalten.

 

Auswirkungen des Leistungsverweigerungsrechts auf den Vorsteuerabzug

Gemäß Art. 5 § 1 des COVID-19-Pandemie-Gesetzes steht Verbrauchern und Kleinstunternehmen ein Leistungsverweigerungsrecht innerhalb von wesentlichen Dauerschuldverhältnissen (ausgenommen Darlehen, Arbeitsvertrag und Miete/Pacht), die vor dem 08.03.2020 geschlossen wurden, bis zum 30.06.2020 zu, wenn die Erbringung der Leistung infolge der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht ohne Gefährdung des Lebensunterhalts bzw. der wirtschaftlichen Grundlagen möglich ist. Die Ausübung dieses Leistungsverweigerungsrechts könnte bei vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern dazu führen, dass das Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich wird mit der Folge, dass der Unternehmer den Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 1 S. 2 UStG zu berichtigen hätte. Die Uneinbringlichkeit setzt jedoch eine gewisse Zeitdauer voraus. Der Moratoriumszeitraum bis zum 30.06.2020 dürfte eine solche Zeitdauer noch nicht begründen.

Fazit

Die Vielzahl von Neuerungen und Änderungen macht es selbst dem Profi schwer, den Überblick zu behalten. Betroffenen Unternehmen bleibt anzuraten, die sich beinahe tägliche verändernde Rechtslage im Blick zu behalten, um in den Genuss von Erleichterungen zu kommen. Als solche sind insbesondere die Steuererleichterungen sehr zu begrüßen.