Rettungsschirm für Unternehmen in der Corona-Krise

04.04.2020

 

Die Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF)

Neben dem Sonderprogramm der → KfW hat der Bund mit am 25.03.2020 beschlossenen „Gesetz zur Errichtung eines Wirtschaftsstabilisierungsfonds (Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG)“ in Art. 1 WStFG einen Fond zum 28.03.2020 geschaffen, mit dem ergänzend zu den Kredithilfen der KfW zielgerichtete Maßnahmen zur Stabilisierung der deutschen Wirtschaft ermöglicht werden. Zur Umsetzung dieser Maßnahmen werden in Art. 2 WStFG eine Reihe von gesellschaftsrechtlichen Vereinfachungen vorgesehen. Ziel ist es nach Art. 1 § 16 Abs. (1) WStFG, Unternehmen der Realwirtschaft zu stabilisieren, deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt in Deutschland hätte und die vor der Corona-Krise gesund und wettbewerbsfähig waren. Nicht zu den Unternehmen der Realwirtschaft zählen Unternehmen des Finanzsektors sowie Kredit- und Brückeninstitute. Die Stabilisierungsmaßnahmen sind nicht auf eine bestimmte Rechtsform beschränkt. Ein Rechtsanspruch auf sie besteht allerdings nicht.

Instrumente des Wirtschaftsstabilisierungsfonds

Dabei stehen dem WSF folgende Instrumente zur Verfügung, Art. 1 §§ 21-24 WStFG:

  1. Der WSF darf Garantien bis zur Höhe von 400 Mrd. Euro für Verbindlichkeiten von Unternehmen übernehmen, die vom 28.03.2020 bis zum 31.12.2021 begründet worden sind. Die Laufzeiten der Garantien und der abgesicherten Darlehen dürfen dabei nur eine maximale Laufzeit von 60 Monaten haben.
  2. Mit einem Volumen von 100 Mrd. Euro kann sich der WSF an der Rekapitalisierung von Unternehmen in Form des Erwerbs von nachrangigen Schuldtiteln, Hybridanleihen, Genussrechten, stille Beteiligungen, Wandelanleihen und Anteilen an Unternehmen und die Übernahme sonstiger Bestandteile des Eigenkapitals beteiligen. Zur schnellen Ermöglichung dieser Maßnahmen sieht das Gesetz eine Reihe von gesellschaftsrechtlichen Vereinfachungen vor, wie etwa, dass die Wirksamkeit von Kapitalmaßnahmen bereits mit der Veröffentlichung auf der Unternehmenshomepage eintritt und nicht erst mit Eintragung im Handelsregister.
  3. Die Unterstützung der KfW durch Refinanzierung über den Bund mit einem Kreditvolumen von 100 Mrd. Euro.

Voraussetzungen für Unternehmen

Voraussetzung für Unternehmen ist nach Art. 1 § 16 Abs. (2) WStFG, dass sie in den letzten beiden Geschäftsjahren vor dem 01.01.2020 zwei von drei der folgenden Kriterien erfüllen:

  1. eine Bilanzsumme von mehr als 43 Mio. Euro
  2. einen Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro sowie
  3. durchschnittlich mehr als 249 Arbeitnehmer beschäftigen.

Daneben dürfen die Unternehmen gemäß Art. 1 § 25 Abs. (1) WStFG nicht schon zum 31.12.2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sein, keine anderweitigen Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung haben und eine klare, eigenständige Fortführungsprognose durch die Stabilisierungsmaßnahmen nach Überwindung der Pandemie haben.


Verfahren für Bewilligung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds

Grundsätzlich zuständig für die Entscheidung über Stabilisierungsmaßnahmen für die Realwirtschaft ist grundsätzlich das Bundesministerium für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf Antrag des Unternehmens. Für Verhandlungen über diese Stabilisierungsmaßnahmen mit den Unternehmen und die Vorbereitung der Anträge ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zuständig. Die Entscheidung über die Bewilligung von Stabilisierungsmaßnahmen wird dabei gemäß Art. 1 § 20 Abs. (1) S. 1 WStFG nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Bedeutung des Unternehmens für die Wirtschaft Deutschlands, der Dringlichkeit, der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und den Wettbewerb und des Grundsatzes des möglichst sparsamen und wirtschaftlichen Einsatzes der Mittel des WSF entschieden. Besonders einschneidend wird sich dabei die Möglichkeit von Auflagen für die Gewährung von Stabilisierungsmaßnahmen nach Art. 1 §§ 20 Abs. (2), 25 Abs. (2) WStFG auswirken. So muss das Unternehmen die Gewähr für eine solide und umsichtige Geschäftspolitik bieten. Dabei kann per Verordnung insbesondere bestimmt werden, dass etwa die Vergütung der Organe des Unternehmens und die Ausschüttung von Dividenden zulässiger Inhalt einer Auflage sein kann.


Ergänzende gesellschaftsrechtliche Regelungen zu den Stabilisierungsmaßnahmen

Die flankierenden gesellschaftsrechtlichen Regelungen in Art. 2 WStFG dienen der flexiblen Umsetzung der Stabilisierungsmaßnahmen.

Hierzu zählt bei der Aktiengesellschaft gemäß Art. 2 §§ 5 ff. WStFG insbesondere,

  • dass Aktien an den WSF mit Gewinnvorzug oder Vorrang bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens ausgegeben werden können;
  • ein Bezugsrechtsausschluss des WSF unter erleichterten Voraussetzungen möglich sind, da der Ausgabebetrag auch unterhalb des Börsenpreises liegen kann;
  • Vorauszahlungen auf Einlagen möglich sind;
  • Absenkung der Mehrheitserfordernisse auf einfache Stimmenmehrheit bei Beschlussfassung der Hauptversammlung über Kapitalerhöhungen;
  • die Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR nicht mehr Wirksamkeitsvoraussetzung ist, es genügt die Bekanntmachung auf der Internetseite der Gesellschaft;
  • die Schadensersatzpflicht der Aktionäre bei obstruierendem Verhalten bezüglich einer Stabilisierungsmaßnahme.

Hierzu zählt bei der GmbH gemäß Art. 2 § 9a WStFG,

  • dass für Kapitalerhöhungsbeschlüsse ungeachtet der Regelung in der Satzung die einfache Mehrheit genügt;
  • dass diese Beschlüsse, entsprechend Art 2 § 2 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht, im Umlaufverfahren gefasst werden können;
  • durch Beschluss mit qualifizierter Mehrheit Gesellschafter gegen Abfindung bei Obstruktion ausgeschlossen werden können.

Fazit

Mit dem WSF stellt der Bund ein weiteres Mittel zur Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Krise bereit. Gerade die Auflagen, unter denen Stabilisierungsmaßnahmen bewilligt werden, dürften Unternehmen die Entscheidung nicht gerade leicht machen. Angesichts der Krisensituation dürften die damit verbundenen erheblichen Eingriffe aber angemessen sein.