Wohnungseigentümerversammlungen unter „2G“

Unsicher ist die Rechtslage im Bereich der Eigentümerversammlung unter der sogenannten „2G“ Beschränkung aufgrund der Corona Pandemie. Sofern das Gesetz eine Versammlung nur unter Einhaltung der 2G-Regelung zulässt, ist nur vollständig geimpften und genesenen Eigentümern der Zutritt zu der Wohnungseigentümerversammlung gestattet. Die Frage – zu der es noch keinerlei gerichtliche Entscheidungen gibt – ist, ob solche Versammlungen möglich sind. Dies beurteilt sich danach, ob der Ausschluss nicht geimpfter Eigentümer zulässig ist oder nicht.

Während die Verwalterverbände eher den Standpunkt vertreten, dass Versammlungen unter 2G unzulässig seien, wird auch die Ansicht vertreten, dass eine solche sehr wohl möglich sei.

 

1.    Rechtliche Einordnung

Gemäß der § 24 und § 25 WEG muss die Wohnungseigentümerversammlung einmal im Jahr vom Verwalter schriftlich einberufen werden. Dabei hat jeder Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung ein Stimmrecht. Die Beschlussfassung erfolgt durch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Dieses Teilnahme- und Stimmrecht des Eigentümers ergibt sich aus Art. 14 GG, welcher das Eigentum schützt. Der Schutzbereich des Art. 14 GG soll auch die Verwaltung des Eigentums umfassen, woraus das einfachgesetzlich geregelte Teilnahme- und Stimmrecht an Versammlungen resultiert. Die Frage ist nun, ob die Einschränkung dieses Rechts ungeimpfter Eigentümer durch die 2G-Regelung eine Verletzung darstellt, oder ob der Eingriff gerechtfertigt ist.

Es ist anerkannt, dass ein Beschluss auch dann wirksam gefasst werden kann, wenn ein Eigentümer aus einem der zwei folgenden Gründe nicht teilnehmen kann. Anerkannt ist zum einen die Verhinderung des gefangenen Gefängnisinsassen und andererseits die Abwesenheit des erkrankten Eigentümers. Die Nichtteilnahme des Eigentümers liege dabei in einem ausschließlich in seiner Person liegenden Grund.

 

2.    Ansicht: Versammlungen sind zulässig

Es wird die Ansicht vertreten, dass Versammlungen trotz der 2G-Regelungen möglich sind und gefasste Beschlüsse weder nichtig noch angreifbar seien. Dem Eigentümer werde gerade durch die Einladung des Verwalters die Möglichkeit unterbreitet, an der Eigentümerversammlung teilzunehmen. Es handele sich gerade nicht um einen Ausschluss des ungeimpften Eigentümers, da es diesem grundsätzlich möglich ist, die Verhinderung an der Versammlung durch eine Impfung gegen Corona zu abzuwenden. Die absehbare Zugangsbeschränkung ungeimpfter Eigentümer bestehe lediglich aus dem Grund fort, dass sie es versäumt hätten sich rechtzeitig impfen zu lassen. Die Behandlung des ungeimpften Eigentümers sei vergleichbar mit jener des erkrankten Eigentümers, welcher gerade nicht die Absage der Versammlung verlangen könne.  Darüber hinaus müsse bei der rechtlichen Bewertung auch die Mitgliedsrechte der Miteigentümer berücksichtigt werden, die an der Versammlung teilnehmen könnten. Die Unzulässigkeit von Wohnungseigentümerversammlungen stelle einen Eingriff in die Mitgliedschafts- und Teilhaberechte der vollständig geimpft und genesenen Eigentümer dar. Diese Bewertung bestehe unter der Prämisse, dass eine Hybridversammlung, in welcher der ungeimpfte Eigentümer auf dem Weg der elektronischen Kommunikation teilnehmen könnte, nicht möglich ist.

 

3.    Gegenansicht: Versammlungen sind unzulässig

Bei einem Ausschluss nicht geimpfter Eigentümer von der Eigentümerversammlung handele es sich um einen unzulässigen Eingriff in deren Mitgliedschafts- und Teilhaberechte. Durch die Versagung der Wahrnehmung sowohl des Teilnahme- als auch des Stimmrechts liege ein Eingriff in den Kernbereich des Eigentums vor. Zwar sei es grundsätzlich möglich, sich in der Versammlung vertreten zu lassen. Dies stellt allerdings keine gleichzusetzende Alternative dar, da es dem Eigentümer gerade ermöglicht werden soll, selbst und höchstpersönlich an der Eigentümerversammlung teilzunehmen. Gerade sei der nicht geimpfte Eigentümer nicht mit dem erkrankten Eigentümer bzw. dem Gefängnisinsassen gleichzusetzen. Denn der nicht geimpfte Eigentümer sei nicht persönlich verhindert und begeht durch die Verweigerung der Impfung auch keinen Rechtsverstoß. Die Bestimmung der 2G-Regelung habe auch nicht zum Ziel, den Eigentümer in seinen Eigentumsverwaltungsrechten zu beschneiden oder einzuschränken. Vielmehr stehe der Gesundheitsschutz der Allgemeinheit im Vordergrund. Der Eigentümer kann so lange die Impfung rechtmäßig verweigern, wie er mangels einer allgemeinen Impfpflicht kraft Gesetzes nicht dazu verpflichtet wird. Hervorzuheben und zu unterscheiden sei auch, dass es sich nicht um die Beschränkung eines bloßen Freizeitverhaltens handele, sondern um die Beschränkung eines in Artikel 14 GG verankerten Rechts, sein Eigentum zu verwalten. Beschlüsse, welche unter der 2G Regelung gefasst wurden, seien folglich nichtig.

 

4.    Stellungnahme

Richtig ist, dass sich der Gesetzgeber (noch) nicht für eine allgemeine Impfpflicht entschieden hat, weshalb eine Person, die sich nicht impfen lässt, sich nicht rechtswidrig verhält und daher bezüglich der Eigentümerversammlung nicht mit dem Gefängnisinsassen verglichen werden kann. Hingegen ist es auch zutreffend, dass nicht nur die Rechte und Pflichten des Ungeimpften berücksichtigt werden sollten, sondern auch die Rechte der restlichen geimpft oder genesehen Miteigentümer. Denn diese können durch die Nichtdurchführung der Wohnungseigentümerversammlung ebenfalls ihre Rechte und Pflichten zur Verwaltung ihres Eigentums nicht ausüben. Daher scheint der angemessene Weg ein Mittelweg zu sein. Man könnte dabei auf die zeitliche Komponente abstellen. Die Versammlung soll laut Gesetz einmal jährlich einberufen und abgehalten werden. Sollte es aufgrund der gesetzlichen 2G-Regeln somit nicht möglich sein, diese Versammlung einmal jährlich durchzuführen, dann sollte der Verwalter am Ende des Jahres zumindest berechtigt sein, die Versammlung auch ohne die nicht geimpften Eigentümer durchzuführen. Dabei sollte versucht werden, diejenigen, die an der Teilnahme gehindert sind, durch elektronische Kommunikationsmittel teilhaben zu lassen. Mit Blick auf die Aufhebung der meisten Einschränkungen zum 20. März 2022 sollte eine Wohnungseigentümerversammlung allerdings auch mit nicht geimpften Personen bald möglich sein.

Autor: Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar, Dresden

 

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