Erbschafts- und schenkungssteuerliche Auswirkungen des verabschiedeten Wachstumschancengesetzes

Nach der finalen Zustimmung des Bundesrates zum Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses am 22.03.2024 hat der Bundestag das vieldiskutierte Wachstumschancengesetz endlich verabschiedet und am 27.03.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. Im Nachgang dieses Gesetzgebungsverfahrens wurde nun teilweise auf Änderungen der Erbschafts- und Schenkungssteuer aufmerksam gemacht, welche erst auf den zweiten Blick auffallen. Der Gesetzgeber hat mit den beiden nachfolgend dargestellten Änderungen des Steuerrechts auf jüngste Gerichtsurteile reagiert.

 

1.    Beschränkte Steuerpflicht beim Vermächtnis

Der Begriff der beschränkten Steuerpflicht in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG wird in der neuen Fassung erweitert. Bislang galt die beschränkte Erbschaftssteuerpflicht „für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes besteht“. Nunmehr gilt sie auch für den Vermögensanfall, der „einen Anspruch auf Übertragung von Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetztes umfasst“. Dieser sog. beschränkten Steuerpflicht können Konstellationen unterfallen, in denen weder der Erblasser noch die von ihm bedachte Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, aber Inlandsvermögen übertragen.

Diese Gesetzesänderung ist vor dem Hintergrund einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 23. November 2022 (Az. II R 37/19) zu betrachten. Darin hatte der BFH entschieden, dass ein bloßes Vermächtnis über einen Gegenstand des Inlandsvermögens nicht ausreiche, um die beschränkte Erbschaftssteuerpflicht auszulösen. Anders als beim Erwerb als Erbe führt ein Vermächtnis keinen unmittelbaren Vermögensübergang herbei. Während der Erbe unmittelbar Eigentümer des vererbten Vermögens wird, erlangt der Vermächtnisnehmer lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des vermachten Gegenstands gegen den Erben. Der BFH hatte festgestellt, dass dieser bloße Anspruch, der durch das Vermächtnis gewährt wird, keiner der in § 121 BewG aufgezählten Kategorien zuzuordnen ist und daher nicht der beschränkten Steuerpflicht unterfällt.

Der Gesetzgeber hat diese Steuerlücke nun geschlossen. Die Übertragung von Inlandsvermögen mittels eines Vermächtnisses anstelle durch Erbschaft bewirkt fortan keine Steuererleichterung mehr.

 

2.    Keine Steuerlücke bei Leistungen an KGaA

Der bisherige § 7 ErbStG erhält einen neuen Absatz 9, wonach als Schenkung auch die Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) gilt, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung durch die Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt. Die Vorschrift stellt nun klar, dass als steuerpflichtige Schenkung auch gilt, wenn diese nur mittelbar durch Werterhöhung einer Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters erfolgt.

Das Finanzgericht Hamburg hatte in einer Entscheidung vom 11. Juli 2023 (Az. 3 K 188/21) festgestellt, dass sich bei einer solchen Werterhöhung der Beteiligung eines persönlich haftenden Gesellschafters an einer KGaA nach bisheriger Rechtslage eine Besteuerungslücke auftat, die von § 7 Abs. 8 ErbStG nicht erfasst war.

In dem Verfahren steht noch die Revisionsentscheidung des BFH aus. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich bei § 7 Abs. 9 ErbStG lediglich um eine Klarstellung. Als solche würde sie anders als eine Neuregelung, die erst ab dem Tag nach Verkündung des Gesetzes gilt, auch für schon in der Vergangenheit liegende Sachverhalte Wirkung entfalten. Insoweit bleibt die Entscheidung des BFH abzuwarten. Abhängig davon, wie dieser den neuen Absatz auslegt, würden zumindest entsprechende Vermögensüberträge, die vor Verkündung des Wachstumschancengesetzes erfolgt sind, noch steuerfrei bleiben oder ebenfalls schon der Steuerpflicht unterfallen.

 

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