Umsetzung gesellschaftsvertraglicher Güterrechtsklauseln

I. Einführung

Es ist ratsam, den Güterstand der Gesellschafter in gesellschaftsvertraglichen Klauseln zu regeln, um die Interessen der Gesellschaft zu wahren und somit einer Gefährdung der Existenz des Unternehmens vorzubeugen. Auf diesem Weg sollte beispielsweise vereinbart werden, dass die Beteiligung vom Zugewinnausgleich ausgenommen wird.

 

II. Umsetzung

1. Beispiele für gesellschaftsvertragliche Güterrechtsklauseln

Neben der bereits aufgeführten Vereinbarung sind beispielsweise auch der Ausschluss von Pflichtteilsansprüchen oder Pfändungsmaßnahmen wegen Zugewinnausgleichsansprüchen empfehlenswert. Grund ist, dass die Existenz des Unternehmens durch hohe Ausgleichsansprüche gefährdet werden kann (vgl. Hoelscher, NJW 2016, 3057; Lichtenwimmer, in: Fuhrmann/Wälzholz, Formularbuch Gesellschaftsrecht M 23.3. Anm. 56).    

Um die Einhaltung der Vereinbarungen zu gewährleisten, werden klassischerweise Sanktionsmaßnahmen wie z.B. Einziehungsrechte oder Abtretungsansprüche der übrigen Gesellschafter vereinbart (vgl. Wälzholz, in: Fuhrmann/Wälzholz, Formularbuch Gesellschaftsrecht, M 13.2 § 14 I).

Bei dem häufig verwendeten Vertragstyp „Unternehmervertrag“ ist demgegenüber zu empfehlen, die Beteiligung sowie zugehörige Verbindlichkeiten und Gesellschafterdarlehen nicht zu berücksichtigen.    

Vom Zugewinnausgleich ausgenommene Vermögenswerte (Verfügungsbeschränkung des § 1365 BGB) werden hingegen wiederum einheitlich ausgeschlossen. Bezüglich der Behandlung von Verwendungen, Erträgen und Grenzen der Modifizierung werden unterschiedliche Lösungen vorgeschlagen (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3421 f.) m.w.N.; Langenfeld/Milzer, HdB Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rn. 304; Milzer, NZG 2017, 1090).

 

2.    Vereinbarkeit ehevertraglicher Klauseln mit dem Gesellschaftsrecht

Die Interessen der Gesellschaft stehen bei der Aufnahme von Güterrechtsklauseln in den Gesellschaftsvertrag im Vordergrund. Problematisch bei diesen Regelungen ist, dass die gesellschaftsrechtlichen und familienrechtlichen Gestaltungen nicht identisch sind und sich somit die Frage stellt, ob die gesellschaftsvertraglichen Vorgaben mit den familienrechtlichen Vorgaben vereinbar sind.    
Insbesondere die adäquate Bewertung von Betriebsvermögen im Scheidungsfall birgt ein hohes Streitpotenzial, auch wenn dieses Problem grundsätzlich in der Sphäre des entsprechenden Gesellschafters liegt (vgl. Langenfeld/Milzer, HdB Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, Rn. 290; Reetz, DNotZ 2014, 93).

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen vorrangig dem Liquiditätsrisiko vorgebeugt werden muss, d.h. das Augenmerk liegt vornehmlich auf der Höhe des Zugewinnausgleichs. Zudem hat die Verfügungsbeschränkung des § 1365 BGB im gesellschaftsrechtlichen Kontext die Funktion, Umstrukturierungen zu ermöglichen sowie Unternehmensverkäufe ohne die Mitwirkung von Gesellschafterehegatten zu ermöglichen, die derartige Vorhaben konterkarieren könnten (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3422 f.) m.w.N.).

Daneben kann man einem Unternehmerehepaar durch einen Gesellschaftsvertrag keinen Zustimmungsvorbehalt der Mitgesellschafter für Gestaltungen aufdrängen, die in keinem Zusammenhang mit dem Scheidungsfallrisiko stehen. Ein derartiges Risiko könnte beispielsweise nur bei ehevertraglichen Regelungen über den Zugewinnausgleich einer Unterbeteiligung vorliegen.

Da bei Kapitalgesellschaften eine leichte Identifizierung und Abgrenzung der Mitgliedschaftsrechte erfolgen kann, gibt es klare Regeln, wann einzelne selbständige Gesellschafterrechte existieren und abgetreten werden können. Soweit diese selbständigen Rechte existieren, besteht keine Gefahr von Beeinträchtigung der Unternehmensinteressen durch etwaige Belastung durch Zugewinnausgleichsansprüche, als das bei der Abtretung oder Verpfändung auch der Fall wäre. Somit müssen derartige Ansprüche aus dem Zugewinnausgleich nicht zwingend bei der Beteiligung ausgenommen werden (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3423); Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Aufl. 2017, § 29 Rn. 49).

Anders stellt sich die Sachlage bei Personengesellschaften dar, da dort die Betriebsergebnisse laufend auf den Gesellschafter durchgreifen. In der Praxis wird dieser Unterschied durch sogenannte Kontenmodelle abgefangen, d.h. dass sie laufende bzw. periodische Veränderungen von einem statischen Beteiligungsstamm abschichten. Daraus ergibt sich jedoch kein sinnvolles güterrechtliches Abgrenzungskriterium, da alle Konten zum Beteiligungswert beitragen. Aus diesem Grund erfolgt die Behandlung bei Personalgesellschaften analog zur Kapitalgesellschaft, d.h. danach, ob sie gemäß dem Gesellschaftsvertrag zum einem bestimmten Stichtag bezifferbare und abgrenzbare Gläubigerrechte handelt (vgl. Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 40. Aufl. 2021, § 120 Rn. 19 ff.).    

Soweit der Gesellschaftsvertrag die Ausnahme mittelbarer Beteiligungen verlangt, geht es dabei vor allem um Vermögensverwaltungsgesellschaften, die aus steuerlichen bzw. haftungsrechtlichen Gründen zwischengeschaltet sind. Diese sind bereits unabhängig von der jeweiligen Beteiligung vom Zugewinnausgleich ausgenommen. Damit die Unternehmensinteressen dennoch gewahrt bleiben, müssten jedoch auch die Vermögensverwaltungsgesellschaften in den Zugewinnausgleich fallen (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3423) m.w.N.).

Surrogate sind fast immer Teil der ehevertraglichen Regelungen, spielen jedoch im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Regelungen nur bei zusätzlicher Kontinuität einer Gesellschaft (beispielsweise durch Umwandlungsmaßnahmen) eine Rolle (vgl. Grziwotz, BeckNotar-HdB, 6. Aufl. 2015, Bd. I, Rn 67 f.). Dadurch wird insbesondere dem gesellschaftsvertraglichen Zweck, dass er möglichst weitgehend Nachfolgegesellschaften und -beteiligung erfasst, jedoch keine Surrogate im Privatvermögen, Rechnung getragen. In diesem Fall müssen dann aus gesellschaftsvertraglicher Sicht auch nicht Surrogate vom Zugewinn im Ehevertrag ausgeschlossen werden (vgl. u.a. BeckNotar-HdB/Grziwotz, 6. Aufl. 2015, B. I. Rn. 67 f.).

In Bezug auf Erträge aus der Beteiligung lässt sich aus den gesellschaftsvertraglichen Regelungen lediglich das Kriterium der Abtretbarkeit des Gewinnanspruchs ableiten, da die Regelungen in den meisten Fällen keine spezifischen Regelungen zu Erträgen enthalten. In Bezug auf das Ehevertragsrecht wird zum einen auf den Zahlungsfluss aus der Sphäre der Gesellschaft abgestellt, zum anderen auf die Privilegierung der Erträge nur bei Zuführung zu Rücklagen. Daneben wird zudem teilweise zusätzlich auf das Kriterium der ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung abgestellt.    

Soweit gesellschaftsvertragliche Klauseln derartige Regelungen nicht ausdrücklich zulassen, sind sie verletzt (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3424) m.w.N.).

 

3.    Ehevertragliche Verwendungsersatzklauseln

Um den einen Ehegatten in Bezug auf Verwendungen auf die Beteiligung vor Manipulation durch den anderen Ehegatten zu bewahren, werden ausgleichsfreie Verwendungen nur in engen Grenzen zugelassen, z.B. aus nichtausgeschütteten Gewinnen oder von einem definierten Konto.    

Soweit beispielsweise Einlagen bei Gründung im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden, könnte das dazu führen, dass der ganze/ein wesentlicher Teil des Beteiligungswerts auszugleichen ist, mithin den gesellschaftsvertraglichen sowie den üblichen Erwartungen der Ehevertragsparteien bezüglich der Ausgleichsfreiheit der wesentlichen Substanz der Beteiligung zuwiderlaufen. Somit könnte ein Ehepartner gesellschafts- und ehevertragskonform durch Erwerb einer einschlägigen Beteiligung sein gesamtes Vermögen dem Zugewinnausgleich entziehen [vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3424)].    

Auch hinsichtlich gesellschaftsvertraglicher Klauseln, die allein auf die Beteiligung abstellen, bestehen Unterschiede zu ehevertraglichen Klauseln, schon allein aufgrund des Zugewinnausgleichs, der durch ein „gemeinsames Erarbeiten“ als gerecht empfunden wird.    

Soweit ehevertragliche Verwendungsersatzklauseln in der Anspruchshöhe auf den Verwendungswert und ggf. auf Nebenleistungen (unabhängig vom Anteilswert) beschränkt sind, sind sie mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben vereinbar, was daneben erst Recht für den Fall gilt, dass Verwendungen des anderen Ehegatten im Scheidungsfall zu erstatten sind (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3425) m.w.N.; Hölscher, NJW 2016, 3061).

Sogenannte Begrenzungsklauseln zur Umkehr der Ausgleichsrichtung sind zur Relativierung der Privilegierung von unternehmerischem Vermögen geeignet, indem der Unternehmer-Ehegatte Zugewinnausgleichsansprüche aus dem nicht-privilegierten Vermögen, aufgrund einer Verrechnung mit mindestens gleich hohen Ansprüchen aus privilegiertem Vermögen, nicht erhält. Dies trägt auch dem gesellschaftsrechtlichen Ziel der Vermeidung von Liquiditätsabfluss Rechnung (vgl. BGH NJW 2013, 2753; Grziwotz, in Heckschen/Herrler/Starke, BeckNotar-HdB, Rn. 67 f.).

 

4.    Haftungsgrenze des § 1378 II BGB

Die Haftungsgrenze des § 1378 II BGB dient der Vermeidung vor einer neuen Verschuldung eines Ehegatten durch Zugewinnausgleichsansprüche sowie der Benachteiligung externer Gläubiger (vgl. ua BeckOK/Scheller/Sprink, 61. Edition 1.2.2022, § 1378 Rn. 5). Trotz des Umstandes, dass das Vorliegen einer Beteiligung zu einer sonst nicht entstehenden Haftung führen kann, werden hierdurch allenfalls sekundäre Zielsetzungen gesellschaftsvertraglicher Klauseln beeinträchtigt, mithin ist ein Verstoß nicht anzunehmen (vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3426) m.w.N.).

 

5.    Die Behandlung von Gegenleistungen

Es kommt vor, dass der eine Ehegatten für beispielsweise einen Verzicht auf Ansprüche eine Gegenleistung erhält. Soweit dieses Vermögensopfer freiwillig deutlich vor und damit unabhängig von der Scheidung ein, sind die gesellschaftsvertraglichen Regelungen nicht verletzt. Aber, wenn die Leistung erst bei Scheidung und anstelle eines zu diesem Zeitpunkt fälligen Zugewinnausgleichs erbracht wird, ist der Schutzbereich der gesellschaftsvertraglichen Regelungen verlassen. Anders verhält es sich, wenn die Gegenleistung in Abhängigkeit vom Unternehmens- bzw. Beteiligungswert besteht [vgl. Schemmann, NJW 2021, 3421 (3426)].

 

III.    Fazit

Sowohl bei der Gestaltung von Ehe- als auch der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen sollte man sich der Wechselwirkung der Verträge bewusst sein und die Vorgaben des jeweils anderen Rechtsbereiches beachten. Um im Scheidungsfall vor allem finanzielle Auswirkungen auf die Gesellschaft zu vermeiden, ist es darüber hinaus ratsam, unter Beachtung dieser Wechselwirkungen, Güterrechtsklauseln im Gesellschaftsvertrag zu verankern.

Autor: Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar, Dresden

 

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