Geplante Reform zur Modernisierung des Namensrechts

Mit Regierungsentwurf vom 23. August 2023 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts veröffentlicht (im Folgenden RegE-NamensR). Die Änderungen sollen mit Wirkung zum 01.01.2025 gelten.

Ziel des Regierungsentwurfs ist die Modernisierung des in Deutschland bisher sehr restriktiven Namensrechts und seine Anpassung an die Bedürfnisse moderner Familien, das nach geltender Rechtslage insbesondere Beschränkungen bei der Wahl von Doppelnamen sowie bei der Namenswahl bei Erwachsenenadoption vorsieht (RegE-NamensR, S. 19). Das grundsätzliche Verbot von Doppelnamen erscheint auch im Vergleich zum internationalen Namensrechts veraltet. So ist das Namensrecht im angloamerikanischen Raum sowie den skandinavischen Ländern im Vergleich zu Deutschland deutlich liberaler ausgestaltet (RegE-NamensR, S. 21). Daher soll die Namenswahl liberalisiert werden und familienrechtlichen Namensänderungen erleichtert werden. Zugleich möchte die Bundesregierung aus ihrer Sicht de lege lata bestehende Regelungslücken schließen. Mit der Reform soll zudem den Entwicklungen in anderen europäischen Staaten Rechnung getragen werden, sodass bei gemischtnationalen Familien eine Namenswahl leichter erfolgen kann (RegE-NamensR, S. 24).

Im Wesentlichen sind folgende Änderungen geplant:

 

1. Familiendoppelnamen

Der Regierungsentwurf sieht die Einführung echter Doppelnamen vor. Eheleute können erstmals als Ehenamen einen einheitlichen Doppelnamen und diesen auf gemeinsame Kinder erstrecken. Beide bisherigen Familiennamen können zum gemeinsamen Ehenamen bestimmt werden. De lege lata musste ein Familienname als Ehenamen gewählt werden. Auch wenn die Eltern keinen Ehenamen führen möchten, können sie ihren Kindern einen aus den Familiennamen beider Elternteile zusammengesetzten Doppelnamen erteilen (RegE-NamensR, S. 25).

 

2. Erleichterungen für Scheidungs- und Stiefkinder

Lassen sich die Eltern minderjähriger Kinder scheiden und legt der betreuende Elternteil den Ehenamen ab, soll diese Möglichkeit auch dem Kind eröffnet werden: Es kann den geänderten Familiennamen des Elternteils annehmen, in dessen Haushalt es lebt. Voraussetzung ist allerdings, dass das Kind seinen Lebensmittelpunkt im Haushalt des betreuenden Elternteils hat. Das kann sowohl bei alleinsorgeberechtigten Elternteilen als auch bei einem paritätischen Wechselmodell der Fall sein (RegE-NamensR, S. 60 ff.).

Neben der Einbenennung soll Stiefkindern die Rückbenennung nach Einbenennung eröffnet werden. Unter Einbenennung ist die Neubestimmung des Geburtsnamens eines Kindes mit dem Ziel, dieses namentlich in die Familie eines Elternteils mit dessen (neuem) Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, zu integrieren (RegE-NamensR, S.62). Neben einer Legaldefinition in § 1618 Abs. 3 BGB-E, wird dem Kind nun gemäß § 1618 Abs. 3 BGB-E ermöglicht, diese Einbenennung wieder rückgängig zu machen (RegE-NamensR, S. 64).


3. Berücksichtigung der Namenstraditionen nationaler Minderheiten und anderer Bevölkerungsgruppen

Zur Berücksichtigung der Namenstraditionen nationaler Minderheiten und anderer Bevölkerungsgruppen sind umfassende Liberalisierungen vorgesehen. Künftig ist die Wahl der geschlechterspezifischen Form des Geburts- und Ehenamens möglich, wie sie – für Frauen – insbesondere der sorbischen Tradition entspricht. Entspricht die Anpassung ihrer Herkunft bzw. der Herkunft des Namens und ist sie in der Rechtsordnung eines anderen Staats vorgesehen, steht diese Anpassung auch anderen Personengruppen offen. Der Tradition der friesischen Volksgruppe entsprechend soll als Geburtsname ein Patronym bestimmt werden können. Unter einem Patronym wird eine Ableitung vom Vornamen des Vaters verstanden. Daneben sieht der Regierungsentwurf auch Matronyme vor. Die dänischen Volkstradition wird durch die Möglichkeit sog. Geburtsdoppelnamen (ohne Bindestrich) beachtet. Geburtsdoppelnamen sind solche Namen, deren erster Teil der Name eines nahen Angehörigen ist (RegE-NamensR, S. 25).


4. Namensänderungen volljähriger Personen

Um dem gesellschaftlichen Bedürfnis größerer Flexibilität des Namensrechts Rechnung zu tragen, wird jeder volljährigen Person einmal in ihrem Leben ermöglicht, ihren Namen zu ändern. In drei Konstellationen sind Namensänderungen vorgesehen:


a) der Wechsel von dem Namen des einen Elternteils zum Namen des anderen Elternteils;

b) die Annahme eines Geburtsdoppelnamens, der sich aus den Namen beider Elternteile zusammensetzt;

c) die Verkürzung eines Geburtsdoppelnamens auf einen eingliedrigen Namen.

Die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen und öffentlich-rechtlichen Möglichkeiten zur Änderung von Familiennamen beanspruchen daneben weiterhin Geltung.


5. Namenswahl nach Erwachsenenadoption

Sah das geltende Recht noch eine Verpflichtung zur Wahl des Namens der Adoptiveltern vor, soll erwachsenen adoptierten Personen nunmehr ermöglicht werden, ihren bisherigen Namen beizubehalten oder diesen in einem Doppelnamen mit dem Namen der Adoptiveltern zu verbinden (RegE-NamensR, S. 25).


6. Änderung von Art. 10 EGBGB

Art. 10 Abs. 3 EGBGB eröffnet derzeit eine beschränkte Rechtswahl für den "Familiennamen" des Kindes. Nach der Rechtsprechung wurde dies dergestalt interpretiert, dass nur solche Rechtsordnungen wählbar seien, die eine den familiären Bezug erkennbar machende Namenserteilung vorsehen. Ausgeschlossen waren Rechtsordnungen, die ausschließlich Eigennamen kennen oder die eine Namensbestimmung für das minderjährige Kind in das freie Belieben der sorgeberechtigten Eltern stellten und dabei auch die Erteilung von sogenannten Phantasienamen zulassen, können danach nicht gewählt werden (BGH Beschluss vom 29. Juni 2022 – XII ZB 153/21 – FamRZ 2022, S. 1455, Rn. 22). Demgegenüber ist kollisionsrechtlichen Namensbegriff weiter zu verstehen und insbesondere von dem Erfordernis einer Aufgliederung in Vor- und Familiennamen befreit. Die Neufassung wird daher dem Bedürfnis der Angleichung beider Namensbegriffe gerecht. Der neu gefasste Absatz 3-E legt dar, dass die Rechtswahl für den Namen des Kindes gilt und nicht beschränkt ist auf Rechtsordnungen, die eine den familiären Bezug erkennbar machende Namenserteilung zwingend vorschreiben. Inhaltlich-materielle Aspekte sind auf Ebene des Artikels 6 EGBGB (Ordre public) zu prüfen. Die wählbaren Rechtsordnungen als solche bleiben unverändert. Absatz 4-E lässt eine Rechtswahl zugunsten des Rechts der Staatsangehörigkeit einer Person zu. Dies soll hinkende Namensführungen weiter reduzieren. Absatz 5-E legt den der Grundsatz fest, dass bei der Rechtswahl Artikel 5 Absatz 1 EGBGB außer Betracht bleibt, und die entsprechende Geltung von § 1617c BGB für die Folgen einer Namensänderung auf den Namen eines Kindes zusammengefasst wird (RegE-NamensR, S. 79).

 

7. Änderung von Art. 48 EGBGB

Art. 48 EGBGB vereinfacht in neuer Fassung die Namenswahl, sofern dieser in einem anderen Mitgliedstaat der EU eingetragenen ist. Der EuGH folgert aus Art. 18 AEUV die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, diejenigen Namen „anzuerkennen“, die in Bezug auf Unionsbürgerinnen und –bürger in amtliche Register anderer Mitgliedstaaten eingetragen sind. Besitzt die betroffene Person die Staatsangehörigkeit des eintragenden Staates und hatte sie in diesem bei Eintragung ihren gewöhnlichen Aufenthalt, soll nunmehr künftig die Eintragung im Register des anderen Mitgliedstaats der EU ausreichen. Eine Prüfung des Namenserwerbs, auch nach Kollisionsregeln, unterbleibt (RegE-NamensR, S. 80).

 

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